Einmal rund ums Glück
Zentimeter hohen Absätzen. Zumindest in Amerika war das immer so. Seit ich diesen Job habe, trage ich auch mal flache Schuhe. Ich bin nämlich den ganzen Tag auf den Beinen und kein besonders großer Fan von Folter. Außerdem ist Holly mit ihren eins fünfundfünfzig ziemlich klein, und ich sehe neben ihr sowieso schon wie ein Riese aus.
»Super!«, unterbricht Dan meine Gedanken. Er ist mit seinem Handy beschäftigt. »Luis kommt gleich vorbei. Er hatte keinen Bock mehr auf den Sponsorenabend.«
Ach, du lieber Himmel! Bis jetzt hatte ich ja meinen Spaß. Nun müssen wir uns einen neuen Laden suchen, dabei ist es überall schon total voll.
»Er bleibt also seinem Ruf treu«, bemerkt Holly.
Sie spielt darauf an, dass Luis ein bekannter Partylöwe und Weiberheld ist. Es ist sein erstes Jahr in der Formel 1 . Davor fuhr er in der amerikanischen IRL , der Indy Racing League, und gewann dreimal hintereinander den berühmten Indy 500 , was auch der Grund dafür ist, dass er mir entfernt bekannt vorkam – nicht dass ich mich früher je für Autorennen interessiert hätte. Eigentlich waren alle der Meinung, dass Luis sich ein bisschen zusammenreißen und bedeckt halten müsste, wenn er für den »Seriösen Simon« arbeitet, aber offensichtlich pfeift er auf solche Erwartungen.
»Ich dachte, ihr wollt heute früh ins Bett?«, sage ich.
»Er ist der Fahrer.« Dan zuckt mit den Schultern. »Ich kann ihn nicht hängenlassen. Noch ein Glas?«
»Ähm …« Ich will mich gerade entschuldigen und mit Holly weiterziehen, da kommt sie mir zuvor.
»Klar!« Sie hebt ihr Glas mit dem Rest Bier. »Noch mal dasselbe!«
»Was soll das?«, beschwere ich mich bei ihr, kaum dass Dan und Pete die Getränke holen gegangen sind. »Ich will nicht hier bleiben, wenn der Blödmann gleich kommt.«
»Ach, hör auf, Daisy, ist doch nett hier. Vielleicht ist es sogar mal ganz gut, wenn du Luis privat kennenlernst.«
»Ich will ihn aber nicht privat kennenlernen! Er ist ein Arsch. Ich will woanders hin.«
»Bitte, nur
ein
Bier! Vielleicht kommt Will ja mit?«, überlegt sie.
Als ich Wills Namen höre, durchfährt mich ein sonderbarer Schauer.
»Glaube ich nicht«, erwidere ich, bekomme allerdings leise Zweifel. »Der ist doch viel zu pflichtbewusst, um am Abend vor dem Qualifying was trinken zu gehen.«
»Vielleicht. Aber könnte auch sein, dass er zur Abwechslung mal eine Auszeit nimmt. Ein paar Bier mit den Jungs trinken, verstehst du? Ist doch gut fürs Zusammengehörigkeitsgefühl …«
Ein winziger Hoffnungsschimmer flackert in mir auf. Dan bringt uns die Gläser und gesellt sich dann zu Pete und den anderen Mechanikern auf den Bürgersteig.
Unsere bisherigen Fahrer haben beide Ende letzten Jahres aufgehört, so dass wir diese Saison mit zwei Neulingen begonnen haben, was ungewöhnlich für einen Rennstall ist. Anders als Luis fährt Will schon seit zwei Jahren in der Königsklasse. Die Engländer sind total aus dem Häuschen wegen ihm, weil er so jung ist, gut aussieht und auch noch Talent hat. Es war ein genialer Schachzug von Simon, Will für unser Team zu gewinnen. Bis jetzt habe ich ihn ein paarmal an der Rennstrecke gesehen, war ihm aber noch nie richtig nah. Bis gestern.
»Hast du ihn schon mal im Hauptquartier gesehen?«, frage ich Holly.
»Wen?«, fragt sie.
»Will.«
»Ach so. Ja, hin und wieder. Er war ein paarmal da, um am Rennsimulator zu üben.«
»Am Rennsimulator?«
»Der sieht aus wie eine Playstation, nur hat er die Originalgröße des Cockpits. Da drin prägen die Fahrer sich die jeweilige Streckenführung ein. Ist wirklich cool. Pete hat mich vor ein paar Wochen mal fahren lassen.«
»Ach so.«
»Warum fragst du nach Will?«, kommt sie auf meine ursprüngliche Frage zurück.
»Och, nur so …«
»Du findest ihn gut, oder?« Sie schlägt mit der flachen Hand auf den Tisch.
»Nein!«, leugne ich.
»Natürlich! Du wirst ganz rot!«
»Werde ich nicht.«
»Doch! Ich dachte, du wärst fertig mit Männern?«
»Bin ich auch«, antworte ich.
»Verrätst du mir irgendwann mal den Grund?«
Ich schüttel den Kopf und trinke einen Schluck.
»Warum nicht?«, fragt sie mich zum ungefähr tausendsten Mal. Kommt mir jedenfalls so vor.
»Geht nicht«, erwidere ich.
»Warum nicht? Hast du Angst, dein Ex spürt dich auf und tritt dir in den Hintern?«
Ich schweige.
Sie macht ein betroffenes Gesicht. »Das ist doch nicht wahr, oder? Du liebe Güte, Daisy, wenn das stimmt, tut mir das so leid! Ich würde
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