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Einmal scheint die Sonne wieder

Einmal scheint die Sonne wieder

Titel: Einmal scheint die Sonne wieder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Betty McDonald
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sehr viel. Und im Juli mußte ich wegen einer Lebensversicherung in Höhe von 5 000 Dollar zu einer Generaluntersuchung. Ich erzählte dem untersuchenden Arzt von meinem Husten, worauf er sagte: „Die Zigaretten, haha. Den hab ich auch.“ Ich erzählte ihm von der Müdigkeit, und er sagte: „Da sollten Sie meinen Posten haben!“ Ich beantwortete wahrheitsgemäß alle Fragen danach, wer woran gestorben sei, auch sein: „Hat irgendwer in Ihrer Familie jemals Tuberkulose, Syphilis, Bürgersche Krankheit, starke Milzschwellung, eine regelmäßige berufliche Tätigkeit usw. gehabt?“, wurde als sicherer Kandidat angesehen und in die Lebensversicherung aufgenommen.
    Trotz meiner zunehmenden Mattigkeit schien mir nichts zu fehlen. Ich war wie eines jener zarten Geschöpfe aus vergangener Zeit, die ohne jeden besonderen Grund dahinschwinden und sterben. Nach wie vor nahm ich Aspirin gegen die Erkältungen und die Schmerzen in der Brust, Kalomel gegen das Flimmern vor den Augen und Wismut gegen die Verstopfung. Die anderen Beschwerden schob ich auf meine Stellung, die an sich schon anstrengend war und, wie alle Posten in Regierungsbehörden, durch die Politik und Querköpfe (in erster Linie mich) noch anstrengender wurde. Im September litt ich an Hämorrhoiden (laut Lexikon kann man nur eine Hämorrhoide haben – bei mehr als einer spricht man von Trauben, was mir ein ungehöriger Ausdruck zu sein scheint). Über Hämorrhoiden soll man nicht einfach stillschweigend hinweggehen, und so sprach ich mit meiner Schwester Mary, die mich sofort zu ihrem Mann, einem Pathologen, schickte. Da mir die Pathologie den gesamten menschlichen Körper einzubeziehen schien, nannte ich ihm alle meine Symptome, auch die Nervosität und die Schlaflosigkeit. Er hörte mit ernstem Gesicht zu, horchte Rücken und Brust ab, untersuchte meinen Auswurf, durchleuchtete meine Lungen und schickte mich zu einem Lungenspezialisten.
    Bei dem saß ich den ganzen Nachmittag. Er horchte mich ab, wenn ich atmete und hustete, untersuchte meinen Auswurf, sah mir gründlich in den Hals, durchleuchtete meine Lungen und machte eine Röntgenaufnahme. Als er mir die Diagnose gab, zeigte er mir die Röntgenbilder. „Dieser Schatten ist die tuberkulöse Stelle in der linken Lunge,“ sagte er. „Sie haben Pulmonaltuberkulose.“ Ich wußte nicht, daß das Lungentuberkulose hieß, sondern dachte, es sei eine merkwürdige Form, die schnell zum Ende führt. Er schloß: „Sie werden in ein Sanatorium gehen müssen.“
    Sanatorium. Ich wußte, was das hieß. Ich hatte Margaret Sullavan in „Drei Kameraden“ gesehen und den „Zauberberg“ gelesen. Sanatorien waren Häuser in den Schweizer Alpen, wohin die Leute gingen, wenn sie sterben mußten. Nicht nur das, sondern jeder, von dem ich jemals gehört hatte, er habe Tuberkulose gehabt, war gestorben. Ich war zweifellos drauf und dran, mich in eine ausgezeichnete Gesellschaft zu begeben, aber ich hatte keine Lust, zu sterben.
    Für jemand, der gerade ein Todesurteil ausgesprochen hat, schien der Arzt merkwürdig ungerührt. Er pfiff: „Ich weiß ein kleines Hotel,“ und schlug das Telephonbuch auf, fand seine Nummer und fing an zu drehen. Ich stand auf und ging zum Fenster hinüber. Es war kurz vor fünf und der Septemberabendnebel begann vom Ufer aufzusteigen. Unten tutete ein Wagen mit seiner Hupe ärgerlich durch die Straße. In den erleuchteten Fenstern eines Büros auf der anderen Seite des Hofes sah ich, wie die Mädchen hastig Sachen in Schubfächer warfen, Akten zuschlugen und sich ihre Mäntel und Hüte griffen.
    „Was wird mit meiner Stelle?“ fragte ich den Arzt. Er hatte den Hörer aufgelegt und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Er war schön braun gebrannt und sah sehr gut aus. „Sie werden auf lange Zeit nicht arbeitsfähig sein,“ sagte er kurzerhand. „Sie brauchen völlige Bettruhe. Außerdem ist es bei Ihnen ansteckend,“ meinte er tröstlich. Ich fing an zu husten, und er griff mechanisch in sein Schreibtischschubfach und gab mir ein Papiertaschentuch. Ich hielt es mir vor den Mund, was er mir gesagt und was ich die ganzen vier oder fünf Monate, seitdem ich hustete, nicht gemacht hatte, und ich kam mir sehr ordentlich vor und war sehr traurig. „Wieviel kostet ein Sanatorium?“ fragte ich. „Fünfunddreißig bis fünfzig Dollar in der Woche.“ Mein Gehalt war gerade auf einhundertfünfzehn Dollar im Monat erhöht worden. Ich sagte: „Wie lange werde ich im Sanatorium bleiben

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