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Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit

Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit

Titel: Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gilbert Keith Chesterton
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paar Minuten anzurufen. Ich darf sagen, daß wir die Sache gemeinsam aufgeklärt haben, gewissermaßen.«
    »Wenn Sie zusammenarbeiten, dürfte das ja wohl in Ordnung sein«, brummte Crake. »Ich weiß, daß er andauernd wie ein Bluthund auf der Fährte dieses krummen Hundes war, und also war es vielleicht richtig, mit ihm gemeinsam zu jagen. Aber wenn Sie die Wahrheit darüber wissen, woher zum Teufel haben Sie sie erfahren?«
    »Von Ihnen«, sagte der Priester ruhig und fuhr fort, den sprühenden Kämpen sanft anzublicken. »Ich will sagen, mich brachte ein Hinweis in einer Geschichte auf die Spur, die Sie von einem Indianer erzählten, der ein Messer warf und einen Mann oben auf einer Festung traf.«
    »Sie haben das schon ein paarmal gesagt«, sagte Wain mit verwirrtem Gesichtsausdruck, »aber ich kann da keinerlei Zusammenhang erkennen, außer daß dieser Mörder einen Pfeil warf und einen Mann auf der Spitze eines Hauses traf, das einer Festung sehr ähnelt. Aber natürlich wurde der Pfeil nicht geworfen, sondern geschossen, und flog viel weiter. Gewiß flog er sogar ungewöhnlich weit; aber ich kann nicht sehen, wie das uns weiterbringen könnte.«
    »Ich fürchte, daß Ihnen die Pointe der Geschichte entgangen ist«, sagte Father Brown. »Es handelt sich nicht darum, daß wenn ein Ding weit, ein anderes weiter fliegen kann. Es handelt sich hier darum, daß die falsche Verwendung eines Gerätes zur zweischneidigen Sache werden kann. Die Männer in Crakes Fort dachten an ein Messer als einen Gegenstand für den Nahkampf und vergaßen, daß es ein Geschoß wie ein Wurfspeer sein kann. Andere Männer, die ich kenne, denken an einen Gegenstand wie ein Geschoß ähnlich dem Wurfspeer und vergessen, daß es auch im Nahkampf wie ein Speer verwendet werden kann. Kurz und gut, die Moral von der Geschicht ist, daß wenn man einen Dolch in einen Pfeil verwandeln kann, man einen Pfeil auch in einen Dolch verwandeln kann.«
    Jetzt sahen ihn alle an; er aber fuhr auf die gleiche beiläufige und unbewußte Weise fort:
    »Natürlich haben wir uns alle gewundert und nach Kräften damit abgeplagt, wer den Pfeil durchs Fenster geschossen hat und ob er von fernher kam und so weiter. Die Wahrheit aber ist, daß niemand den Pfeil abgeschossen hat. Und er kam auch nie durchs Fenster.«
    »Wie ist er denn dann gekommen?« fragte der dunkle Anwalt mit eher mürrischem Gesicht.
    »Ich nehme an, daß ihn jemand mitgebracht hat«, sagte Father Brown; »es wäre nicht schwierig, ihn bei sich zu tragen oder ihn an sich zu verstecken. Jemand hatte ihn in der Hand, als er neben Merton in Mertons eigenem Zimmer stand. Jemand stach ihn wie einen Dolch in Mertons Kehle und hatte dann den höchst intelligenten Einfall, das Ganze so anzuordnen, daß wir alle sofort überzeugt waren, das Ding sei durchs Fenster hereingeflogen wie ein Vogel.«
    »Jemand«, sagte der alte Crake mit einer Stimme so schwer wie Stein.
    Das Telephon klingelte mit schneidendem und entsetzlich nachdrücklichem Ton. Es stand im Nebenzimmer, und Father Brown war bereits dorthin geschossen, ehe sich noch jemand anderer bewegen konnte.
    »Was zum Teufel ist denn jetzt los?« schrie Peter Wain, der vollkommen zerrüttet und verwirrt schien.
    »Er sagte, er erwarte von Wilton, dem Sekretär, angerufen zu werden«, erwiderte sein Onkel mit der gleichen toten Stimme.
    »Ich nehme an, das ist Wilton«, bemerkte der Anwalt und sprach wie einer, der ein Schweigen ausfüllen will. Aber niemand antwortete darauf, bis Father Brown plötzlich und schweigend wieder im Raum erschien und die Antwort brachte.
    »Meine Herren«, sagte er, als er sich wieder hingesetzt hatte, »Sie haben mich gebeten, die Wahrheit in diesem Rätsel zu suchen; und nachdem ich die Wahrheit gefunden habe, muß ich sie erzählen, ohne irgendwelche Versuche, den Schock zu mildern. Ich fürchte, jeder, der seine Nase in solche Dinge steckt, kann es sich nicht leisten, Rücksicht auf Menschen zu nehmen.«
    »Ich nehme an«, sagte Crake und brach das folgende Schweigen, »das bedeutet, daß einige von uns angeklagt oder verdächtigt sind.«
    »Wir alle sind verdächtig«, antwortete Father Brown. »Ich selbst könnte verdächtigt werden, denn ich habe die Leiche gefunden.«
    »Natürlich sind wir alle verdächtig«, schnappte Wain. »Father Brown hat mir freundlicherweise erklärt, wie ich den Turm mit einem Flugapparat hätte belagern können.«
    »Nein«, erwiderte der Priester mit einem Lächeln; »Sie haben mir

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