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Einige werden überleben

Einige werden überleben

Titel: Einige werden überleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Algis Budrys
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hatte.
    „Was meinst du, Mama?“ fragte er.
    Sie sah ihre beiden Söhne hilflos mit unsicheren Augen an. In ihrem Schoß drehte sie ihre Hände.
    „Ich wollte, ich wüßte es“, sagte sie schließlich. Ihre Stimme zitterte. „Als euer Vater noch lebte“, brach es aus ihr heraus, „da war es immer so einfach, sich zu entscheiden. Er wußte immer, was zu machen war. Ihn konnte ich verstehen.“ Noch einmal sah sie sich hilflos um. „Euch verstehe ich beide nicht.“ Sie begann, leise zu weinen. „Macht, was ihr wollt“, schloß sie hoffnungslos. Sie war zu verwirrt, um mit dem Problem fertig zu werden.
    So mußte er sich schließlich ohne Hilfe von irgend jemandem selbst entscheiden. Er hob seine Schultern, sah Bob mit seinem spöttischen Blick fest an und sagte: „Ich glaube, ich werde Ted folgen.“
    Die Sonne schien mit einem harten, beißenden Glanz, der von tausend Fenstern stechend reflektiert wurde. Jim sah mit zusammengekniffenen Augen die Marschkolonne entlang. Die erhobenen Gewehre mit ihren Reflexionen stachen in sein Auge. Er drehte seinen Kopf und sah zu dem Fenster hoch, von dem aus Mary und seine Mutter herabsahen. Bob befand sich irgendwo in der Menge, die von den Bürgersteigen aus zuschaute.
    In all den Nächten, die er und Ted in Berendtsens alter Wohnung verbracht hatten, von Teds schattenhafter, zurückgezogener Mutter abgesehen, allein und ungestört, hatten sie nie miteinander gesprochen. Als sei einer von ihnen ein Geist, kaum sichtbar und nie in Reichweite.
    War ich dieser Geist oder war es Ted, dachte er nun. Oder waren sie beide Geister gewesen, jeder im geheimen Gefängnis des Körpers eingeschlossen, jeder vom anderen heimgesucht, keiner in der Lage dazu, etwas zu teilen?
    Eine Pfeife schrillte, die LKW-Motoren erhoben ihr Husten im Leerlauf zu einem Dröhnen, das hier zwischen den hohen Backsteingebäuden unglaublich laut wirkte.
    „Alles klar. Vorwärts marsch!“ rief Jim seinen Männern zu. Das erste Krachen der Schritte erhob sich aus den Marschkolonnen.
    Die Armee war auf dem Weg nach Süden.

 
DRITTES BUCH

 
Prolog
     
    Custis hatte ungefähr eine halbe Stunde geschlafen, als ihn jemand an der Schulter berührte. Er dreht sich mit einer flüssigen Bewegung um und ergriff das Handgelenk. Mit der nächsten Bewegung stand er auf den Füßen und hatte dem Mädchen die Hand auf den Rücken gedreht. „Was gibt’s Süße?“ sagte er ruhig und drehte ihr den Arm gerade soweit herum, daß sie ihm den Kopf zudrehen konnte.
    Das Mädchen war um die achtzehn oder zwanzig. Sie hatte ein blasses, knochiges Gesicht, und ihre Haare waren in Schulterhöhe grob abgeschnitten. Sie war dünn und reichte ihm gerade bis zur Schulter. Sie trug ein Männer-Armeehemd, das lose um ihren Oberkörper herumhing, und einen Rock, der aus ein paar Männerhosen gemacht war, die sie am Knie abgeschnitten und an den Nähten aufgetrennt hatte. Den überflüssigen Stoff hatte sie benutzt, um sich einen Keil einzunähen. Das Ganze war recht schlampig genäht und reichte bis kurz über ihre schmutzigen Waden.
    „Ich hab’ dir was zu Essen gebracht, Soldat“, sagte sie.
    „In Ordnung.“ Er ließ ihr Handgelenk los, und sie drehte sich ganz herum, um einen Topf Eintopf vor ihm hinzustellen. Ein hölzerner Löffel ragte daraus hervor. Custis setzte sich hin, verschränkte seine Beine und fing an zu essen.
    Das Mädchen setzte sich neben ihn. „Langsam“, sagte sie. „Davon gehört mir die Hälfte.“
    Custis brummte. „Hat dich der Kommandant mit dem hierhergeschickt?“ fragte er und gab ihr den Löffel.
    Sie schüttelte den Kopf. „Der ist beschäftigt. Um die Tageszeit ist er immer beschäftigt. Da arbeitet er an seiner Flasche.“ Sie aß, ohne aufzusehen, mit ebenso großem Hunger wie Custis, und zwischen den Bissen redete sie.
    Custis sah zu der Wache hinüber. Der Mann hatte sich neben sein leeres Eßgeschirr hingekauert und sah mit finsteren Blicken zu Custis und dem Mädchen hinüber.
    „Ist das dein Freund?“ fragte Custis sie.
    Sie sah kurz auf. „Könnte man sagen. Von uns gibt es sechs oder sieben. Wir gehören in keine Hütte. Hier gibt es ungefähr fünfzig Männer ohne Familien.“
    Custis zuckte die Achseln. Er sah noch einmal zu der Wache hinüber, nickte und nahm dem Mädchen den Löffel wieder ab. „Der Kommandant hier – wie heißt der?“
    „Eichler, Eisler oder so ähnlich. So nennt er sich jedenfalls. Ich war bei der letzten Gruppe, die er hier oben vor ein paar

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