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Einmal Paradies und zurück

Einmal Paradies und zurück

Titel: Einmal Paradies und zurück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Carroll
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mir den Auftrag mit James vermittelt hat. Nur dass sie jetzt überhaupt nicht mehr freundlich aussieht, sondern ziemlich zornig. Mit Riesenschritten geht sie zu dem Stuhl mir gegenüber und knallt einen Stapel Papiere auf den Schreibtisch.
    »Tja, Charlotte Grey, ich hoffe, Sie sind stolz auf sich.«
    »Wie bitte? Tut mir leid … aber
was
haben Sie gerade gesagt?«, frage ich völlig von den Socken. Aber sie antwortet nicht, sondern setzt sich wieder eins von diesen Headsets auf, die Madonna auf der
Blonde-Ambition
-Tour bekannt gemacht hat, und beginnt zu reden. Mit … na ja, mit der Luft.
    »Gabriel? Hier ist Regina. Hier bin ich wieder, mit einem Update. Ja, wir haben einen Ersatzengel losgeschickt, der den Fall nahtlos übernommen hat. Alles geregelt. Die Kavallerie ist rechtzeitig eingetroffen, der Schützling wird zwar einen üblen Schock haben und sich die nächsten Tage nicht sonderlich wohl fühlen, aber er müsste durchkommen, Gott sei Dank.«
    Dann wendet sie sich wieder an mich und zischt: »Ihnen hat er das allerdings nicht zu verdanken.«
    »Entschuldigung, was … ?«
    »… wie bitte, Gabriel? O nein, sie sitzt hier vor mir. Und Madame wird mir einige Fragen beantworten müssen, sobald wir unser Gespräch beendet haben, das kannst du mir glauben. Na dann, Ende der Durchsage, ich halte dich auf dem Laufenden.«
    Sie nimmt das Headset ab, steht auf und geht zu einem großen Aktenregal, das direkt hinter ihrem Schreibtisch steht. Ein langes Schweigen folgt, und ich fühle mich wie früher in der Schule, wenn ich irgendeinen Quatsch gemacht hatte und zur Direktorin zitiert wurde. Wenn Regina sich jetzt gleich zu mir umdreht und mir erzählt, dass sie mit meinen »bedauernswerten Eltern« gesprochen hat, würde mich das nicht wundern.
    Aber nichts dergleichen. Stattdessen mustert sie mich lange, stumm und durchdringend. Mit einem Blick, als wäre sie enttäuscht, was viel schlimmer ist, als wenn sie mich anbrüllen und total zur Schnecke machen würde.
    »Ich habe Ihrem Vater gleich gesagt, dass es nicht funktionieren wird, wissen Sie. Ich habe ihn gewarnt.«
    »Regina, ich kann verstehen, dass Sie wütend auf mich sind, ich hab wirklich auf der ganzen Linie versagt. Was ja typisch ist für mich. Aber darf ich Sie etwas fragen? Ist James okay? Ich konnte es gar nicht glauben, als er anfing, die Tabletten einzuwerfen, und das zu dem ganzen Alkohol, den er schon intus hatte … ich hab ihm zugesehen und mich so hilflos gefühlt, es war schrecklich …«
    »Wachen und weisen, lenken und leiten. Klingelt da vielleicht ein Glöckchen?«
    Ihre Stimme ist streng, eiskalt und schneidend.
    »Ja, Regina.«
    Gott, es ist echt genau wie bei den Moralpredigten in der Schule. Die rhetorischen Fragen. Die Peinlichkeit. Ich hasse es, ich möchte nur weg hier. Sofort.
    »Dann erklären Sie es mir mal, Charlotte. Wo sind Sie denn schon mal über diesen Satz gestolpert?«
    »Äh … in der Engelschule. Man hat uns gesagt, dass … dass das unser … äh … dass das unser Motto ist.«
    »Oh, gut. Dann funktioniert Ihr Gedächtnis also doch noch. Und Sie sind nicht vollkommen taub.«
    Kühler Sarkasmus. Auch das kenne ich. Allmächtiger Gott, jetzt fehlen nur noch die Pickel und die feste Zahnspange, und ich bin wieder fünfzehn.
    »Haben Sie sonst noch etwas gelernt? Was Sie mir mitteilen möchten?«
    »Äh … das mit dem freien Willen? Den wir nicht beschneiden dürfen?«
    »Aha. Schön zu erfahren, dass Sie tatsächlich aufgepasst haben. Aber warum haben Sie das gelernt und sind trotzdem hingegangen und haben das exakte Gegenteil getan? Das wundert mich wirklich, Charlotte. Vielleicht könnten Sie mir das freundlicherweise erklären?«
    »Hören Sie, Regina … bestimmt wollen Sie darauf hinaus, dass ich die Sache in den Sand gesetzt habe. Aber ich möchte nur wissen, wie es James geht, bitte …«
    Regina zieht ihren Drehstuhl heraus, setzt sich und liest von einem Blatt ab, das aussieht wie ein Fax.
    »In diesem Augenblick ist ein Notarztwagen unterwegs zur Strand Road, Dublin, um James Kane abzuholen. Man wird ihn in die Notaufnahme des Saint Vincent Hospitals bringen, und dort bekommt er den Magen ausgepumpt – eine extrem unangenehme Prozedur –, ein paar Tage wird er Schmerzen haben, aber ja, er wird durchkommen.«
    Eine Welle der Erleichterung überrollt mich. »Ich bin so froh, das zu hören. Sie haben ja keine Ahnung, was für eine Angst ich hatte, als er anfing, die Schlaftabletten zu

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