Einmal Paradies und zurück
es von Anfang an so wollten. Auch Paul. Und auch er sagt nicht mal Danke schön.
Aber am meisten beeindruckt mich, wie viel Mühe Kate sich gibt. Sie schenkt Getränke ein, erkundigt sich, ob ihre Gäste nach dem Konzert vielleicht noch einen Happen essen möchten, und bietet sogar der wasserstoffblonden Julie an, ihr nachher das Haus zu zeigen. Ich zittere vor Wut, während ich zuschaue, wie Kate den Tisch mit ihrem besten Hochzeitsporzellan deckt, in ihrer makellosen Küche einen leckeren Imbiss aus Ziegenkäse und Crostini mit Cayennepfeffer zaubert und sie unter den Anwesenden herumreicht. Die nebenbei bemerkt so viel Gepäck auf dem Wohnzimmerteppich abgeladen haben, als hätten sie vor, hier für eine ganze Woche ihre Zelte aufzuschlagen.
Robbie legt die Füße auf das gute Glastischchen, reißt eine Dose Bud Light auf und stellt den Fernseher an, als wäre er hier zu Hause. Dass Kate kein Wort dazu sagt und nicht mal einen Bierdeckel unter die Dose schiebt, zeigt, wie sehr sie sich anstrengt, es diesen Leuten recht zu machen. Unterdessen benimmt Paul sich wie ein komplettes Arschloch, so schlimm, dass ich im Hinterkopf insgeheim schon wieder üble Pläne schmiede, wie ich ihn heimsuchen kann. Aber das darf ich ja nicht, richtig?
Die Einzige in diesem unverschämten Haufen, die sich halbwegs anständig benimmt, ist die kleine Kirsten. Sie bietet Kate sogar an, ihr bei der nächsten Portion Crostini zu helfen.
Als die beiden in die Küche gehen, bleibe ich sitzen, um mir anzuhören, was die anderen diesmal hinter Kates Rücken zu tratschen haben. Denn das scheint ja das Lieblingshobby dieser Menschen zu sein.
Aber diesmal spricht Robbie als Erster. »Du hättest ihr wenigstens anbieten können, ihr zu helfen, Rose«, motzt er seine Frau an, ohne die Augen von dem Sunderland-Spiel loszureißen, das auf dem Sportkanal dröhnt.
»Ach, verpiss dich«, erwidert Rose. »Schließlich bediene ich sie doch auch hinten und vorne, wenn sie mal zu uns nach Galway kommt, oder etwa nicht?« Dann fällt ihr wohl ein, dass Paul ja auch noch im Zimmer ist. Er steht mit der gebleichten Julie am Erkerfenster, unter dem Vorwand, ihr das Haus zu zeigen. »Entschuldige, Paul«, ruft Rose zu ihm hinüber, aber er ist offensichtlich außer Hörweite.
»Was ist das Zeug hier überhaupt?«, sagt Robbie, pellt die Rinde von dem Ziegenkäse ab und hält sie in die Höhe.
»Ach, irgendein schicker Quatsch. Du weißt doch, wie Kate drauf ist.«
»Schmeckt wie Käsefüße.«
»Wem sagst du das. Also echt, was ist an ein paar ganz normalen Sandwiches auszusetzen? Der arme Paul – stell dir mal vor, du müsstest von diesem Mist leben. Kein Wunder, dass er so abgenommen hat.«
»Das war Abseits, du blöder Sack von Schiedsrichter«, ruft Robbie, der ihr nur mit halbem Ohr zuhört, in den Fernseher.
Aber es wäre mehr nötig als das, um das Dorngestrüpp von ihrem Gemecker abzulenken. »Komm her, Julie«, ruft sie. »Erzähl uns mal, was du von dem Haus hältst.«
»Äh … es ist sehr hübsch«, stammelt Bleichkopf nur, denn sie ist viel zu vertieft in ihr Gespräch mit Paul.
»Also, mein Geschmack ist das ja absolut nicht«, brummt Rose. »Was hat diese Frau bloß mit dem ganzen Hellbeige – oder ›Creme‹, wie sie es nennt? Daran erkennt man doch schon, dass das hier kinderfreie Zone ist. Meine hätten die Wände in zwei Minuten vollgemalt. Und wie sie diese Teppiche sauberhalten will, ist mir ein Rätsel. Aber vermutlich hat sie ja eine Putzfrau und muss sich die Hände nicht selbst schmutzig machen. Sie braucht ja auch viel freie Zeit, um mit ihren Freundinnen Kaffee zu trinken und Pauls Geld aus dem Fenster zu werfen oder was sie sonst den lieben langen Tag tut.«
In diesem Moment kommt Kate mit einem frischen Getränketablett zur Tür herein und kriegt den letzten Satz gerade noch mit.
Rose merkt zwar, dass sie erwischt worden ist, macht sich aber nicht die Mühe, sich für den Fauxpas zu entschuldigen, sondern schaut Kate nur an, zuckt die Achseln und sagt: »Na ja, nichts für ungut.« Als würde das alles ungeschehen machen.
Kate zögert kurz. Ein Moment auf Messers Schneide. Ich stehe direkt hinter ihr und brülle ihr ins Ohr: »Wie kann diese Hexe es wagen, in deinem eigenen Haus so über dich zu reden? Komm schon, Kate, wirf ihr das Tablett an den Kopf und schmeiß sie in hohem Bogen raus, los, los, LOS !«
Aber Kate ist viel mehr Dame, als ich es jemals war. Ganz ruhig, ganz cool schaut sie Rose an, mit
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