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Einmal Paradies und zurück

Einmal Paradies und zurück

Titel: Einmal Paradies und zurück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Carroll
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jetzt habe ich einfach nur noch Mitleid mit ihm. Ohne es zu merken, hab ich irgendwann losgelassen. Und doppelt seltsam ist, dass ich, als ich von dieser Seite des Zauns aus mitgekriegt habe, wie James sich benimmt, irgendwann Stück für Stück begriffen habe, wie unglücklich ich mit ihm war, selbst in den Zeiten, in denen ich dachte, es läuft gut zwischen uns. Wir haben einfach nicht zusammengepasst. Wir waren viel zu verschieden. Aber das kann ich erst jetzt so klar erkennen. Die ganze Zeit, als ich mit ihm zusammen war, hab ich die Quadratur des Kreises versucht, habe ihm sein mieses Verhalten verziehen und mir eingeredet, dass ich unsere Beziehung schon irgendwie hinbiegen könnte – für uns beide. Aber Tatsache ist, dass es niemals funktioniert hätte. Wenn Sophie nicht aufgetaucht wäre, wenn ich den Unfall nicht gehabt hätte, wenn wir zusammengeblieben wären … ja, was dann? Selbst ein begriffsstutziger Mensch wie ich hätte früher oder später gemerkt, dass James nicht mein Seelenpartner ist und dass ich für ihn nur ein Zeitvertreib bin, um sich das Warten auf die Liebe seines Lebens zu verkürzen. Entweder hätte ich es irgendwann erkannt, oder James hätte eine Serie von Affären gehabt, und ich wäre irgendwann deswegen abgehauen. In beiden Fällen hätte mich kein angenehmes Leben erwartet, so viel ist sicher. Nicht dass irgendwas davon jetzt noch eine Rolle spielt, denn ich bin ja bekanntlich tot. Aber es ist trotzdem gut, alles plötzlich so klar zu sehen, und das kann man eben nur, wenn man endlich loslässt und einen Schritt zurücktritt.
    Doch Regina ist noch lange nicht mit mir fertig.
    »Punkt zwei: Als Ihr Schützling ein sehr wichtiges Finanz-Meeting mit einem Investor hatte.«
    »Oh … ja, ich erinnere mich daran«, erwidere ich und tauche aus meinen Grübeleien auf. »Sir William Eames.«
    »Was haben Sie da gemacht, Charlotte?«
    Ich denke kurz nach. Mist. Wie konnte ich das vergessen?
    »Na ja … dazu kann ich nur sagen … es war absolut, hundertprozentig nicht meine Schuld. Wissen Sie, da waren Dobermänner, zwei Stück, und ich habe eine schreckliche Hundephobie, und Sie wissen doch, wie Tiere sind – die haben genau gemerkt, dass ich da war, und sind auf mich losgegangen …«
    »Das meinte ich aber nicht.«
    »Ich wollte ja auch nur klarstellen, dass das, was passiert ist, nicht meine Schuld war. Na ja, jedenfalls nicht ganz.«
    »Haben Sie angefangen, Ihren Schützling zu kritisieren und zu reizen? Haben Sie ihm gesagt, dass sein Ansatz totaler Mist ist? Oder etwa nicht? Obwohl Sie gewusst haben, dass er Sie hören kann und Sie ihm damit möglicherweise die Chance ruinieren, einen finanzstarken Investor zu gewinnen? Ich glaube, Sie haben es so ausgedrückt: ›Jedes x-beliebige Kleinkind hätte sich eine bessere Geschichte ausdenken können.‹«
    Allmählich habe ich genug von ihren Vorträgen und werde defensiv. Was bei mir meistens nur das Vorspiel dafür ist, dass ich mir die Augen ausheule.
    »Regina, dieser Mann hat mein Leben ruiniert! Seien wir ehrlich, er ist kein liebenswerter Mensch. Aber ich habe ihn trotzdem geliebt. Bis zum Wahnsinn …«
    »Und er hat Sie belogen und betrogen. Ja, ja, ja, das hab ich alles schon gehört. Wollen Sie mir ernsthaft erzählen, dass Sie sich für die erste Frau in der Menschheitsgeschichte halten, die in der Liebe eine Enttäuschung erlebt hat? Wissen Sie, Charlotte, Charakterstärke entwickelt man dadurch, dass man lernt, mit Schwierigkeiten umzugehen. Ich will keineswegs abstreiten, dass Sie mit diesem Mann eine schwere Zeit hatten, ich sage nur, dass wir Ihnen die Chance gegeben haben zu beweisen, dass sie mehr Größe besitzen als James Kane, indem sie ihn von hier aus beschützen und leiten. Das war Ihre Aufgabe. Sie hätten ihm verzeihen und Mitgefühl für ihn entwickeln können. Aber nein, Sie haben lieber alles zerstört. Eine reife Leistung, Charlotte, das muss ich sagen. Mein Kompliment.«
    Das stopft mir endgültig den Mund. Doch sie ist immer noch nicht fertig mit mir.
    »Punkt drei.«
    Ich stöhne innerlich auf und denke: Herrje, was denn noch?
    »Als James sich so richtig in die Scheiße geritten hatte, wie Sie es vermutlich ausdrücken würden, wie wollten Sie ihm da helfen? Als er auf dem Tiefpunkt angelangt war – seine Firma in Schwierigkeiten, sein Haus vor der Zwangsversteigerung –, was haben Sie da getan? Sie haben sich aufs hohe Ross gesetzt und ihm Vorträge darüber gehalten, wie sein

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