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Einsam, zweisam, dreisam

Einsam, zweisam, dreisam

Titel: Einsam, zweisam, dreisam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thommie Bayer
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übermorgen hab ich Semesterferien.»
    Sig wundert sich: «Jetzt, Ende April?»
    «Ich nehm sie mir einfach. Ich lasse ein paar Veranstaltungen ausfallen, verschiebe einen Schein auf nächstes Jahr, und schon hab ich Ferien.»
    Das ‹Walser Seminar› ist fertig. Eine Arbeit, deren Benotung ihr jetzt schon egal ist, hat sie abgegeben. Und da sie diese Arbeit in den Osterferien geschrieben hat, braucht sie eben jetzt Ferien.
    Am liebsten führe sie weg. Aber so wie die Dinge liegen, will sie nicht ohne Sig sein. Und der hat gerade einen Job angenommen, um in Freiburg bleiben zu können. Wird sie halt hier Ferien machen. Das ist vielleicht sogar noch schöner. Wie schwänzen oder so. In etwas über zwei Wochen muß sie ja sowieso umziehen.
    «Bis später», verabschiedet sie sich von Sig und geht zur Geschäftsstelle der Badischen Zeitung. Dort gibt sie eine Annonce auf: Zimmer in WG 300   Mark warm. Sie fährt mit dem Rad zur Pfandleihe, wo sie für dreißig Mark einen Kühlschrank kauft, und dann nach Hause, um sich Marius’ Mercedes zu leihen. Mit dem holt sie den Kühlschrank ab und fährt ihn zur Galerie.
    Sig bekommt gerade von Heidi die Grafiken vorgeblättert.
    «Hilf mir mal», sagt Regina durch die Tür.
    Zu dritt wuchten sie den Kühlschrank aus dem Kofferraum und tragen ihn hinein. Regina fährt gleich wieder los, um das Auto zurückzugeben.
    «Ich mach uns heut abend Fischstäbchen», sagt Sig.
    Er sieht ihr beim Davonfahren nach. Die zarte Frau in dem monströsen Rostbrummer gefällt ihm sehr. Der Mercedes steht ihr, denkt er.
    «Hausstand?» fragt Heidi.
    «Nichts ist mehr unmöglich.»
    Am Nachmittag soll der Künstler, dessen Ausstellung übermorgen eröffnet wird, mit seinen Bildern kommen. Sig läßt sich von Heidi die Buchführung erklären. Es ist einfach. Eigentlich hat er nichts zu tun, außer zu warten, daß es mal regnet und jemand in der Galerie Schutz sucht.
    Als Heidi gegangen ist, setzt er sich die Kopfhörer auf und arbeitet, die Tür im Blick, an seinen Bildern weiter. Als der Maler schließlich kommt, saß Sig schon fast eine Stunde lang glücklich, wie erlöst vor zwei Bildern, die er ganz und gar gelungen findet.
    Er macht Kaffee. Der Maler stellt seine Bilder an den Wänden entlang, und Sig sieht sie an. Außer zwei toten Fischen in stumpfen, toten Farben sind alles Landschaften. Alle in stumpfen Farben. Nur aus einem blitzt ein froher Funke, und genau das mag Sig leiden. Als einziges. Außer Anordnungsvorschlägen und Allgemeinheiten sagt er nichts. Das ist so üblich unter Künstlern. Man könnte ja Streit kriegen. Auch der Maler gibt nur ein «Hmmm» von sich, als er die noch nassen Bilder an der Wand in Sigs Zimmer sieht.
    Der Maler heißt Hans Breinling-Beckenrath und ist Zeichenlehrer am Goethe-Gymnasium.
    Auch den bequemen Weg gegangen, denkt Sig, obwohl ihn solche Kategorien eigentlich nicht mehr interessieren. Die Idee von der heroischen Aufopferung des schwindsuchtkranken Genies, das außer einer gefriteten Socke mit Kakerlakenfilet nichts zu beißen hat, langweilt ihn schon lang. An den Scheiß glaubt seine Mutter, wenn sie kitschige Fernsehfilme sieht.
    Und dann setzt sich eine tüchtige Frau für ihn ein, und der Künstler kriegt eine Ausstellung, und dann ist er weltberühmt, und alle haben es schon immer gewußt.
    Dabei hat er damals, ganz am Anfang, mit genau dieser Kitschvorstellung gegen seine Eltern gekämpft, als die sagten, Illustrator, Grafiker oder Kunstlehrer sei doch auch was Künstlerisches. Er sagte, ich werde Kunst machen und nicht was Künstlerisches.
    Jetzt, da er alle Steine, die sie ihm nacheinander in den Weg gelegt hatten, beiseite geräumt hat und genau das tut, was sie nicht wollten, jetzt glaubt seine Mutter an dieses Pamphlet. Und er faßt sich an den Kopf, wenn er an den Blödsinn, den er erzählt hat, erinnert wird.
    Innerlich argumentiert er noch immer gegen seine Mutter, obwohl sie ihn jetzt doppelt nicht versteht. Sie hat den Standpunkt eingenommen, den er schon seit Jahren verlassen hat, und jetzt kann er ihr gar nichts mehr erklären.
    Ist sowieso unwichtig. Und unmöglich. Wann haben Eltern je verstanden, worin der Unterschied zwischen ihnen und ihren Kindern besteht?
    Als Breinling-Beckenrath mit dem Versprechen, morgen um dieselbe Zeit zum Aufhängen da zu sein, geht, fängt Sig noch ein neues Bild an. An den beiden unfertigen weiterzuarbeiten will er nicht riskieren. Zu oft schon hat er Bilder ruiniert, wenn er nur noch Mut, aber

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