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Einmal auf der Welt. Und dann so

Einmal auf der Welt. Und dann so

Titel: Einmal auf der Welt. Und dann so Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnold Stadler
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Ein-Zimmer-Wohnung folgenden Brief: »Sie haben in einem Preisausschreiben eine Reise nach Rom gewonnen«.
    Che bello! - Noch einmal kam mir Rom zu Hilfe.
     
    Bello hieß ich in Italien. Eine Hausfrau, die in der Nähe des Hauptbahnhofs auf und ab ging, nannte mich damals so. Die Einkaufstasche in der linken Hand. In der rechten eine Zigarette. Ich auf einem Auge blind. Sie fragte mich auf Italienisch, wohin ich unterwegs sei. Bello, sagte sie, ich verstand. So hieß auch mein Hund.
    Mein Bello war schöner. Ich trug ihn auf den Armen. Er kotzte mir auf den Kopf. Ich ekelte mich nicht. Ich war seine Mutter.
    Die Post war vom Tina Versand. (Das war alles vor der E-Mail-Zeit. ) Ich hatte, was ich schon wieder vergessen hatte, vor etlichen Wochen tatsächlich auch noch an einem Preisausschreiben teilgenommen, nur so, als wäre es so nicht genug. »Herzlichen Glückwunsch! - Sie haben den ersten Preis gewonnen, eine Reise nach Rom.«
    (Wie jeder, der am Preisausschreiben teilgenommen hatte.)
    Wie sich herausstellte, musste die Reise selbst bezahlt werden. Die meisten Gewinner, die sich am Flughafen Kloten eingefunden hatten, weigerten sich. Aber da ich nun schon einmal auf dem Weg nach Rom war, bezahlte ich den günstigen Teilnehmerpreis und bestellte auch noch die aufheizbare Bettdecke ...
    Das Flugzeug war eine ganz liederliche Boeing 707 der Air Cosima, die auf dem Rückflug auch abstürzte. Und obwohl alle, auch der Kapitän, auf dem Hinflug schon Todesangst ausgestanden hatten, war ich doch der Einzige, der auf einen Rückflug mit dieser Maschine verzichtete und so noch einmal davonkam. Meine Todesangst hatte mir wieder einmal das Leben gerettet. Die anderen aber sind irgendwo ins Meer gestürzt, man weiß nicht einmal, ob in die Adria oder ins Tyrrhenische Meer, denn einen Flugschreiber hatte diese Maschine nicht, auch keinen Funk, nehme ich an. So weit, so gut. -
     
    In Rom löste ich mich sofort von der Gruppe und spielte kurz mit dem Gedanken, bei Franz Sales zu klingeln, einem Gedanken, den ich sogleich verwarf. Das Hotel der Hauptgewinner existierte gar nicht, wenigstens nicht mehr zum Zeitpunkt der Reise. So ging ich in eine Pension bei der Stazione Termini. Dann trieb ich mich in Rom, der Ewigen, meiner Stadt herum, alles vermeidend, was mich hätte mit meinem Leben von einst in Verbindung bringen können.
    Nach einigen Tagen konnte ich im Messaggero lesen, dass eine von der Air Cosima gecharterte Maschine auf dem Weg nach Kloten verschwunden sei. Man wisse aber nicht, wo ... Was für ein schöner Zufall!, kam es mir. Denn ich wusste schon, dass in Rom keine Passagierlisten erstellt werden.
    Und ich spielte wieder einmal mit dem Gedanken, mich zu den Toten zu zählen, mich für tot erklären zu lassen. Aber das musste ich gar nicht. Ich konnte getrost davon ausgehen, dass ich zu den Toten gezählt würde; und so war es auch.
    Denn als ich (in einer Art Tarnanzug) in meine Stadt zwischen Fluss und Gebirge zurückkehrte, konnte ich schon einen kleinen, wirklich schäbigen Nachruf, der aus nicht viel mehr als der Erwähnung meines Namens bestand, lesen (dachte ich). Dass ich unter den Toten war, zu ihnen gezählt wurde. Ich musste mir also um mein Weiterleben vor Ort keine Gedanken mehr machen und konnte auch Angelika, die Banken und alles getrost vergessen.
    Herr Bantle hatte den Hinterbliebenen noch ein Standard-Beileidsschreiben (schäbig) zukommen lassen, an meine Anschrift, ich öffnete es. Kein einziges Wort war von ihm.
    Herr Bantle, den es immer noch gab, der mich wie die Raiffeisenbank überleben würde, ich wusste es immer, konnte auch nichts dafür, dass ich ihn nicht leiden konnte.
     
    Mit derselben Post kam der endgültige Zwangsversteigerungstermin.
    Nun ging es wirklich dem Ende zu.
     
Zurück ins Himmelreich!
     
    Der Objektbeschreibung im Südkurier konnte ich entnehmen, was es alles zu kaufen gab: ein altes, sanierungsbedürftiges Anwesen, aber auf großem Grundstück, abgelegen und doch verkehrsgünstig etc.
     
    Ich hatte es lange vermieden, im Himmelreich vorbeizuschauen. Da war keiner mehr von uns.
    Ja, es stand schon bald nach dem Tod der Kreuzlinger Tante wieder so schlecht wie eh und je um das Haus mit dem Schmerz als Grundriss. Und die anderen wussten es aus der Zeitung.
    Es war alles längst wieder vermessen worden.
    Der Termin für die Zwangsversteigerung von allem stand wieder einmal fest, doch jetzt endgültig. Es war kein Tod in Aussicht, der uns gerettet, ja erlöst

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