Einsame Herzen
erklärt auch deine Leichtsinnigkeit. Du bist noch grün hinter den Ohren, Mäuschen", sagte er.
Er besass die Frechheit, seine Worte mit einem meckernden Auflachen zu unterstreichen! Danielle knirschte mit den Zähnen.
"Was fällt Ihnen eigentlich ein? Lassen Sie mich los, auf der Stelle! Wenn Sie mich jetzt nicht sofort loslassen..."
Er beugte den Kopf zu ihr hinunter, schob seine Nasenspitze dicht an die ihre. Danielle unterbrach sich und musterte ihn aus grossen, unsicheren Augen.
"Deine Drohungen hört hier niemand, Mäuschen. Hier hört dich überhaupt niemand. Deshalb verlange ich, dass du diesen Ort sofort wieder verlässt. Nimm deine Kinder und verzieh dich, hörst du?"
Danielles Körper spannte sich an, wurde so hart und steif, dass er beinahe schmerzte.
"Sie sind die unverschämteste, dreisteste und frechste Person, die mir je..."
"Genug. Ich weiss, wer ich bin, Mäuschen. Ein unerfahrenes Ding wie du braucht mir gar nichts zu sagen."
Danielle öffnete entrüstet den Mund, doch bevor sie dazu kam, einen Protestschwall auszustossen, ergriff Darko wieder das Wort.
"Ich glaube, ich war nicht deutlich genug. Das Leben hier oben ist nichts für dich, nichts für eine alleinstehende Frau. Die Berge sind gnadenlos, auch wenn es im Sommer nicht so scheint. Der Winter hier oben ist eisig, kalt und ohne jedes Mitleid. Du hast keine Chance, den Winter zu überstehen, Mäuschen, das verspreche ich dir. Und auch wenn du es mit viel Glück schaffen solltest, was du nicht tun wirst, vergiss nicht all die einsamen Wölfe, die vor deiner Tür lauern, um dein Haus streifen und nur auf den richtigen Moment warten, um in dein Heim zu dringen. Und mit Wölfen meine ich keine Tiere, Mäuschen, sondern Männer."
Darko riss den Mund auf und fletschte die Zähne.
Danielle stiess einen Angstschrei aus. Sie erschrak dermassen, dass sie kein Wort über die Lippen brachte.
"In dieser rauen Wildnis kannst du ohne den Schutz eines Mannes nicht überleben. Wir befinden uns hier nicht auf politischem Parkett. Niemand hier versteckt sein wahres Ich hinter verführerischen Worten und einem trügerischen Lächeln."
Oh, ja, wenigstens in diesem Punkt stimmte sie ihm vollkommen zu!
"Deshalb sage ich zum letzten Mal: Pack deine Sachen, nimm deine Kinder und verschwinde von hier, verdammt nochmal!"
Wenn er glaubte, sie herumkommandieren zu können, wie einen Fusssoldaten, so hatte sich der gute Darko Coda aber schwer getäuscht!
Sie hatte nicht auf Darko gehört.
Danielle blinzelte, als sie langsam aus ihrer Erinnerung auftauchte und in die Gegenwart zurückkehrte. Sie stand noch immer in der Küche, den Blick auf die tanzenden Schneeflocken gerichtet.
Erst jetzt merkte sie, dass sie die Kante der Anrichte umklammerte, dass sich ihre Finger verzweifelt um die Anrichte schlossen und diese so fest umschlungen hielten, dass ihre Knöchel weiss hervortraten.
Sie hatte Darko damals deutlich gemacht, dass sie nicht im Traum daran dachte, seinen "Wunsch" zu befolgen. Nach einem weiteren, heftigen Wortwechsel war er wutentbrannt aus ihrem Haus gestürmt.
So viel zu ihrer ersten und einzigen Begegnung mit Darko Coda. Sie hatte ihn in Gedanken als Chauvinist und Sexist abgestempelt. Es war ihr nur recht gewesen, dass sie ihm seit ihrer unfreiwilligen Begegnung im August nie mehr begegnet war. Ihr einziges Gespräch mit Darko, falls man es so nennen wollte, lag bald vier Monate zurück. Seither hatte sie ihn ab und zu von ihrem Haus aus beobachtet, hatte in der Ferne seine Silhouette ausgemacht und hatte ihren Beobachtungen entnommen, dass er im Haus zu ihrer rechten nahe dem Waldrand wohnte.
Ihre Wege hatten sich glücklicherweise nie mehr gekreuzt. Darko war nie mehr in ihr Haus eingedrungen, hatte sie nie mehr belästigt. Immer, wenn sie einen Spaziergang gemacht hatte, hatte sie einen grossen Bogen um sein Haus gemacht. Die Strategie, Darko aus dem Weg zu gehen, hatte sich bewährt. In all den Wochen, die sie inzwischen auf dem Feuerberg verbracht hatte, hatte sie nichts mehr mit Darko zu tun gehabt.
Danielle hatte die Begegnung mit Darko verdrängt, hatte sie vergessen wollen. Dies war ihr auch ganz gut gelungen, jedenfalls im Spätsommer und im Herbst. Doch jetzt, wo sich ihre Lebensmittel zu Ende neigten und sie keinen Weg sah, wie sie ihre Vorräte aufstocken konnte, wanderten ihre Gedanken unwillkürlich zu Darko Coda zurück.
Der Winter hier oben ist eisig, kalt und ohne jedes Mitleid
, hörte sie ihn wieder sagen. Danielle presste fest die
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