Einmal rund ums Glück
silbernen Milchkrüge.
»Halbfett.«
Sie gießt Milch in seine Schale, er nimmt sie ihr ab.
»Möchtest du einen Kaffee oder was anderes trinken?«, frage ich.
»Einen O-Saft, danke.«
Ich reiche ihm ein Glas. Meine Hand zittert ganz leicht.
Er grinst und weist mit dem Kinn darauf. »Kommt das von deinem Unfall mit dem Roller oder vom Alkoholentzug?«
Nein, das liegt daran, dass ich dir so nah bin. Aber ich lüge und sage, dass wahrscheinlich der Alkohol schuld sei.
»Du hättest mitkommen sollen!«, kann Holly sich nicht verkneifen zu sagen.
»Nee«, sagt er.
»Dafür ist er zu ehrgeizig.« Ich lächle ihn warmherzig an. Aus dem Augenwinkel beobachte ich Holly und weiß genau, dass sie kurz davor ist, loszuprusten.
Will hebt belustigt die Augenbrauen und entfernt sich, die Schale mit Müsli und das Saftglas in den Händen. »Ich fang mal besser hiermit an. Bis später«, sagt er.
»Na, klar!«, strahle ich ihn an.
»Noch offensichtlicher geht’s nicht, Daisy«, tadelt mich Holly, als er fort ist.
»Ha ha«, brumme ich.
Der Gästebereich liegt direkt hinter der Garage unseres Teams, auch Box genannt. Als später das Qualifying in vollem Gange ist, erlaubt Frederick uns, rüberzugehen und zuzusehen.
In der Box herrscht ein Gedränge wie im Bienenstock. Techniker in schwarz-weiß-goldenen Overalls drängen sich um Luis’ Wagen. Ich meine Dan zu sehen, der sich über den Frontflügel beugt, aber er ist schwer zu erkennen. Alle Mechaniker stecken von Kopf bis Fuß in Schutzanzügen, so dass man sie kaum voneinander unterscheiden kann. Da merkt Dan, dass ich ihn beobachte. Er winkt mir zu und macht sich dann wieder geschäftig ans Werk.
Will ist gerade auf der Strecke. Wir stehen hinten in der Garage, wo wir auf sechs Monitoren aus jedem Winkel verfolgen können, was draußen vor sich geht.
»Hey!«
Vor mir steht ein großer breiter Mechaniker. Er trägt einen Helm. Ich spähe hinein und erkenne Pete. Er ist der Chefmechaniker von Wills Wagen.
»Wie läuft’s?«, rufe ich, um den donnernden Lärm der Wagen zu übertönen, die jenseits der Boxenmauer über die Gerade rasen.
»Wie geschmiert!«, schreit er zurück. »Wow!«
Mehrere Kollegen, die ebenfalls auf die Monitore starren, stimmen in seinen Jubel ein. Ich sehe hoch und stelle fest, dass Will auf Platz eins vorgerückt ist, »Pole-Position« genannt.
»Super!«, rufe ich.
»Ein bisschen hat er noch vor sich«, schreit Pete mir zu, dann zu seinen Kollegen: »Er kommt rein!«
Alle stürzen nach draußen in die Boxengasse. Als Will hereinfährt, startet Luis’ Wagen aus der Box nebenan.
Bei Luis ist eine Cockpitkamera installiert, und wir können verfolgen, wie er die Kurven nimmt und seine Reifen über die Fahrbahnbegrenzung rumpeln, weil er die schnellste Linie, die Ideallinie, fährt.
Normalerweise bleiben die Fahrer während der gesamten Dauer des Qualifyings in ihren Wagen sitzen und verfolgen auf Monitoren über ihren Köpfen, was auf der Strecke passiert. Heute jedoch bittet Pete Will auszusteigen, damit noch einige Änderungen vorgenommen werden können. Kurz wende ich den Blick vom Bildschirm ab, um Will genauer betrachten zu können. Er nimmt seinen blau-silbernen Helm ab und zieht die feuerfeste Sturmhaube über den Kopf. Sein blondes Haar ist feucht vom Schweiß, und als er es sich aus dem Gesicht schiebt, überfällt mich der Wunsch, mit ihm im Bett zu liegen.
Unwillkürlich schüttel ich den Kopf und zwinge mich, wieder auf die Monitore zu gucken. Luis’ Helm ist leuchtend grün, und ich muss zugeben, dass er auffällt, auch wenn die Farbe zu grell ist.
Ich spüre jemanden neben mir, und als ich mich umdrehe, steht dort Will. Er strahlt Wärme aus. Der Ärmel seines Overalls streift meinen Ellenbogen, und ich erstarre. Aus dem Augenwinkel beobachte ich, wie er gebannt auf die Bildschirme schaut. Seine Kieferknochen sind angespannt, doch nach einem Moment scheint er lockerer zu werden. Ich blicke hoch und sehe, dass Luis momentan Fünfter ist, allerdings ändert sich die Reihenfolge ständig, immer wieder nimmt ein anderer Fahrer die Pole-Position ein.
»Wir müssen zurück«, sagt Holly.
Will sieht uns an und verabschiedet sich mit einem Nicken, vergewissert sich aber dann mit einem Blick auf den Bildschirm schnell noch mal, dass er im Moment an dritter Stelle für den Start am nächsten Tag liegt.
»Will!«, ruft ein Mechaniker.
»Daisy …!«, mahnt mich Holly, als ich Will gedankenverloren hinterherschaue, der zu
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