Einmal durch die Hölle und zurück
Highway-Kreisverkehr und halten hintereinander an der Ampel zur Rogers Avenue. Dylan sieht sie zwar, beachtet sie aber nicht weiter, bis die Ampel umspringt und sie stehenbleiben.
Da tritt er aus dem Schatten der Unterführung und steigt die Böschung hinauf, damit er sie besser sehen kann.
Der Fahrer des ersten Geländewagens steigt aus. Ganz in Schwarz, kahlgeschoren, Tattoos. Eine kleinere Ausgabe von Dr. Neanderthal. Der Typ wartet darauf, dass der Fahrer des zweiten Wagens die Scheibe runterdreht, und lässt sich dann eine Karte von ihm geben. Kehrt zu seiner Karre zurück und biegt auf die Rogers Avenue.
Was die auch vorhaben, Dylan weiß, dass es für Debbie nichts Gutes bedeutet. Sprich, er muss sich ganz schnell überlegen, was er macht.
»Was willst du, Schleimer?«, sagt der Klotz, der abnimmt.
Dylan steht in einem Münztelefon vor dem Pizza Grinder, dem alten Backsteinrestaurant an der Highwayausfahrt. Da war er als Kind ein paarmal drin.
»Brian, ich muss Debbie sprechen. Und zwar sofort.«
»Was ist denn so dringend?«
»Dass sie dich umbringen lässt, wenn du mich nicht gleich durchstellst und sie erfährt, weshalb ich anrufe.«
»Ja, klar …«
Aber Brian besinnt sich, und fünf Sekunden später ist Debbie dran.
»Dylan«, sagt sie. Sanft, als ob sie will, dass er zurückkommt. Ob zum Sterben oder um nach Winnipeg geschickt zu werden, weiß man nicht.
»Debbie, ich habe ein paar Typen in Geländewagen gesehen, die auf dem Weg zu dir sind.«
»Wann?«
»Jetzt gerade. Sie kamen vom Highway.«
» FBI ?«
»Weiß ich nicht. Einer hatte Tattoos am Hals.«
»Die Sinaloa-Leute.«
»Nehm ich an.«
»Danke, Dylan. Bitte komm wieder her.«
»Mach ich.«
Als Dylan auflegt, hört er Debbie nach hinten rufen:
»Aufwachen! Die Sinaloa-Leute kommen!«
Er nimmt sein Rad von der Wand. Fragt sich, warum er ihr gerade bestätigt hat, es handele sich um die Sinaloa-Leute.
Sie sahen nicht aus wie die Typen aus Sinaloa, die Dylan ins Restaurant hat kommen sehen. Die waren viel kleiner gewesen und kamen ihm immer vor, als hätten sie viel zu lange nicht geschlafen.
Warum hat er also gesagt, sie wären’s?
»Augen geradeaus, Ambivalenski!«, ermahnt ihn der Feldwebel.
Als er auf der Rogers Avenue zu Debbie fährt, sieht Dylan die beiden Wagen nebeneinander auf dem Parkplatz stehen. Dann sieht er, dass sich auf einem der Panoramafenster des Restaurants wie durch Zauberei ein Netz von Rissen bildet. Als das Glas sich wölbt und rausfällt, hört er plötzlich die Schießerei.
Er schrägt über den Asphalt und wirft sich in den betonierten Abflussgraben auf der anderen Straßenseite.
Nach einer Weile lässt die Schießerei nach. Für Dylan hört es sich an, wie wenn man Popcorn in der Mikrowelle macht: Pengpengpengpengpeng, dann nur noch Pengpengpeng.
Immer längere Pausen dazwischen.
Als es eine ganze Minute still bleibt, rennt Dylan geduckt über die Straße. Guckt über den Fenstersims.
Ein Blutbad. Tote in zwei Nischen, auf den Boden gekippt. Keine Jungs, lebend oder tot, soweit Dylan sieht.
»Hallo?«, ruft er durchs Fenster.
Drinnen erstickt er fast an dem scharfen Gestank von Gipsstaub, Pulverrauch und frischem Blut. Als er seine Atmung unter Kontrolle hat, zählt er acht Leichen. Gerade hatte er noch doppelt so viele geschätzt. Das Gemetzel muss seinem Verstand einen Streich gespielt haben.
Aus der Nähe, mit runterhängenden Sonnenbrillen, sehen die Typen noch härter aus. Einige halten Knarren in den Händen. Dylan reißt dem, der am weitesten von den Tischen entfernt liegt, den schwarzen Anorak auf: MP 5 an einem Nylongurt. Neben dem Mann liegt eine Speisekarte.
Das
gibt’s
doch nicht! Wer kommt denn in finsterer Absicht in so einen Laden – sei’s um ihn auszurauben, Debbie umzubringen oder sie auch nur einzuschüchtern – und bestellt erst was zu essen? Da muss man doch mindestens damit rechnen, dass man in die Vorspeise gespuckt bekommt.
Dylan knobelt aus, wie man die MP aus dem Gurt bekommt, und geht damit vorsichtig zur Küchentür. Darunter kommt Blut herausgelaufen. Im Aluminium sind Einschusslöcher.
»Was hast du vor, Dummbackski?«, fragt ihn der Sergant.
»Entsichern«, murmelt Dylan.
»Das hab ich nicht ge–«
»Hallo?«, sagt Dylan laut.
Er stößt mit der Hüfte die Tür auf, die MP 5 im Anschlag.
Ein halbes Dutzend Jungs sind am Boden um Debbie herum. Die meisten leben, stützen Debbie ab. Debbie selbst ist bewusstlos oder tot, auf der einen
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