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Einmal ist keinmal

Einmal ist keinmal

Titel: Einmal ist keinmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janet Evanovich
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Braten auf den Teller. Er hatte dreißig Jahre bei der Post gearbeitet und war dann in Frührente gegangen. Nun fuhr er stundenweise Taxi.
    »Gestern habe ich deinen Vetter Vinnie getroffen«, sagte er. »Er sucht eine Aushilfe fürs Büro. Ruf ihn doch mal an.«
    Genau der Schritt auf der Karriereleiter, der mir vorgeschwebt hatte: für Vinnie Bürokram erledigen. Von all meinen Verwandten konnte ich Vinnie am allerwenigsten leiden. Er war ein Wurm, ein Perverser, ein Scheißkerl. »Was zahlt er denn?« fragte ich.
    Mein Vater zuckte mit den Schultern. »Den Mindestlohn, nehme ich an.«
    Wunderbar. Die ideale Stelle für jemanden, der sowieso vom Schicksal schwer geschlagen war. Mieser Boß, mieser Job, miese Bezahlung. Ich würde mich nach Herzenslust in meinem Unglück suhlen können.
    »Und was das beste ist«, sagte meine Mutter, »es wäre nicht weit von hier. Du könntest jeden Mittag zum Essen kommen.«
    Ich nickte stumm. Lieber hätte ich mir eine Nadel ins Auge gestochen.
    *
    Die Sonne fiel schrägt durch den Spalt zwischen den Schlafzimmervorhängen herein, die Klimaanlage im Wohnzimmer kündigte mit ominösem Brummen einen neuen Hitzetag an, die Digitalanzeige meines Radioweckers blinkte elektrisch blau und ließ mich wissen, daß es neun Uhr war. Der Tag hatte ohne mich angefangen.
    Ich wälzte mich ächzend aus dem Bett und schlurfte ins Bad. Danach schlurfte ich in die Küche, stellte mich vor den Kühlschrank und betete, daß mir die gute Kühlschrankfee über Nacht einen Besuch abgestattet hatte. Ich machte die Tür auf, starrte auf die leeren Fächer und mußte leider feststellen, daß sich aus den Flecken hinter der Butterklappe und den verschrumpelten Resten in der Gemüsetruhe kein neues Essen geklont hatte. Ein halbes Glas Mayo, eine Flasche Bier, ein Kopf Eisbergsalat, eingehüllt in Plastikfolie und braunen Schleim, und eine Dose Hamsterkörner standen zwischen mir und dem Hungertod. Ich fragte mich, ob neun Uhr noch zu früh für ein Bier war. In Moskau war es schließlich vier Uhr nachmittags. Der Grund mußte reichen.
    Nachdem ich ein paar Schluck getrunken hatte, trat ich grimmig entschlossen ans Wohnzimmerfenster. Ich zog den Vorhang auf und starrte auf den Parkplatz hinunter. Mein Miata war verschwunden. Lenny hatte früh zugeschlagen. Eine Überraschung war es nicht, trotzdem hatte ich einen Kloß im Hals. Jetzt war es offiziell: Ich war eine Asoziale.
    Diese Tatsache wäre an sich schon deprimierend genug gewesen, aber ich hatte gestern abend auch noch nachgegeben und meiner Mutter beim Nachtisch versprochen, Vinnie aufzusuchen.
    Ich schleppte mich unter die Dusche. Erst eine halbe Stunde später, nachdem ich mich richtig schön ausgeweint hatte, kam ich wieder heraus. Ich zog mir ein Kostüm an und war bereit, meine töchterliche Pflicht zu erfüllen.
    Mein Hamster Rex, dessen Käfig in der Küche auf der Arbeitsplatte stand, schlief noch in seiner Suppendose. Ich schüttete Futter in seinen Napf und gab ein paar schmatzende Kußgeräusche von mir. Rex machte die schwarzen Augen auf und blinzelte. Er zuckte mit den Schnurrhaaren, schnupperte mißtrauisch an den Körnern und weigerte sich, sie zu fressen. Ich konnte es ihm nicht verdenken. Ich hatte sie gestern selbst zum Frühstück probiert und war nicht sonderlich beeindruckt gewesen.
    Ich verließ das Haus und ging die St. James hinunter, drei Straßen weiter bis zum nächsten Gebrauchtwagenhändler. Ein Nova stand vor dem Laden, der für fünfhundert Dollar zu haben war. Er war dermaßen verrostet, zerschrammt und verbeult, daß er kaum als Auto, geschweige denn als Chevy zu erkennen war, aber der Händler war bereit, meinen Fernseher und den Videorecorder dafür in Zahlung zu nehmen. Als ich noch meine Küchenmaschine und die Mikrowelle drauflegte, bezahlte er auch die Zulassungsgebühren und die Steuern für mich.
    Ich fuhr sofort zu Vinnie. An der Ecke Hamilton und Olden hielt ich an, zog den Zündschlüssel heraus und wartete, bis der Nova seine letzten Zuckungen von sich gegeben hatte. Ich sandte ein Stoßgebet zum Himmel, daß mich bloß niemand entdeckte, der mich kannte, stemmte die Tür auf und stieg aus. Bis zum Eingang des Kautionsbüros waren es nur ein paar Schritte. Auf dem blau-weißen Schild über der Tür konnte man lesen: »Vincent Plum, Bail Bonding Company.« In kleineren Buchstaben stand darunter, daß man einen landesweiten Vierundzwanzigstundenservice anbot. Günstig gelegen zwischen einer chemischen

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