Einmal ist keinmal
Reinigung und einem italienischen Feinkostgeschäft, wurde Vincent Plums Kautionsbüro hauptsächlich für Stammkunden tätig, die sich kleinerer Vergehen schuldig gemacht hatten. Meistens ging es um Familienstreitigkeiten, Erregung öffentlichen Ärgernisses, mutwillige Sachbeschädigung, Auto- und Ladendiebstahl. Das Büro war klein und nicht zu fein. Es bestand aus zwei Räumen mit billigen Walnußpaneelen an den Wänden und war mit einem strapazierfähigen, rostbraunen Teppichboden ausgelegt. Eine Kiefernholzcouch mit braunen Kunstlederpolstern stand an der einen Wand des Vorzimmers, ein schwarzbrauner Metallschreibtisch mit Telefonanlage und Computer weiter hinten in der Ecke.
Hinter dem Schreibtisch saß, über einen Aktenstapel gebeugt, Vinnies Sekretärin. »Ja?«
»Mein Name ist Stephanie Plum. Ich hätte gern meinen Vetter gesprochen.«
»Stephanie Plum!« Sie hob den Kopf. »Ich bin Connie Rosolli. Du warst mit meiner kleinen Schwester Tina in derselben Klasse. Ach Gottchen, ich hoffe bloß, du brauchst keine Kaution.«
Jetzt erkannte ich sie ebenfalls wieder. Sie war eine ältere Ausgabe von Tina, fülliger in der Taille, gröber vom Gesichtsschnitt her. Sie hatte schwarze Locken, einen makellosen südländischen Teint und dunklen Flaum auf der Oberlippe.
»Das einzige, was ich brauche, ist Geld«, sagte ich. »Wie ich höre, sucht Vinnie eine Aushilfe fürs Büro.«
»Wir haben gerade jemanden eingestellt. Unter uns gesagt, da hast du nicht viel verpaßt. Es war ein beschissener Job. Akten ordnen. Man kriegt nur den Mindestlohn, liegt ständig vor den Aktenschränken auf den Knien und sagt das Alphabet auf. Ich finde, wenn man sowieso die ganze Zeit auf den Knien liegen muß, kann man auch eine Arbeit finden, die besser bezahlt wird. Wenn du verstehst, was ich meine.«
»Ich hab’ das letzte Mal vor zwei Jahren auf den Knien gelegen. Mir war eine Kontaktlinse runtergefallen.«
»Weißt du was? Wenn du wirklich Geld brauchst, fang doch als Kopfgeldjäger bei Vinnie an. Dabei fällt ganz schön was ab.«
»Wieviel?«
»Zehn Prozent der Kautionssumme.« Connie nahm einen Aktenordner aus der obersten Schreibtischschublade. »Dieser Fall ist gestern reingekommen. Die Kaution wurde auf hunderttausend Dollar festgesetzt, und der Kerl ist nicht zu einem Gerichtstermin erschienen. Wenn du ihn findest und dingfest machen kannst, bekommst du zehntausend Dollar.«
Ich mußte mich mit der Hand am Schreibtisch abstützen. »Zehntausend Dollar dafür, daß man jemanden findet? Die Sache hat doch bestimmt einen Haken, oder?«
»Wenn die Kerle nicht gefunden werden wollen, schießen sie manchmal. Aber das kommt fast nie vor.« Connie blätterte in der Akte. »Der Typ, der gestern reinkam, stammt hier aus der Gegend. Morty Beyers war hinter ihm her, so daß die Vorarbeiten schon erledigt sind. Du könntest Fotos haben und was du sonst noch brauchst.«
»Was ist mit Morty Beyers passiert?«
»Blinddarmdurchbruch. Gestern abend um halb zwölf. Er hängt jetzt im St. Francis am Tropf.«
Ich wünschte Morty Beyers nichts Böses, aber der Gedanke, in seine Fußstapfen zu treten, hatte etwas für sich. Das Geld reizte mich, und die Berufsbezeichnung klang irgendwie aufregend. Andererseits auch nicht ganz ungefährlich, und wenn es um meine heilen Glieder geht, bin ich ein ausgemachter Feigling.
»Es dürfte nicht schwierig sein, den Typen zu fangen«, sagte Connie. »Du könntest mal mit seiner Mutter reden. Und wenn es dir zu brenzlig wird, kannst du immer noch aussteigen. Was hast du schon zu verlieren?«
Nur mein Leben. »Ich weiß nicht. Daß dabei geschossen wird, finde ich ungemütlich.«
»Wahrscheinlich ist es auch nicht viel anders, als durch eine Mautstelle zu fahren«, sagte Connie. »Alles eine Sache der Gewöhnung. Ich sehe das so. In New Jersey zu leben, ist sowieso eine Herausforderung, bei dem ganzen Giftmüll, der hier rumliegt, bei den vielen Schwertransportern auf den Straßen und den schießwütigen Spinnern. Da kommt es auf einen Bewaffneten mehr oder weniger auch nicht mehr an.«
Das erinnerte mich sehr an meine eigene Philosophie. Und die zehntausend Dollar waren verdammt verlockend. Damit könnte ich meine Schulden bezahlen und mein Leben wieder in den Griff kriegen. »Okay«, sagte ich. »Ich mache es.«
»Zuerst muß ich mit dem Boß reden.« Connie drehte ihren Stuhl herum. »He, Vinnie!« rief sie in das hintere Büro. »Kundschaft!«
Vinnie war fünf und vierzig Jahre alt,
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