Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Einige werden überleben

Einige werden überleben

Titel: Einige werden überleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Algis Budrys
Vom Netzwerk:
mein Onkel die Gruppe angeführt hat, die ihre Familie ausgelöscht hat.“
    Holland lächelte rätselhaft. „Komisch, wie sich die Sachen in der Erinnerung der Leute verändern“, murmelte er in sich hinein, redete aber dann lauter weiter. „So wie ich es gehört habe, kam ihre Familie aus Pennsylvanien. Was hatten die denn hier zu tun, warum besetzten sie Land in Jersey?“ Er lehnte sich nach vorn. „Hör mal zu, mein Junge, das Land hat niemandem gehört. Sie hätten es ja auch behalten können, wenn sie nicht zuviel Angst gehabt hätten, um uns zu glauben, als wir ihnen sagten, das einzige, was wir von ihnen wollten, sei, daß sie sich der Republik anschlössen. Auf jeden Fall hat deine Mutter dies alles nicht davon abgehalten, Bob zu heiraten.“
    Cottrell holte tief Luft. „Sir, mein Vater hat nie unter Berendtsen gekämpft. Seine Integrität hat es ihm nicht erlaubt, von anderen Leuten Befehle anzunehmen oder für sie ihre Schlächterarbeit zu erledigen.“
    „Aha“, sagte Mr. Holland. „Dein Vater hat gelernt, verdammt gut mit dem Gewehr umzugehen. Das mußte er wohl auch“, fügte er mit leiserer Stimme dazu. „Und ich nehme an, das mußte er in seinem Kopf irgendwie zurechtbiegen.
    Dein Vater hat das Hausverteidigungssystem hier aufgebaut“, sagte er mit deutlicherer Stimme. „Da hat er sich wohl überlegt, daß ein gepanzerter Bunker seinen Besitz genauso schützen könnte, wie sein Gewehr ihn persönlich beschützt hat.
    Das war auch keine schlechte Idee. Berendtsen hat das Land hier zwar vereinigt, aber so ganz gesäubert hat er es nicht. Soviel Zeit haben sie ihm nicht gegeben.“
    Holland hörte auf zu reden, leerte seinen Becher, setzte ihn ab und wischte sich über den Mund. „Aber meinst du nicht, mein Junge, daß diese Zeit so langsam vorbei ist? Meinst du nicht, es sei an der Zeit, daß wir aus unseren Igelhäusern herauskämen – und aus dieser Igel-Integritäts-Sache?“
    Mr. Holland legte seine Hände flach auf den Tisch und sah Cottrell fest in die Augen. „Meinst du nicht, daß es an der Zeit sei, daß wir die Vereinigung zu ihrem Ende bringen und eine Gemeinschaft herstellen sollten, in der ein Junge am hellichten Tag zum Haus seines Nachbarn rübergehen, an seine Tür klopfen und guten Tag zu einem Mädchen sagen kann, wenn er das will?“
    Beim Zuhören hatten sich Cottrells Gefühle so sehr verwirrt, daß er keine von ihnen mehr greifen und einordnen konnte. Aber jetzt erreichten ihn Hollands letzte Worte, und er dachte wieder dran, was gestern nacht passiert war. Der Gedanke daran war wieder aufgedeckt und sein Ekel vor sich selbst mit ihm.
    „Es tut mir leid, Sir“, sagte er steif. „Ich fürchte jedoch, über dieses Thema gehen unsere Ansichten auseinander. Das Haus eines Mannes ist seine Verteidigung, und seine und die Integrität seiner Familie ist es, die dieses Haus und seine Verteidigung stark und unverletzlich erhalten. Vielleicht sind andere Teile der Republik nicht auf dieses Prinzip gegründet, wie ich in letzter Zeit gehört habe, aber das Gesetz, nach dem wir hier leben, wurde für die Erfüllung dieser unabdingbaren Bestandteile der Freiheit entwickelt. Wenn wir dies alles aufgeben, dann kehren wir zu den Dreckigen Jahren zurück.
    Und ich fürchte“, schloß er mit der Erinnerung an die Empörung, die er in der vergangenen Nacht gefühlt hatte, „daß ich trotz Ihrer zweifelhaften Bemühungen entweder Ihre Tochter in Ehren heiraten werde oder überhaupt nicht.“
    Holland schüttelte seinen Kopf und lächelte in sich hinein, und Cottrell wurde es klar, wie dumm sein letzter Satz geklungen hatte. Trotzdem – auch wenn er sich gegen seine Impulse nicht wehren konnte, so kannte er doch den Unterschied zwischen richtig und falsch.
    Holland stand auf. „Na gut, mein Junge. Dann bleib du eben bei deinem System. Nur – besonders gut scheint es ja für dich nicht zu funktionieren, oder?“
    Und wieder drehte sich Mr. Holland herum und ging weg. Er ließ Cottrell zurück, der nichts sagen oder tun konnte, keine Grundlage für irgendeine Art von Sicherheit hatte. Es war so, als hätte Cottrell mit einem unbestimmten Alptraum zu kämpfen; eine dunkle und entsetzliche Silhouette, die ihm keine Angriffsfläche bot, die aber Fangarme und andere Auswüchse nach ihm ausstreckte, bis er ganz und gar verstrickt darin war – nur um dann wieder zu verblassen und ihn mit seinen Armen ein Nichts umklammern zu lassen.
    Es war schlimmer, als es irgendeine Wut oder eine

Weitere Kostenlose Bücher