Einmal ist keinmal
Lieferwagen? Seit kurzem fährt Morelli einen rotgoldenen Cherokee… genau wie deiner.« Sie riß die Augen auf. »Sag bloß… das ist doch nicht etwa Morellis Karre, oder?«
»Ich habe sie mir gewissermaßen geliehen.«
Lula verzog das Gesicht zu einem Grinsen. »Schätzchen, soll das heißen, du hast Morellis Wagen geklaut? Dafür gibt er dir bestimmt einen Tritt in deinen kleinen weißen Hühnerpopo.«
»Vor ein paar Tagen habe ich ihn in einem blauen Econoline gesehen«, sagte ich. »Die Kiste war mit Antennen gespickt. Ist euch hier in der Gegend vielleicht so etwas Ähnliches aufgefallen?«
»Wir haben nichts gesehen«, sagte Jackie.
Ich wandte mich an Lula. »Und du, Lula? Hast du einen blauen Lieferwagen gesehen?«
»Rück erst mal mit der Wahrheit raus. Bist du wirklich schwanger?« fragte Lula.
»Nein, aber ich hätte es werden können.« Vor vierzehn Jahren.
»Also, worum geht es dann? Was willst du von Morelli?«
»Ich arbeite für ein Kautionsbüro. Er ist ein Kautionsflüchtling.«
»Im Ernst? Kann man damit Kohle machen?«
»Zehn Prozent von der Kautionssumme.«
»Das könnte ich auch«, sagte Lula. »Vielleicht sollte ich umsatteln.«
»Vielleicht solltest du lieber die Klappe halten und wenigstens so tun, als ob du anschaffen willst. Sonst haut dir dein Alter noch die Hucke voll«, sagte Jackie.
Ich fuhr nach Hause, genehmigte mir noch eine Schüssel Frosties und rief meine Mutter an.
»Ich habe einen großen Topf Kohlrouladen auf dem Herd«, sagte sie. »Warum kommst du nicht zum Mittagessen?«
»Klingt gut, aber ich habe noch zu tun.«
»Was denn zum Beispiel? Was ist so wichtig, daß du dir nicht mal die Zeit nehmen kannst, ein paar Kohlrouladen zu essen?«
»Meine Arbeit.«
»Was für eine Arbeit? Bist du etwa immer noch hinter dem Jungen der Morellis her?«
»Ja.«
»Du solltest dir eine andere Arbeit suchen. In Claras Frisiersalon brauchen sie eine Schamponiererin.«
Im Hintergrund hörte ich Grandma Mazur etwas rufen.
»Ach ja«, sagte meine Mutter. »Heute morgen hat ein Boxer für dich angerufen, der sich mit dir treffen will, Benito Ramirez. Dein Vater war ganz aus dem Häuschen. Ein reizender junger Mann. So höflich.«
»Was wollte Ramirez?«
»Er wollte dich anrufen, aber dein Telefon war außer Betrieb. Ich habe ihm gesagt, daß es wieder geht.«
Im Geist rannte ich ein paarmal mit dem Kopf gegen die Wand. »Benito Ramirez ist ein Ekelpaket. Wenn er sich noch mal meldet, leg einfach auf.«
»Er war sehr zuvorkommend zu mir.«
Ja, dachte ich. Er ist ja auch der galanteste, geistesgestörte Vergewaltiger, der in Trenton rumläuft. Und jetzt wußte er, daß er mich wieder anrufen konnte.
8
In dem Haus, in dem ich wohnte, gab es weder Waschküche noch Trockenkeller, und der derzeitige Besitzer hatte auch nicht die Absicht, für solche Einrichtungen Geld auszugeben. Der nächste Waschsalon, Super Suds, lag ungefähr eine halbe Meile entfernt in der Hamilton Avenue. Keine Weltreise, aber unbequem.
Ich stopfte die Akten, die ich von Connie bekommen hatte, in meine Tasche und hängte mir die Tasche über die Schulter. Ich schleppte meinen Wäschekorb in den Hausflur, schloß die Tür ab und schleppte mich mitsamt der Wäsche zum Auto.
Für einen Waschsalon war Super Suds nicht übel. Es gab einen Kundenparkplatz, und nebenan war ein kleines Cafe, wo man einen schmackhaften Hühnchensalat bekommen konnte, falls man etwas Geld im Portemonnaie hatte. Da es aber um meine Finanzen nicht besonders rosig bestellt war, stopfte ich die Wäsche in die Maschine, schüttete Waschpulver hinterher, warf ein paar Münzen ein und machte es mir mit meinen Kautionsflüchtlingen gemütlich.
Lonnie Dodd lag zuoberst auf dem Stapel. Ein durchaus machbarer Fall, wie mir schien. Der Gesuchte war zweiundzwanzig und wohnte in Hamilton Township. Er war wegen Autodiebstahls angeklagt. Ein Ersttäter. Vom Münztelefon im Waschsalon rief ich Connie an, um mich zu vergewissern, ob Dodd immer noch flüchtig war.
»Wahrscheinlich ist er bei sich zu Hause in der Garage und macht einen Ölwechsel«, sagte sie. »So was kommt dauernd vor. Typisch Mann. Teufel auch, sagen sich die Kerle, mich schubst keiner rum. Ich hab’ doch bloß ein paar Autos geklaut. Was ist denn schon dabei? Und dann erscheinen sie einfach nicht zur Verhandlung.«
Ich dankte Connie für ihre Erläuterungen und setzte mich wieder hin. Wenn die Wäsche fertig war, würde ich mal bei Dodd vorbeifahren und nachsehen, ob er
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