Einmal rund ums Glück
mich niemals drüber lustig machen, wenn –«
»Ich bin kein Opfer häuslicher Gewalt«, unterbreche ich sie verdrossen. »Ich will nur einfach nicht darüber sprechen.«
»Hm. Gut.« Sie ist verstimmt und fügt hinzu: »Na, Will hat ja eh eine Freundin, der ist sowieso tabu.«
»Er hat eine Freundin?« Ich versuche locker zu klingen, doch meine Enttäuschung ist riesengroß.
»Na klar! Wieso weißt du das nicht? Die beiden stehen doch ständig in allen Zeitschriften.«
»Ich lese keine Zeitschriften.«
»Was? Wie kann man so was nicht mitbekommen?«
»Wieso? Was ist denn das Besondere an denen?«
»Sie ist seine Sandkastenliebe.«
Mein Mut sinkt. Holly erzählt weiter, unempfänglich für meine Pein. »Will und seine Freundin stammen aus demselben Ort. Die Presse schreibt doch die ganze Zeit, dass er mit ihr durch Dick und Dünn geht und bei den ganzen Boxenludern nie in Versuchung kommt.«
Das wird ja immer besser …
»Sie arbeitet für eine Wohltätigkeitsorganisation, die sich um Kinder kümmert.«
»Denkst du dir das alles aus?« Ungläubig schaue ich Holly an.
Sie lacht. »Nein, das ist wahr. Tut mir leid.«
»Egal, ich bin ja fertig mit den Männern, wie du schon sagtest.«
Und das stimmt wirklich. Mir wurde in Amerika das Herz gebrochen, und ich hatte das Gefühl, das verdammte Land verlassen zu müssen, weil ich nirgends hingehen konnte, ohne den Mistkerl zu treffen.
Zum wiederholten Male: Ich komme gut allein zurecht. Doch, ich komme wirklich gut alleine klar.
Und mit Sicherheit werde ich niemanden anschmachten, der eine Freundin hat. Das ist nicht mein Stil.
Ich sehe, dass Holly ihr Lipgloss vom Bierglas wischt und es auf ihre Lippen zurücktupft.
»Für den ganz besonderen Look«, necke ich sie.
»Du bist ganz schön scharfzüngig für eine Amerikanerin, weißt du das?«, gibt sie zurück, während Pete sich wieder auf einen Stuhl am Tisch fallen lässt.
»Ich bin gebürtige Engländerin«, erinnere ich Holly.
Meine Mutter ist Italienerin, mein Vater Brite, doch als ich sechs Jahre alt war, zog die ganze Familie nach Amerika. Dort habe ich fast zwanzig Jahre gelebt, dann bin ich nach England zurückgekehrt und habe einen Job als Kellnerin in der Cateringfirma von Frederick und seiner Frau Ingrid in London angenommen. Im letzten Oktober fragte mich Frederick, ob ich nicht Lust hätte, als Hostess zu den letzten drei Formel- 1 -Rennen der Saison mitzukommen. Als Hostess sollte ich im Service arbeiten und dafür verantwortlich sein, dass das Team und die Gäste gut versorgt sind, aber ich helfe auch in der Küche aus, wenn es nötig ist. Solche Gelegenheiten – die Welt zu sehen und dafür auch noch Geld zu bekommen – bieten sich nicht alle Tage, deshalb sagte ich natürlich zu.
Holly und ich mochten uns auf Anhieb. Außerhalb der Saison arbeitet sie in der Kantine des Firmenhauptsitzes in der englischen Grafschaft Berkshire. Es nennt sich zwar Kantine, ist aber tatsächlich eher so was wie ein Drei-Sterne-Restaurant. Holly und ich haben uns letztes Jahr in Japan kennengelernt, wo wir eines Abends in der Hotelbar mehrere Krüge Sake vernichteten. Die Krüge sind zwar klein, aber dieser Reiswein hat es in sich. Um zehn Uhr waren wir total knülle, und was wir uns eine Woche später in China zu Gemüte führten, möchte ich hier lieber nicht ausbreiten.
Nach Brasilien bot Frederick mir an, ein Jahr zu bleiben und eine komplette Saison mitzureisen. Keine Ahnung, was über ihn gekommen war, aber: Yeah!
Seit Ewigkeiten nestelt Holly jetzt schon in ihrer Tasche herum und zieht jetzt endlich eine Tube rosa Lipgloss hervor, tupft sich etwas auf die Lippen und wirft mir einen unverhohlen selbstgefälligen Blick zu.
Ehrlich gesagt, könnte ich das auch gebrauchen. Nur für den Fall, dass Will sich dazu herablässt, uns Gesellschaft zu leisten. Ach, was denke ich da? Nein, nein, NEIN !
Egal, was soll’s! »Darf ich auch mal?« Ich habe nur sehr wenig Willenskraft. Ich tupfe mir auch ein wenig Gloss auf die Lippen, dann streiche ich das lange dunkle Haar hinter die Ohren und warte.
Nur wenige Minuten später hält ein Taxi vor dem Pub, und zwei Damenfüße in High Heels steigen anmutig heraus.
Ich erkenne die Frau. Catalina hat sich im Gästebereich mit ihr unterhalten … War das nicht ihre Schwester?
Nach ihr steigt Luis aus dem Wagen. Ich recke den Hals, kann aber keinen Will entdecken. Im ersten Moment bin ich enttäuscht, dann rede ich mir ein, es sei besser so.
»Uiuiui«,
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