Einmal Paradies und zurück
Verhalten in der Vergangenheit ihn in diese Lage gebracht hat, nicht wahr?«
Okay, hier muss ich nun aber doch einhaken. »Ich habe ihn doch nur auf die Wahrheit aufmerksam gemacht, Regina! Er hat alle Leute, mit denen er zu tun hatte, mies behandelt – deshalb hat er seine Firma verloren. Niemand wollte mehr mit ihm arbeiten, nicht mal sein Geschäftspartner! Sein eigener Bruder hat sich geweigert, ihm unter die Arme zu greifen. James ist einfach vom Karma überrollt worden. Und ich wollte ihn nur darauf hinweisen, dass alles vielleicht anders ausgesehen hätte, wenn er sich nicht wie ein Arschloch verhalten hätte, weiter nichts. Ganz ehrlich.«
»Sie meinen also, Sie haben für sich das Recht in Anspruch genommen, ein Urteil über ihn zu fällen. Sozusagen Gott zu spielen.«
»Na ja, wenn Sie es unbedingt so ausdrücken wollen …«
»Charlotte, es gibt nur einen hier in der Gegend, der Gott spielen darf.«
Ich bin so baff, dass ich keinen Ton mehr rauskriege. Aber es kommt noch mehr. Regina blättert wieder in den Akten und schlägt einen neuen Ordner auf.
»Wie auch immer. Lassen wir das Fiasko einen Moment ruhen und wenden uns einem anderen Thema zu«, sagt sie, zieht ein Blatt heraus und liest davon ab. »Ja, das ist es. Ihre Freundin Fiona.«
Zum ersten Mal, seit sie ihre Rede begonnen hat, kann ich ihr richtig in die Augen schauen. Voller Zuversicht, dass ich gute Arbeit geleistet habe, indem ich Tim wieder in Fionas einsames Leben gebracht habe. Na gut, vielleicht dauert es ein bisschen, weil Tim sich ja erst ganz aus seiner Ehe befreien muss. Na gut, vielleicht denkt er jetzt noch, dass er zurück zu Ayesha will, aber daran sieht man ja nur, wie wenig die Menschen begreifen. Denn Fakt ist doch, dass ich zwei Seelenpartner wieder miteinander in Kontakt gebracht habe, und dafür kann man mir ja wohl keinen Vorwurf machen. Oder etwa doch?
»Erstens …«, beginnt Regina. Ich starre sie trotzig an, denn ich habe nicht vor, mich verunsichern zu lassen.
»… wie sind Sie eigentlich auf die Idee gekommen, dass Sie das Recht haben, in Fionas Leben herumzupfuschen?«
»Na ja … herumpfuschen möchte ich das nicht nennen, ich wollte ihr helfen. Sie war es satt, allein zu sein, und hat jemanden gesucht, mit dem sie ihr Leben teilen kann. Nur hat sie meiner Meinung nach genau an den falschen Stellen gesucht.«
»Da haben wir es schon wieder – Sie fällen einfach ein Urteil über andere Menschen. Woher wollen Sie denn wissen, welches für Fiona die richtigen Stellen sind?«
»Weil … weil sie die ganze Zeit vor dem Computer hing, obwohl doch jeder weiß, dass nur schwule Männer Chancen haben, ihre große Liebe online zu finden, also …«
»Also haben Sie beschlossen, sich einzumischen und auch dort allen möglichen Unfug anzurichten?«
»Nein! Ich wusste doch, dass Fiona und Tim perfekt füreinander sind, und deshalb hab ich versucht …«
»In ihren Gedanken rumzupfuschen, ihr alle möglichen Träume in den Kopf zu setzen, ihr Angst zu machen, dass sie allein und einsam sterben wird, wenn sie nicht wieder Kontakt zu ihrem Exfreund aufnimmt, den sie doch eigentlich schon vor langer Zeit überwunden hat? Sie haben Fiona sogar gedroht. Ihrer besten Freundin!«
»Aber das stimmt doch gar nicht, das wollte ich nicht …«
»Bei weitem am schlimmsten ist aber, dass Sie versucht haben, Fiona von einem anderen Mann wegzulocken. Von einem Mann, der viel besser zu ihr passt.«
»Was?« Mir schwirrt der Kopf, und ich habe keine Ahnung mehr, worauf Regina hinauswill.
»Das ist natürlich streng geheim«, sagt Regina und angelt schon wieder nach einer anderen Akte. »Aber Fiona Wilson wird ihr Leben nicht allein verbringen, wie Sie es dem armen Mädchen in diesem entzückend Dickens’schen Traum vorgegaukelt haben.«
»Dann … dann gibt es einen anderen für sie? Nicht … nicht Tim?«
»Sagt Ihnen der Name Gerry Reynolds vielleicht etwas? Nein«, beantwortet sie ihre Frage gleich selbst, als sie meinen verwirrten Gesichtsausdruck sieht. »Vermutlich nicht. Sie kennen ihn wahrscheinlich unter seinem Usernamen
Schäferhundfan
.«
»O mein Gott, der Tierarzt?«
»Ja, der Tierarzt ist Fionas Seelenpartner, wie Sie es ausdrücken würden. Aber nicht nur haben Sie alles in Ihrer Macht Stehende getan, um die beiden auseinanderzubringen, sondern Sie haben auch noch Tim Keating in ihr Leben zurückgebracht. Der seinerseits dazu bestimmt ist, sich in … Moment mal, ich muss nachschauen … in
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