Einsame Herzen
ihres Nachbars zu klopfen, zog sich ihr Herz schmerzlich zusammen und ihr Magen verkrampfte sich.
Du hast keine Chance, den Winter hier oben zu überstehen, Mäuschen, das verspreche ich dir. In dieser rauen Wildnis kannst du ohne den Schutz eines Mannes nicht überleben.
Danielle ballte ihre behandschuhten Hände zu Fäusten bei der Erinnerung an Darkos Worte. Noch immer trieben sie ihr die Zornesröte ins Gesicht. Wäre sie ohne die Kinder auf dem Feuerberg gewesen, so hätte sie nun rechtsum Kehrt gemacht. Es ging jedoch nicht nur um sie. Es war eine Sache, sich selbst auf eine unfreiwillige Diät zu setzen, die Kinder da hineinzuziehen war etwas ganz anderes. Sie konnte nicht verantworten, dass Emma und Louise unter ihrem falschen Stolz zu leiden hatten.
Das Leben hier oben ist nichts für eine Frau. Schon gar nicht für eine Frau mit Kindern. Erst recht nicht, für eine Frau mit zwei Töchtern.
Danielle knirschte wütend mit den Zähnen. Wenn sie jetzt nicht sofort an diese elende Tür klopfen würde, würde sie nie mehr den Mut dazu aufbringen!
Sie hob die Hand und klopfte.
Nichts regte sich. Danielle lauschte angestrengt, doch im Hausinneren blieb es so still und stumm wie draussen im Schnee.
War ihr Klopfen etwa nicht gehört worden?
Sie versuchte es erneut. Ihr Herz raste in ihrer Brust, ihre Handflächen wurden feucht vor Nervosität. Ungeduldig wartete sie darauf, dass sich die Tür öffnete. Doch nichts dergleichen geschah.
Da kam ihr ein schrecklicher Gedanke. Was, wenn ihr Klopfen mit Absicht ignoriert wurde? Was, wenn man ihr und den Kindern jegliche Unterstützung verweigern würde? Was, wenn man im Frühjahr ihre Leichen entdecken würde?
Danielle wurde kalkbleich im Gesicht. Sie schnappte keuchend nach Luft, sog die raue Winterluft tief in ihre Lungen. Der Gedanke erschreckte sie so sehr, dass ihre Knie weich wurden vor Angst.
Als die Haustür plötzlich aufgerissen wurde, stiess Danielle ein erleichtertes Keuchen aus. Sekundenlang starrte Danielle direkt in Darkos kühle, blaue Augen. Doch schon löste sich Darkos Blick von ihr, schweifte in die Ferne, musterte prüfend die Landschaft, ganz so als fürchte er, hinter den Bäumen würde ein Tross von Banditen lauern, die Danielle anführte und die bereit waren, jeden Moment sein Haus zu stürmen. Als Darko nichts erkennen konnte, das ihn beunruhigte, kehrte sein Blick zu Danielle zurück. Er musterte sie kühl, forschend und abschätzend.
Sein Blick machte Danielle deutlich, dass er sich keinen Reim auf ihr Erscheinen machen konnte. Das Schweigen zwischen hielt an, zog sich in die Länge. Angespannte Sekunden verstrichen, während die Atmosphäre misstrauisch knisterte.
Danielle wusste, dass sie etwas sagen sollte, doch sie sie wusste einfach nicht, wie sie beginnen sollte. Was sollte sie sagen?
Bitte helfen sie mir!
Auf keinen Fall!
Ich weiss nicht mehr, was ich tun soll!
Klang auch nicht besser.
Oder:
Sie haben ja so recht gehabt!
Danielle stöhnte innerlich gequält auf.
Darko schwieg beharrlich, erkundigte sich noch nicht einmal danach, weshalb sie auf seiner Schwelle stand. Als er schliesslich doch zu sprechen ansetzte, sprach er kühl und abweisend.
"Nun? Wenn du mir nichts zu sagen hast, schliesse ich jetzt die Tür!"
"Nein, warten Sie!"
Hastig stellte Danielle einen Fuss in die Tür. Wieder versuchte sie zu sprechen, wieder wusste sie nicht, wie sie beginnen sollte. Verzweifelt rang sie um Worte.
Darko wartete, doch mit jeder Sekunde wurde er ungeduldiger. Seine Stirn legte sich in anklagende Falten.
"Bitte", hauchte Danielle schliesslich. Sie legte ihre behandschuhten Hände ineinander und presste sie fest zusammen, eine Geste, mit der sie unbewusst ihre Bitte untermalte.
"Bitte, was?", herrschte Darko kühl.
"Ge... Gehen Sie in der nächsten Zeit vielleicht jagen?"
Er zuckte nur die Schultern. "Vielleicht."
Wieso musste er es ihr so schwer machen? Wollte er sie etwas betteln sehen? Ja, ganz bestimmt! Schliesslich hatte sie seinen Rat, ihre Sachen zu packen und fortzuziehen, nicht befolgt. Nun wollte er ihre Misere richtig auskosten.
"Könnten Sie..." Danielle brach ab, strich sich nervös mit der Zunge über die Lippen. "Könnten Sie für mich auch etwas ... erlegen?"
Darko hob die Augenbrauen. Zuerst starrte er sie nur stumm an, dann verzog er verächtlich den Mund.
"Was soll das? Bin ich der verdammte Supermarkt oder was?"
Besass dieser Mann denn kein
Herz
?
"Bitte", wisperte Danielle nur. Sie blickte Darko aus ihren grossen
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