Einstein, Quantenspuk und die Weltformel (German Edition)

in eine Betonmauer fahren, wird sich der Schaden an der Mauer in Grenzen halten. Wenn Sie dagegen mit fünfzig Stundenkilometern in die Mauer fahren, wird je nach Konstruktion das Auto oder die Mauer abbruchreif sein. Sie können aber auch mit einem Auto, das mit zehn Stundenkilometern fährt, denselben Schaden anrichten wie bei fünfzig Stundenkilometern, in dem Sie die Masse des Autos erhöhen. Wenn beispielsweise ein Lastwagen mit dem mehrfachen Gewicht eines Autos mit zehn Stundenkilometern in die Betonmauer fährt, wird der Schaden ebenfalls beträchtlich sein. Mit diesem Wissen lässt sich auch der scheinbare Widerspruch zwischen der harmlosen Einschätzung des Meteoriten durch den Astronauten und dem folgenschweren tatsächlichen Einschlag erklären. Der Meteorit erschien dem Astronauten verkleinert und verlangsamt, dafür hätte er merken müssen, dass dieser über sehr viel Masse verfügt. Je schneller sich ein Körper bewegt, desto mehr Masse hat er. Durch die erhöhte Masse wiederum ist der gewaltige Einschlag auch aus der Sicht des Astronauten erklärbar und damit ist die Theorie in sich wieder geschlossen und konsistent. Denn wir wissen ja: Die Ereignisse an und für sich sind in allen Bezugssystemen gleich verheerend. Der Meteoriteneinschlag muss aus Sicht des Astronauten im Endeffekt dieselbe vernichtende Wirkung entfalten wie aus Sicht der Weltraumbehörde, die das Geschehen mit einem Teleskop beobachtet. Der Meteorit hat aus der Sicht des Astronauten aber mehr Masse, da er sich relativ zum Meteoriten schnell bewegt. Durch die höhere Masse wird aus Sicht des Astronauten die mit der Zeitdilatation verbundene langsamere Absturzgeschwindigkeit des Meteoriten auf den Mond kompensiert. Etwa so, wie Sie mit einem Lastwagen bei geringerem Tempo denselben Schaden anrichten können wie mit einem Sportwagen bei hohem Tempo. Die relativistische Massenzunahme sollte man sich nicht vorstellen wie eine herkömmliche Masse, die man mit einer Waage in einem Gravitationsfeld messen kann. Vielmehr handelt es sich dabei um Bewegungsenergie, die auch als Masse verstanden werden kann. Denn Masse und Energie sind im Prinzip dasselbe und können ineinander umgewandelt werden, wie Einstein es in der speziellen Relativitätstheorie mit „e=mc 2 “ auf den Punkt gebracht hat.
2.1.8 Einsteins Formel „E = mc 2 “
    Es ist die wohl berühmteste Formel der Welt und wenn es am Stammtisch darum geht, den Bau der ersten Atombombe zu ergründen, wird sie gerne zitiert, um Einstein als deren Erfinder zu geisseln. Auch in anderen Kreisen wird immer wieder gerne erklärt, dass diese Formel das Atomzeitalter eingeläutet und den zweiten Weltkrieg entschieden habe. Sie ist in aller Munde, diese Formel, und es erstaunt, wie sehr eine mathematische Gleichung im Volksmund auf offene Ohren stossen kann, wenn man sie mit einer dunklen Legende und ein paar Emotionen verknüpft. Tatsächlich weiss kaum einer, was sich hinter dieser Formel wirklich verbirgt, geschweige denn, was die einzelnen Buchstaben überhaupt bedeuten. Sie verschlüsseln nämlich keinen Bauplan zu einer Nuklearwaffe. Sonst wären die Aufrüstungsbestrebungen zahlreicher Staaten bestimmt nicht über Jahrzehnte im Sand verlaufen. Etwas oberflächlich betrachtet ist der Formel sogar eine grössere Nähe zu einer Antimateriebombe zuzurechnen als zu einer Atomwaffe. Einer Massenvernichtungswaffe also, die es heute höchstens in Dan Browns Büchern gibt und die hoffentlich nie gebaut werden kann 15 .
Was aber bedeutet E = mc 2 wirklich?
    Erstens besagt diese Gleichung, dass Materie und Energie auf demselben Prinzip basieren. Sie sind äquivalent zueinander. Oder anders ausgedrückt: Energie und Materie sind fundamental betrachtet dasselbe. Die Natur kennt keinen wesentlichen Unterschied zwischen einem Feuer und einem Stein. Gut, mit einem Stein lassen sich keine Würste braten und mit einem Feuer keine Scheiben einschlagen. Da sind wir uns einig. Die Formel besagt aber auch, dass sich ein Stein prinzipiell in ein Feuer umwandeln lässt und ein Feuer in einen Stein. Und die Formel gibt an, wie viel Energie ein ruhender Stein besitzt und wie viel Masse ein Feuer.
    Vielleicht erstaunt Sie die fundamentale Gleichheit von Energie und Masse. Vielleicht auch nicht. Diese drei Buchstaben veränderten jedenfalls die Welt. Vielleicht waren Sie sogar der Grundstein zur Weltformel, die versucht, alle Naturgesetze zu erfassen und in einer Gleichung zu vereinen. Der Gedanke, dass sich die