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Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit

Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit

Titel: Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gilbert Keith Chesterton
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erblickte, wie er es aus der spanischen Karibik nach Hause brachte.«
    »Und aus welchem anderen Grunde«, fragte Father Brown, »wurde er, wie Sie sagen, wieder aufgebaut?«
    »Oh, auch dazu gibt es eine seltsame Geschichte«, sagte der junge Landjunker voller Freude. »Sie sind wirklich in einem Land der seltsamen Geschichten. König Artus war hier mit Merlin, und vor ihm die Feen. Man erzählt sich, daß Sir Peter Pendragon, der (fürchte ich) einige der Fehler der Piraten nebst allen Tugenden des Seemanns besaß, drei spanische Edelleute in ehrenhafter Gefangenschaft mit zurück nach Hause brachte, um sie zum Hofe der Königin Elisabeth zu geleiten. Aber er war ein Mann vom flammenden Temperament eines Tigers, und als es zu einem heftigen Wortwechsel mit einem von ihnen kam, packte er ihn bei der Gurgel und schleuderte ihn zufällig oder absichtlich in die See. Ein zweiter Spanier, der Bruder des ersten, zog daraufhin sofort seinen Degen und griff Pendragon an, und nach einem kurzen aber wilden Kampf, während dem beide drei Wunden in ebenso vielen Minuten empfingen, stieß Pendragon dem anderen seine Klinge durch den Leib, und damit war auch der zweite Spanier erledigt. Nun war das Schiff bereits in die Flußmündung eingeschwenkt und verhältnismäßig flachem Wasser nahe. Da sprang der dritte Spanier über Bord, schwamm aufs Ufer zu und war ihm bald nahe genug, daß er bis zu den Hüften im Wasser stehen konnte. Und da wandte er sich erneut dem Schiff zu und reckte beide Arme zum Himmel empor – wie ein Prophet, der die Pest auf eine gottlose Stadt herabbeschwört – und schrie Pendragon mit durchdringender und schrecklicher Stimme zu, daß wenigstens er noch lebe, daß er weiterleben werde, daß er für immer leben werde; und daß vom Hause der Pendragons Generation um Generation weder ihn noch die Seinen je wiedersehen würde, aber durch höchst sichere Zeichen stets wissen werde, daß er und seine Rache lebendig seien. Damit tauchte er in eine Welle und ertrank entweder, oder schwamm so lange unter Wasser, daß kein Haar seines Hauptes je wieder gesehen ward.«
    »Da ist das Mädchen im Kanu wieder«, sagte Flambeau zusammenhanglos, denn gutaussehende junge Frauen konnten ihn von jedem Thema abbringen. »Ihr scheint der eigenartige Turm ebenso verwirrend vorzukommen wie uns.«
    Und wirklich ließ die schwarzhaarige junge Dame ihr Kanu langsam und schweigend an der sonderbaren Insel vorübertreiben; und blickte den sonderbaren Turm aufmerksam an, wobei auf ihrem ovalen olivfarbenen Antlitz hell die Neugier brannte.
    »Kümmern Sie sich nicht um Mädchen«, sagte Fanshaw ungeduldig; »von denen gibt es viele auf der Welt, aber nicht viele Dinge wie den Turm der Pendragons. Wie Sie sich leicht vorstellen können, entstanden aus dem Fluch des Spaniers viele abergläubische Geschichten und Skandale; und ohne jeden Zweifel wurde, wie Sie sagen würden, jedes Unglück, das dieser kornischen Familie zustieß, von ländlicher Leichtgläubigkeit mit ihm in Verbindung gebracht. Aber vollkommen wahr ist, daß dieser Turm zwei- oder dreimal niederbrannte; und man kann die Familie nicht vom Glück begünstigt nennen, denn meines Wissens sind mehr als zwei der nächsten Anverwandten des Admirals bei Schiffsuntergängen umgekommen; und wenigstens einer, nach meinen eigenen Kenntnissen, an praktisch eben der Stelle, wo Sir Peter den Spanier über Bord geworfen hat.«
    »Wie schade!« rief Flambeau aus. »Sie macht sich davon.«
    »Wann hat Ihnen Ihr Freund der Admiral diese Familiengeschichte erzählt?« fragte Father Brown, als das Mädchen im Kanu davonpaddelte, ohne die geringste Absicht zu zeigen, ihr Interesse vom Turm auf die Jacht auszudehnen, die Fanshaw inzwischen längsseits der Insel hatte anlegen lassen.
    »Vor vielen Jahren«, erwiderte Fanshaw; »er ist seit einiger Zeit nicht mehr zur See gefahren, obwohl er darauf immer noch so scharf ist wie nur je. Ich glaube, es gibt da ein Familienabkommen oder so was. Aber hier ist der Landungssteg; gehen wir an Land und begrüßen wir den alten Knaben.«
    Sie folgten ihm unmittelbar unter dem Turm durch auf die Insel, und Father Brown schien, ob nun durch die einfache Berührung trockenen Landes oder durch etwas Interessantes auf dem anderen Ufer des Flusses (wohin er einige Sekunden lang sehr aufmerksam starrte), auf einmalige Weise an Frische zu gewinnen. Sie kamen in eine Allee zwischen zwei Zäunen aus dünnem gräulichem Holz, wie sie oftmals Parks und Gärten

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