Einsam, zweisam, dreisam
das stetige Rummsen der fallenden Pakete hinein.
Es nieselt. Der Wärter kommt bestimmt nicht auf die Idee, für ein Schwätzchen heraufzukommen. Sowieso wird ihm seine Bude wohl lieber sein als der Gestank und Matsch der Müllkippe.
Zwölf Minuten später ist alles vorbei.
Die Sprühdose, die Yogi jetzt zur Hand nimmt und vor Gebrauch kräftig schüttelt, hat heute schon einen schönen Mercedesstern malen dürfen. Bei dem Gedanken muß Yogi grinsen. In großen Lettern sprüht er Zorro inc. auf die Frontscheibe des Lastwagens, wischt die Dose mit einem Lappen ab und wirft sie in hohem Bogen ins Gelände. Sondermüll, denkt er, Spezialsondermüll.
Für sich hat er am Nachmittag ein Fahrrad in der Nähe deponiert, und die anderen haben es die letzten paar hundert Meter bis hierher mitgezogen. Alle vier strampeln ohne Licht durch den Wald. Das Wärterhäuschen umfahren sie weiträumig.
«In einer halben Stunde bei mir», sagt Yogi, als sie die asphaltierte Straße erreichen. «Es gibt Negerküsse.» Kurz darauf trennen sie sich und fahren jeder auf einem anderen Weg in die Stadt.
Dem Wächter kommt es langsam komisch vor, daß der Laster noch nicht wieder draußen ist. Sonst braucht der doch nie so lang. «Komm, Asta, wir sehn mal nach.»
Der Schäferhund wedelt freudig mit der Rute, denn ihm ist alles lieber, als in diesem Loch zu liegen und Stunde um Stunde Heino hören zu müssen.
Kurz darauf könnte man den aufgeregten Wächter, umkreist von seinem hechelnden Hund, mit wedelnder Taschenlampe zu seinem Telefon rennen sehen, wo er empörte Worte in die Sprechmuschel bellt. Der Wärter, nicht der Hund. Man könnte, wenn man da wäre. Aber man ist nicht da.
Man ist längst in der Stadtstraße angekommen und hat begonnen, eine fröhliche Party zu feiern.
«Das schaffen wir noch mal», sagt Yogi gerade mit missionarischem Feuer in der Stimme, «ein Laster voll mit Lodenmänteln für die Bogner-Boutiquen. Wär das nicht sagenhaft?»
Er träumt davon, solche Aktionen regelmäßig zu machen. Einmal im Monat eine Wagenladung Luxusgüter auf den Müll. Das wär’s doch. «Das ist schon Kunst.»
«So einfach wie diesmal kommen wir aber nicht immer an die Ladung», gibt Sepp, der am Güterbahnhof arbeitet, zu bedenken.
«Ach, wir treiben schon immer was Geiles auf», sagt Yogi. Er ist nicht zu bremsen. Diese neue Dimension ihres «Bonsai Terrors», wie sie das nennen, begeistert ihn doch zu sehr.
«Eröffnen wir eben jedesmal noch eine spontane Müllkippe dazu. Instant-Müllkippe. Die Laster klauen wir jedesmal woanders, und den Luxus schmeißen wir jedesmal woandershin. Es muß nur eklig und dreckig genug sein, damit das Zeug hinterher nicht mehr zu gebrauchen ist.»
«Na ja», sagt Sepp, «Möglichkeiten gibt’s genug. Kiesgruben, Baustellen, Baggerseen …»
Als der Tee ausgetrunken ist, trennt sich Zorro inc., und jeder radelt gut gelaunt nach Hause. In seine eigene WG .
«Komm», sagt Regina, «laß uns spazierengehen.»
Etwas weniger schwarz wären ihr die Fischstäbchen zwar lieber gewesen, aber sie aß sie, ohne zu murren. Es ging ja mehr um die Geste.
An Sigs tastenden Blicken und beiläufigen Berührungen merkt sie, daß er mit ihr schlafen möchte. Sie gehen Arm in Arm durch die Wiehre, einen Stadtteil ähnlich wie Herdern, nur etwas mondäner. Es riecht nach Regen. Die Kastanien blühen rosa und weiß.
Regina drückt seinen Arm an sich und sagt: «Die Pause dauert noch.»
Er gibt nur einen theatralischen Seufzer zur Antwort.
«Es muß wieder nachwachsen», sagt sie.
«Das?»
Er deutet mit dem Finger auf seine Hose.
«Nein», lacht sie, «das nun grade nicht. Hab Geduld.»
Er will es versuchen.
Da es zu nieseln anfängt, gehen sie eilig zurück. Trotzdem sind sie naß, als sie in der Galerie ankommen. Sig dreht die Heizung auf.
Als Regina das Buch zur Hand nimmt, zieht er sich aus und legt sich ins Bett. Und wie gestern schläft er irgendwann ein, und sie legt das Buchzeichen wieder zehn Seiten zurück, zieht sich leise aus und kuschelt sich an ihn.
Und irgendwann kommt auch die Katze wieder.
Zwar ist Frühling, aber sie ist erst ein Jahr alt und hat noch keine Lust, an der Kater-Rallye teilzunehmen. Vergeblich fahndet sie nach Brekkies oder Milch und legt sich dann auf den letzten freien Zipfel des Kopfkissens neben Reginas Haare. Sie schnurrt.
Regina erinnert sie an ihre Mami. Das war eine stolze und geduldige Tigerkatze. Die durfte man getrost leer trinken. Man durfte auf ihr
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