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Einsam, zweisam, dreisam

Einsam, zweisam, dreisam

Titel: Einsam, zweisam, dreisam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thommie Bayer
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Muß er halt. Wenn es die blöden Hausbesitzer so wollen. Weiß man ja, wie solche Leute sind.
    Von den knapp siebentausend Mark, die das Haus monatlich abwirft, spendet er eintausend per Dauerauftrag an Greenpeace und fünfhundert an Amnesty International. Für sich selbst nimmt er fünfhundert Mark, und den Rest fressen das Finanzamt und Reparaturen am Haus. Von seinem Geld spart er oft noch einiges ein, denn er ißt in der Mensa, macht nie Urlaub, unterhält kein Auto und stellt keine Ansprüche, außer an die Leistungsreserven seiner Hi-Fi-Anlage und seine eigene Moral. Fast niemand weiß, daß er Kurt heißt. Alle kennen ihn unter dem Namen Yogi.
    Auto fährt er nicht, aber einen Führerschein hat er. Sogar Klasse zwei. Den hat er gemacht, bevor er das Haus von seiner Tante erbte. Zu dieser Zeit fuhr er Coca Cola-Laster und Taxi, um sein Studium zu finanzieren.
    Als er dann vom Notar die Nachricht erhielt, daß er ab nun Besitzer eines schuldenfreien Mietshauses in Herdern sei, verschenkte er seine fast fertige Doktorarbeit in katholischer Theologie an einen Kommilitonen, der damit nach Marburg zog und dort magna cum laude abschloß. Theologie war sowieso nicht so Yogis Ding.
    Jetzt gerade bewährt sich der Führerschein Klasse zwei, denn Yogi sitzt in einem Lastwagen der Denkheim-Spedition und steuert ihn über die Mooswaldallee in Richtung Müllkippe. Den Laster hat er vor fünf Minuten am Güterbahnhof geklaut.
    Zwei Monate Planung gingen dem Coup voraus. Jetzt fühlt er sich belohnt wie an einem Geburtstag, auf den man länger als ein Jahr warten mußte.
    Einer der Greenpeace-Leute gab ihm den Tip, daß die Denkheim-Spedition zweimal pro Woche nachts Müll auf die Kippe fährt. Man solle doch mal rausfinden, was das für Müll sei, und die Sache gegebenenfalls veröffentlichen. Daraufhin beobachteten sie Nacht für Nacht den Müllplatz und fanden heraus, daß dienstags und freitags ein Denkheim-Laster mit geschlossener Plane vom Wächter einfach durchgewinkt wurde.
    Mit einem befreundeten Chemiker entnahmen sie Proben aus den abgeladenen Kartons und fanden Batterien und Altöl. Dafür hätten sie keinen Chemiker gebraucht.
    Einer von Zorro inc. inspizierte die Denkheim-Wagen auf dem Güterbahnhof, denn oft standen sie dort eine Nacht lang beladen herum, wenn ihre Fracht kurz vor Feierabend erst geladen wurde. Er fand heraus, daß jeden zweiten Montag eine Ladung Hewlett-Packard Computer ankam, die erst am Dienstagmorgen abtransportiert wurde.
    Yogi war begeistert.
    Er bat die Greenpeace-Leute, mit der Veröffentlichung des Sondermüll-Skandals noch zwei Wochen zu warten. Sie taten ihm den Gefallen, denn immerhin finanzierte er ein Drittel ihrer Betriebskosten. Er mußte nicht mal erklären, warum.
    Der Rest war einfach. Der Güterbahnhof wird nicht bewacht. Außer einer Schießbudenfigur von Pförtner, die nur an einer von vier möglichen Ausfahrten sitzt, würde sich niemand wundern, wenn ein Laster wegfährt. Als klar war, daß der Laster, der dienstags und freitags den Müll auf die Deponie bringt, nur einen Fahrer hat, stand der Plan. Yogi besuchte seinen Zorro-Kumpel, der auf dem Güterbahnhof als Packer jobbte, und machte sich ortskundig.
    Zu zweit knackten sie den Laster, dann schwang sich der «Schlüsseldienst», wie der entsprechende Zorro-Fachmann genannt wird, aufs Fahrrad und strampelte los. Yogi fuhr ohne Hektik den vorher ausbaldowerten Weg und hatte keine Schwierigkeiten, vom Gelände zu kommen. Perfekt.
    Auch am Wachhäuschen der Müllkippe geht alles nach Plan. Noch bevor der Wachmann stutzig werden kann, daß der Laster einen Tag zu früh dran ist, beugt sich Yogi halb aus dem Fenster und ruft: «Morgen komm ich nicht, hab ’ne Fahrt in die Franzosenschweiz.»
    Der Wachmann beugt sich zum Fenster vor und winkt eine Art Hitlergruß zum Führerhaus des Lasters hoch. Yogi kann durchfahren. Nach der dritten Kurve sieht er schon die Zorro-Leute auf dem Dreckweg stehen.
    Er stellt den Wagen ab, und sie machen sich an die Stricke, die die Plane an der Pritsche festhalten. Sie schneiden sie einfach durch. Den eigens dafür mitgebrachten Seitenschneider schmeißen sie nach Gebrauch auf den Müll. Sie schlagen die Plane hoch und schwingen sich alle vier auf die Ladefläche.
    Es geht Schlag auf Schlag.
    Das Geräusch der von der Pritsche polternden Computer, das trockene Bersten von Bakkelit und das Rasseln der abgesprengten Kleinteile ist Musik in ihren Ohren.
    «Ist das schön», jauchzt Yogi in

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