Einige werden überleben
Mund war auf der einen Seite hochgezogen. Die paar Jahre, die vergangen waren, hatten ihn nicht verändert.
Berendtsen sah ihn kühl an. „Die Armee nach Süden führen. So bald wie möglich. Die Philadelphia-Organisation hat Trenton übernommen. Das weißt du besser als ich. Du hast den ersten Bericht bekommen.“
Bob lächelte dünn. Jim sah ihn an und zuckte zusammen. Er versuchte, im Gesichtsausdruck seiner Mutter etwas Trost zu finden, aber sie saß nur mit unruhigem Gesicht da und hatte die Hände in den Schoß gelegt.
„Es bleiben immer ein paar Welten, die man erobern kann, was? Dann geh eben. Ich bin froh, wenn ich dich los bin.“
Mary sah auf. „Ich weiß nicht, ob das richtig ist, was du machst, Ted. Du weißt genausogut wie ich, was er vorhat. Er hat diesen Mackay zum Bürgermeister wählen lassen. Er hat die Hälfte von den niedrigeren Verwaltungsstellen in der Tasche. Er ist doch nur deshalb so eifrig bemüht, dich aus New York herauszuhalten, weil er dann alles übernehmen kann.“
Ted ignorierte wie Mary Bob vollständig. Jim lächelte über den Ärger seines Bruders.
„Tut mir leid, Mary“, sagte Ted sanft, „aber wir haben eine Republik. Bob ist völlig im Recht, wenn er versucht, seine Gruppe in eine Führungsposition zu bringen. Wenn das Volk entscheidet, daß es ihn will, dann habe ich kein Recht dazu, ihn davon abzuhalten, ganz gleich, welches Prestige mir die Armee gibt.
Außerdem muß ich wieder hinaus. Es wird mir immer klarer, daß soviel wie möglich von dem Land vereinigt werden muß. Die Mittel, die für diese Vereinigung notwendig sind, gefallen mir nicht besonders, aber das Wesentliche – das einzig grundsätzlich Wesentliche – ist die Vereinigung. Dahinter tritt alles andere zurück. Danach muß das Volk entscheiden, wie das vereinigte Land im Innern verwaltet werden soll. Aber zuerst einmal muß die Vereinigung erreicht werden.“
Mary schüttelte in ärgerlicher Enttäuschung ihren Kopf. Jim sah zum erstenmal all jene Gefühle, die sie unter der heiteren Oberfläche verbarg.
„Bist du des Tötens noch nicht müde? Warum versteckst du dich hinter all den Plänen und Zielen für die Zukunft? Kannst du nicht irgendwann einmal an das Heute denken, an all die Menschen, die du jetzt umbringst?“
Ted seufzte und ließ einen nackten Augenblick lang seine Maske ganz und gar fallen, bis selbst Bob Garvin blaß wurde.
„Es tut mir leid, Liebling. Aber ich baue nicht etwas nur für jetzt auf. An einzelne Menschen kann ich nicht denken – wie du ja selbst gesagt hast, bringe ich zu viele von ihnen um.“
Eine Stille senkte sich über sie, die für Stunden anzuhalten schien. Bob hatte immer noch das unsichere, höhnische Grinsen auf dem Gesicht, sagte aber nichts. Jim sah Berendtsen an, der mit seinem Blick aus dem offenen Fenster in die Unendlichkeit sah.
Endlich stand Mary ungeschickt auf. Sie bewegte ihre Hände, als wolle sie nach etwas greifen, das sich direkt vor ihr drehte und wand, vor ihr, aber außer Reichweite.
„Ich … ich weiß nicht“, sagte sie stockend. „So etwas kann man nicht beantworten.“ Sie sah Ted an, der ihr sein Gesicht zudrehte. „Du bist noch derselbe Mann wie der, den ich geheiratet habe“, sagte sie weiter. „Genau derselbe Mann. Ich kann jetzt eigentlich nicht sagen, daß ich meine Meinung geändert habe – daß ich mich jetzt zurückziehe. Du hast recht. Ich war schon immer der Meinung, daß du recht hast. Aber es ist eine Art von Rechthaben, die entsetzlich schwer zu ertragen ist. Ein Mensch sollte … sollte nicht so weit in die Zukunft sehen. Er sollte seine Arbeit nicht für die nächsten hundert Generationen machen, wenn er nur ein Leben, sein eigenes, hat. Das geht über das hinaus, was man von seiner Generation verlangen kann. Sie kann es nicht ertragen.“
„Möchtest du, daß wir uns trennen?“ fragte Ted sanft.
Mary wich seinem Blick aus, biß sich auf die Lippe und sah ihn fest an. „Ich weiß es nicht, Ted.“ Sie schüttelte ihren Kopf. „Ich kenne mich selbst nicht so gut wie du mich kennst.“ Schließlich setzte sie sich unentschlossen hin und sah niemanden an.
„Na“, sagte Bob. „Wie sieht dein nächster Zug aus, Jim?“
Er hatte darauf gewartet, daß jemand dieses Thema anschneiden würde. Er hatte unlogischerweise gehofft, daß ihm niemand diese Frage stellen würde, zur gleichen Zeit aber gewußt, daß es so kommen mußte. Außerdem entdeckte er, daß er immer noch Angst vor seinem jüngeren Bruder
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