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Einmal durch die Hölle und zurück

Einmal durch die Hölle und zurück

Titel: Einmal durch die Hölle und zurück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josh Bazell
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frage ich. Mir ist lieber, dass Albin Verdacht schöpft und sich näher mit mir beschäftigt, als dass er mich wieder zu Tode langweilt.
    »Ich war nicht mit der Sache betraut.«
    »Sie sind nicht für Ford zuständig?«
    »Meistens schon. Ford gehört nicht zum Lake County, nimmt aber unsere Dienste in Anspruch – wir stellen Rechnungen aus, sie bezahlen nicht, wir fahren dort trotzdem Streife. Erspart uns auf lange Sicht Ärger. Aber draußen in den Boundary Waters ist normalerweise die Parkverwaltung zuständig, und sämtliche Morde außer denen in den Twin Cities werden von der Kriminalpolizei Minnesota in Bemidji bearbeitet.«
    »Dann haben Sie den Anruf gar nicht entgegengenommen.«
    Soweit ich sehe, gibt es keinen Grund, warum er darauf antworten sollte.
    »Doch, ich war am Telefon.«
    »Und Sie haben auch mit den beiden anderen Jugendlichen gesprochen, die dort waren?«
    »Mehrmals. Übrigens sind beide Familien inzwischen weggezogen. Sie brauchen also nicht nach ihnen zu suchen.«
    »In Ordnung. Haben Sie die Leichen gesehen?«
    Violet sieht mich durchdringend an. Albin wird immer noch nicht wütend.
    »Ja, hab ich.«
    Allmählich begreife ich, was hier vor sich geht.
    Albin muss wirklich glauben, dass Violet und ich mit neunzigprozentiger Wahrscheinlichkeit Hochstapler, Dummschwätzer oder beides sind. Aber es kommt nicht jeden Tag vor, dass zwei Leute, die behaupten, eine Paläontologin und ein Arzt zu sein, in sein Büro kommen und Interesse an einem Fall bekunden, der etwas mit einem menschenfressenden Seeungeheuer zu tun haben soll. Und der zwei Jahre später immer noch nicht gelöst ist.
    »Was ist Ihrer Ansicht nach passiert?«, frage ich zum gefühlt fünften Mal.
    »Im Bericht der Kriminalpolizei steht, es war ein Motorbootunfall.«
    »Ich dachte, Motorboote wären in den Boundary Waters verboten.«
    »Das stimmt, aber das heißt ja nicht, dass sich die Leute daran halten. Viele der am Rand des Parks gelegenen Seen sind halb drin und halb draußen, und auf der Hälfte, die außerhalb liegt, sind Motorboote erlaubt, also ist da alles ziemlich durchlässig. Vor ein paar Wochen, als es noch wärmer war, sind die Leute auf dem Ford Lake Wasserski gefahren. Was auf dem Drittel des Sees, das der Zivilisation am nächsten liegt, nicht verboten ist.«
    Ich versuche mir vorzustellen, wie jemand aus Ford Wasserski fährt. Anfang der neunziger Jahre habe ich das selbst mal getan, zusammen mit David Locano und seinem Sohn. Wir drei – keiner von uns ein wertvoller Mensch – mit unserem eigenen Powerboot und einer Fläche ursprünglichen, vorher noch trinkbaren Wassers, und alles bloß wegen einer blöden Raserei, die jedes Mal drei Minuten dauerte. Wenn man sich dabei nicht wie ein Pharao fühlt, wann dann?
    »Aber wie soll jemand mit einem Motorboot bis zum White Lake kommen, nach allem, was Sie uns über Portagen erzählt haben?«, fragt Violet.
    »Es gibt in den Boundary Waters Portagen für Motorboote. Das ist seit Jahrzehnten nicht mehr legal, aber da draußen gibt’s noch jede Menge davon. Meistens ausgebaggert. Manchmal mit Schienen. Die Leute von der Parkverwaltung reißen die Schienen raus, wenn sie sie entdecken, aber das ist ein großes Gebiet, hauptsächlich aus der Luft überwacht.«
    »Wurde am White Lake ein Motorboot gefunden?«, fragt sie.
    »Nein. Die beiden Jugendlichen, die in der Nähe waren, als Autumn und Benjy ums Leben kamen, haben gesagt, sie wären zu viert in zwei Kanus rausgefahren, und mit einem davon sind die Überlebenden nach Ford zurückgekehrt. Aber das ließ sich nicht beweisen. Ich hab zwar ein Kanu von CFS vorgefunden, aber wenn die vier ein gestohlenes oder geliehenes Motorboot benutzt haben, hatten sie vielleicht ein Kanu im Schlepptau, um dort ein bisschen rumzupaddeln.«
    »Die CFS
Lodge
?«, frage ich.
    »Outfitters & Lodge, ja«, sagt Albin.
    »Im Besitz von Reggie Trager?«
    »Ja, aber damals gehörte das Ganze noch Autumns Vater. Reggie hat es nach seinem Tod geerbt.«
    »Moment mal«, sage ich. » CFS hat Chris Semmel junior gehört?«
    Albin blinzelt, als würde er überlegen, ob er mir das sagen soll.
    »Stimmt«, sagt er.
    »Und nach dem Tod von Autumn und Chris junior, in einem Abstand von nur fünf Tagen, hat Reggie Trager alles geerbt?«
    »Genau. Die Frau von Chris junior hätte beides behalten können, aber sie stammt nicht von hier und wollte aus naheliegenden Gründen nicht bleiben. Als Chris senior es damals Chris junior hinterließ, verfügte

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