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Einsam, zweisam, dreisam

Einsam, zweisam, dreisam

Titel: Einsam, zweisam, dreisam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thommie Bayer
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keine Kraft und Konzentration mehr hatte. Inzwischen spürt er instinktiv, ob es noch für Feinheiten reicht oder ob er lieber einen Schritt zurückgeht und gegen die vorwurfsvolle Leere eines unberührten Blattes angeht, als im erwartungsvollen Chaos eines schon lebenden Bildes zu operieren.
    Irgendwann hopst die Katze wieder aufs Fensterbrett. Er bietet ihr Brekkies an, die sie begeistert aufißt. Nachdem sie alles ratzeputz leergefegt hat, putzt sie sich ausführlich, sagt «Danke» und flitzt mit fröhlich gebogenem Schwanz wieder in den sonnigen Frühlingsabend. Kein einziger Besucher kam in die Galerie.
    Kurz nach sechs beeilt sich Sig, die versprochenen Fischstäbchen zu holen. Als er zurückkommt, fällt ihm auf, daß er vergessen hat, Wein zu kaufen. Also noch einmal los.
    Zwei Flaschen Soave im Arm biegt er um die Ecke und sieht Regina auf der kleinen Brüstung vor dem Schaufenster sitzen. Er küßt sie neben die Mundwinkel. Ich muß aufpassen, denkt er, daß ich sie nicht für selbstverständlich halte, darf nichts erwarten, das sie mir vielleicht nicht geben will.
    Die letzten Stunden hat er an sie gedacht. Hat innerlich die ganze Bildersammlung, in der sie vorkommt, durchgeblättert. Das Malen ging automatisch, wie eine Nebenbeschäftigung.
    Es kommt ihm so vor, als könne er durch ihr Kleid sehen. Als hätte er jetzt die Röntgenbrille auf, die er sich als Kind so gewünscht hatte, wenn er die letzte Seite der Jerry Cotton-Heftchen studierte. Sie läßt sich in den Sessel fallen und setzt die Walkman-Kopfhörer auf.

T hat’s sort of my home», sagt Joe mit einer ausladenden Gebärde. Die hat er John Wayne abgeschaut. In irgendeinem Film sagte der «Das wird einmal alles dir gehören, mein Sohn». Oder war es Lorne Greene?
    Voula jedenfalls denkt, armer Kerl, wenn das dein Heim ist, als sie die traurige Kaschemme mustert. Aber sie läßt sich nichts anmerken und gibt ihm das «Wow» und das «Nice», das er erwartet.
    Er führt sie zur Theke und stellt sie dem Wirt vor. Seine Stimme klingt stolz. «Das ist Verna aus Illinois.» Als hätte er sie selbst gemacht.
    Das Schnakenloch ist fast leer. Nicht mal Happe und Stefan sind da, um sich die eine oder andere Stadtfahrt aus dem Portemonnaie zu saufen. Nur der fetzenhaarige Polarisationsforscher ist anwesend. Klebrig, tranig und fettig stiert er in sein Bier. Sofort spricht er Voula von der Seite an: «Du juh nou se diffrenz bitwihn Kätz an Dox?»
    Bevor sich Joe noch großartig als Beschützer aufspielen kann, antwortet sie schon mit einer Gegenfrage: «Do you know the difference between yourself?»
    «Bitwihn meiself?»
    «Yeah.»
    «Meiself and wot?»
    «And everethin’ else, honey. Are you sure to get all these drinks inside your face?»
    «Hä?»
    «lt’s allright. Keep an trying.»
    Daube Votze, denkt der Forscher und wünscht sich zurück nach Ulm, seiner Heimatstadt. Da waren die Ami-Mäuse irgendwie netter. Daube Votze, denkt er immer wieder, ganz, ganz daube Votze die.
    Voula bestellt ein Seven Up. Damit kann der Wirt nicht dienen. Tolle Frau, denkt er und stellt ihr ein Sprite hin. Das ist so ähnlich. Joe verlangt lässig ein «Bud, wie immer» und bekommt eine frisch vom Sixpack abgerissene Dose hingestellt.
    Etwa eine Viertelstunde lang läßt Voula die begeisterten Dämlichkeiten von Joe und dem Wirt über sich ergehen. Dann merkt sie, daß sie die koketten «Ouchs» und «Wows» nicht mehr lange durchhält, und sagt: «Well it’s time for mc to hit the road.»
    Joe besteht darauf, ihr Sprite zu bezahlen. Sie macht ihm die Freude, so zu tun, als fände sie das wahnsinnig nett von ihm. Als Abschluß der Sightseeing-Tour soll er sie noch zum Hotel bringen.
    Draußen wirft Joe einen Blick auf den Wagen und wird erst kalkweiß, dann violett im Gesicht. Sie folgt seinem Blick und sieht auf der Kühlerhaube einen großen schwarzen, mit der Spraydose applizierten Mercedesstern prangen. Der Stern ist von einem dicken Kreis umschlossen.
    Sie kann den Geruch der frischen Farbe riechen. Jetzt bemerkt sie auch das auf dem Kühler fehlende Original der hämischen Kopie.
    Den Schrei eines getroffenen Bisons ausstoßend, tritt Joe an das nächststehende Fahrrad, daß es krachend und scheppernd zwei weitere im Fallen mit sich reißt. Er rast um den Wagen, reißt die Fahrertür auf und startet blind vor Haß, ohne an die mindestens hundert Mark, die von der Tour mit Voula auf dem Taxameter stehen, zu denken. In einer schwarzen, stinkenden Dieselwolke

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