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Einige werden überleben

Einige werden überleben

Titel: Einige werden überleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Algis Budrys
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miserable Richtung, in der Sie da denken.“
    „Wirklich? Sie sind hier hochgefahren wie jemand, der heimkehrt. Was weiß ich denn schon von Ihnen? Ein ungebundener Panzerkommandant, der aus dem gleichen Teil der Ebene kommt wie die Banditen. Ich weiß, daß Sie schon mehrmals für Chicago gearbeitet haben, aber was heißt das schon?“ Custis konnte förmlich riechen, wie der Offizier sich mit Hysterie vollsog. „Sie haben uns verkauft, Custis! Ich kann einfach nicht verstehen, wie Chicago Ihnen jemals vertrauen konnte!“
    „Hat man aber wohl, sonst hätte man mir den Auftrag nicht gegeben.“
    Henley kaute auf seiner Unterlippe. „Ich weiß nicht so recht.“ Er machte eine Pause und murmelte etwas in sich hinein. „Es gibt Leute, die meine Stellung wollen. Die haben vielleicht das Ganze hier eingefädelt, um mich loszuwerden.“
    „Sie haben sie ja nicht alle, Henley.“
    Custis dachte, daß Henley ihm noch vor ein paar Jahren leid getan hätte. Er hatte jedoch in der Zwischenzeit eine ganze Menge Leute durchdrehen sehen, die gedacht hatten, sie würden umgebracht werden. Auf diese Art waren mehr umgekommen als nötig war. Viele hätten überlebt, wenn sie ihre Gedanken klar gehalten hätten. Das schien angeboren zu sein. Custis hatte nie so reagiert, und er fragte sich, ob mit ihm vielleicht etwas nicht stimmte. Wie auch immer, Custis hatte herausgefunden, daß es keinen Sinn hatte, so oder so darüber zu denken. Es war einfach etwas, das manche Leute taten, und wenn man es merkte, stellte man sich darauf ein.
    Plötzlich sagte Henley: „Custis – wenn wir hier herauskommen, dann fahr mich nicht zurück nach Chicago.“ Er duzte ihn.
    „Was?“
    „Nein, jetzt hör mal zu – wenn wir ohne Berendtsen zurückkommen, dann bringen sie uns um. Vielleicht auch, wenn wir mit ihm zurückkommen. Wir gehen einfach woanders hin. Wir können uns doch vom Land ernähren, Bauernhöfe überfallen. Nimm mich in deine Mannschaft auf. Ist mir egal – ich lerne MG-Schießen, oder was du willst. Aber nach Chicago können wir nicht zurückkehren.“
    „Dich würde ich nicht in meiner Mannschaft haben wollen – selbst wenn ich ganz allein fahren und alle MGs selbst bedienen müßte.“
    „Ist das deine endgültige Entscheidung?“ Henleys Lippen zitterten.
    „Da kannst du Gift drauf nehmen!“
    „Du meinst wohl, du hast auf alles eine Antwort!“
    Custis knurrte: „Nimm dich zusammen.“
    Und Henley schaffte es tatsächlich. Er wartete einen Augenblick, aber dann hörte er auf, rastlos herumzulaufen, und fuhr sich mit der Hand über den Kopf, um sein verschwitztes Haar zu glätten. „Ich komme hier schon raus. Paß nur auf – ich komme hier raus, und dann lasse ich dich erschießen.“
    Custis schüttelte seinen Kopf und sagte langsam: „Hör mal zu, ich will hier genauso herauskommen wie du. Ich denke, ich schaffe es vielleicht auch. Wenn ich es schaffe, dann versuche ich, dich mitzunehmen, weil ich dich hier reingebracht habe. Wenn du aber den Streß nicht aushältst, dann hättest du gar nicht erst herkommen sollen.“
    „Deine Reden kannst du dir sparen, Custis. Von jetzt an passe ich selbst auf mich auf. Erwarte ja keine Hilfe von mir.“
    „Hallo, ihr zwei“, sagte der Gewehrträger an der Tür, „der Kommandant will mit euch sprechen.“
     
    Hinter den Bergen ging die Sonne unter. Weiter oben auf der Westseite der Berge war noch helles Tageslicht, aber das Tal füllte sich mit Schatten. Custis folgte Henley an der Hüttenreihe entlang. Er fühlte sich in dem bedrückenden Halbdunkel am Fuß der Klippen leicht nervös und fragte sich, wie das alles enden würde.
    Er beobachtete Henley. Der Offizier ging mit kurzen, abgehackten Schritten, und Custis konnte erkennen, daß er seine ganze Selbstkontrolle einsetzte. Sein Gesicht verlor den verzweifelten Ausdruck und nahm wieder eine zuversichtliche Miene an. Nur wenn man wußte, wohin man zu sehen hatte, konnte man noch die Panik in ihm erkennen, die ihn wie Kraftstoff antrieb.
    Sie kamen zu der Hütte des Kommandanten.
    „Kommen Sie rein“, sagte der Kommandant von seinem Tisch aus, und Custis war sich unschlüssig, ob er von seinem Hausgemachten betrunken war oder nicht. Die Hütte war innen so dunkel, daß er von dem alten Mann nur einen Schatten ohne Gesicht erkennen konnte. Es hätte fast jeder Beliebige sein können, der dort saß.
    Custis spürte, wie sein Bauch sich verkrampfte. Henley hielt vor dem Tisch an, und Custis stellte sich neben

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