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Einmal scheint die Sonne wieder

Einmal scheint die Sonne wieder

Titel: Einmal scheint die Sonne wieder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Betty McDonald
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zugestehen sollte.
    Ihre verkniffene, trockene, unfreundliche Art war für mich ein Schock. Nach meinen kümmerlichen früheren Erfahrungen mit Krankenhäusern bei der Geburt von Anne und Joan hatte ich geglaubt, daß alle Schwestern ungewöhnlich nette, liebenswürdige und freundliche junge Damen seien, daß Mädchen zunächst einmal dieser Eigenschaften wegen als Schwestern ausgesucht würden und ihre Ausbildung sie weiter zur Entfaltung brächte. Ich versuchte, der Schwester am Pult zuzulächeln. Sie starrte mich versteinert an und wies mich auf eine der Bänke. Anscheinend haßte sie Leute mit Tuberkulose genau so, wie manche Leute Leber hassen. Ich schlich zu der Bank hinüber und setzte mich neben Dede.
    Sofort raschelte eine andere Schwester mit hartem Blick und unbeweglicher Miene heran und steckte mir ein Thermometer in den Mund. Sie wollte auch Dede eines in den Mund schieben, aber Dede biß die Zähne zusammen und sagte, sie sei nicht krank. Entweder verstand die Schwester sie nicht oder glaubte ihr nicht, denn sie versuchte es dreimal. Nach dem letzten Mal sagte Dede ruhig: „Wenn Sie das noch einmal probieren, beiß ich Ihnen die Hand ab.“ Die Schwester machte ein erschrockenes Gesicht und wich zwischen die Waagen zurück. Nun kam eine andere an, eine dicke, mütterlich aussehende Frau, die jedoch nicht freundlicher dreinschaute als eine Flunder. Sie reichte mir zwei blaue Spucknäpfe. Ich setzte zu einem „Danke schön“ an, aber sie wehrte mit erhobener Hand ab. „Mit dem Thermometer im Mund dürfen Sie nicht sprechen,“ sagte sie kalt und ging fort.
    Nach etwa einer halben Stunde nahm die raschelnde Schwester das Thermometer fort, fühlte mir den Puls und wog mich. Dann machte eine sehr taube alte Schwester den Mantoux-Test, der in einer Injektion von Tuberkulin-Serum in den Unterarm besteht. Sie brüllte mir Fragen zu, und ich brüllte die Antworten, was in Anbetracht der Art einiger Fragen recht peinlich war. Jedesmal, wenn eine Prozedur zu Ende war, ließ man uns eine Bank nach vorn rücken, wie bei der Reise nach Jerusalem. Die Bänke waren hart wie Grabplatten, so daß die langen Pausen zwischen jeder Prozedur nicht nur langweilig, sondern bei meinen Hämorrhoiden auch schmerzhaft waren.
    Die nächste Etappe war der Wassermann-Test, der in einem anderen Teil des Gebäudes gemacht wurde. Der Mann, der mir aus dem Arm das Blut entnahm, war sehr liebenswürdig und sehr freundlich. Als wir seine Abteilung verließen und den Flur hinunter zur Tb-Klinik gingen, meinte Dede: „Ich würde mir Syphilis aussuchen.“
    Nach noch wieder längerem Warten untersuchte mir ein frischer, rothaariger junger Arzt Hals und Lunge. Schließlich rückten wir auf die erste Bank vor und hatten nur noch auf den Chefarzt zu warten. Während wir da saßen, sahen wir die anderen Patienten und sie sahen uns an. Einige von ihnen schienen Stammgäste zu sein, sie kannten alle Schwestern und die meisten anderen Patienten. Außer mir waren sie alle entweder sehr jung oder sehr alt. Ich schien auch die einzige zu sein, die hustete, und jedesmal, wenn ich es tat, sahen drei Schwestern und alle Patienten vorwurfsvoll zu mir hinüber, ob ich mir auch den Mund zuhielt.
    An der Wand hingen mehrere gerahmte Sprüche. Einer hieß: „Wenn du nichts zu tun hast, tu es bitte nicht hier.“ Ein anderer: „Was nicht Ruhe ist, ist Anstrengung.“ Wieder ein anderer: „Steh nicht, wenn du sitzen kannst, sitz nicht, wenn du liegen kannst.“ Nach der dritten Stunde hatte ich das Gefühl, als seien mir vorn die Wahlsprüche, hinten die Maserungen der Holzbänke eingebrannt.
    Die sehr hohen, sehr schmalen vorhanglosen Fenster umrahmten ein Kautionsbüro, ein altes, verfallenes Hotel, an dessen Fenstersimsen Jalousien aus Orangenkistchen fest gemacht waren, und die Stationsuhr. Die Zeiger der Uhr bewegten sich langsam von 8 Uhr 30 auf 12 Uhr 25. Dede entdeckte, daß wir von den Eckplätzen aus in das kleine Zimmer hineinsehen konnten, in dem die Röntgenaufnahmen gezeigt wurden; aber als wir aufstanden und uns umsetzen wollten, merkten wir, daß die Bänke vom langen Sitzen klebrig geworden waren und wir uns wie Heftpflaster von ihnen losreißen mußten.
    Die Röntgenbilder anzusehen war ein bißchen interessanter als die Sprüche und die Stationsuhr. Der Arzt schob den Röntgenfilm in einen kleinen Rahmen, schaltete darunter Licht an und zeigte dem Patienten die tuberkulöse Stelle auf seiner Lunge. Die Röntgenaufnahmen sahen milchig

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