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Einstein überquert Die Elbe Bei Hamburg: Erzählungen

Einstein überquert Die Elbe Bei Hamburg: Erzählungen

Titel: Einstein überquert Die Elbe Bei Hamburg: Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siegfried Lenz
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aufzudecken?
      HENRY: Nüsse knabbern? Warum nicht? Warum soll man bei einem Geständnis keine Nüsse knabbern? Ich finde es sogar sehr angebracht... erstens beruhigt es, zweitens nimmt es dem Augenblick jegliches Pathos.
      ANNE: Werden wir ihnen sagen, warum wir sie eingeladen
    haben?
    HENRY: Das wird sich wohl ergeben - früher oder später.
      ANNE: Und wenn sie es in den falschen Hals bekommen? Was dann?
      HENRY: Dann... Ich vermute, dann wird sich der Abend nicht sehr lange hinziehen.
      ANKE: Hör zu, Henry... Meine Gäste sind Mitte sechzig... verheiratet... sie heißen Jacobson.
      HENRY: Warum sagst du das?
      ANNE: Weil ich es will... Weil ich nichts dem Zufall überlassen möchte - und weil wir auch an sie denken müssen.
      HENRY: Du bist ungeduldig, Anne.
      ANNE: Ich bin nicht ungeduldig.
      HENRY: Dann hast du ein schlechtes Gewissen... auf einmal...
      ANNE: Nein. Ich habe auch kein schlechtes Gewissen... Die Leute, die ich eingeladen habe , . . Du weißt ja nicht, was geschehen ist... Fair... nach allem muß ich einfach fair sein.
      HENRY: Späte Entdeckung, oder? Als du die Schnittchen gemacht hast, dachtest du noch nicht an das Risiko,
      ANNE: Der Mann, Henry, der gleich zu uns kommen wird...
      HENRY:... in einer halben Stunde erst...
      ANNE:... den ich mit seiner Frau eingeladen habe... Du weißt es nicht, woher auch?
      HENRY: Du verstößt gegen die Spielregeln.
      ANNE: Nein. Das Spiel hat aufgehört... Jetzt brauchen wir Regeln für den Ernstfall.
      HENRY: Ernstfall? Du sagtest: Ernstfall?
      ANNE: Dieser Mann kann es dir bestätigen, Henry... ich bin zu ihm gegangen... an einem Abend... um ihn zu töten.
      HENRY: Was du nicht sagst... Darf man fragen, welche Todesart du für ihn ausgesucht hattest?
      ANNE: Der einzige Mensch, den ich töten wollte.
      HENRY: Aber doch nur vorübergehend, nur so ein bißchen, hoffe ich.
      ANNE: Du kommst dir wohl sehr überlegen vor... aber du wirst dich wundern... Du wirst dich noch wundern, Henry... Er wird dir alles bestätigen.
      HENRY: Zumindest verstehe ich, warum du nie darüber gesprochen hast.
      ANNE: Vater... Mein Vater, Henry, ist nicht gestorben.
      HENRY: Nicht?
      ANNE: Er hat Selbstmord verübt...
      HENRY: Ich war damals auf einem Übersetzer-Kongreß in Belgrad.
      ANNE: Du warst gerade auf einem Übersetzer-Kongreß, ja. Wir haben dir nicht telegraphiert... Vater ist nicht einfach gestorben... Er hat sich erhängt... Er sah keinen Ausweg mehr, da hat er das getan... Gib mir noch ein Stück Eis... Ja... Es sind jetzt sieben Jahre her... Du sagst nichts?
      HENRY: Draußen klappte eine Autotür. Ich wollte nur mal nachsehn.
      ANNE: Erinnerst du dich noch an die Zeile? Du hast sie mir vorgelesen: Der sicherste Besitz, den uns niemand bestreitet, sind unsere privaten Friedhöfe.
      HENRY: Warum, Anne, warum hat dein Vater Selbstmord verübt?
      ANNE: Wir hatten ausgemacht, uns nichts zu ersparen... mit unseren Einladungen, meine ich.
      HENRY: Also?
      ANNE: Er wird's dir bestätigen... nachher... Jacobson... So wie er's mir bestätigt hat... Vater war nicht der Mann, für den wir ihn hielten - nicht der kleine Einzelgänger, auf den die Großen es abgesehen hatten... Er war es nicht.
      HENRY: Aber es war sein Geschäft..?
      ANNE: Geschäft? Wenn du das ein Geschäft nennen willst... Eine Bude... eine Höhle... eine Annahmestelle für Wetten war es, wo die Kerle mit dem Hut auf dem Kopf herumstanden und in den Zähnen stocherten... Geschäft... Bei diesen Leuten war
    Vater beliebt... Ihnen gab er Tips - und sie gaben ihm Tips...
    HENRY: Und dein Gast Jacobson - war einer von ihnen...
      ANNE: Nein. Der Mann, den ich eingeladen habe, gehört nicht zu ihnen... Ich weiß nicht, wie es heute ist. Damals jedenfalls gehörten ihm alle Wettannahmestellen hier in der Stadt... alle.
      HENRY: Bis auf eine.
      ANNE: Sie haben meinem Vater Verkaufsangebote gemacht...
    Er konnte sich nicht davon trennen.
      HENRY; Er hat doch selbst gewettet... Wenn ich nicht irre, war er einer seiner besten Kunden. Oder?
      ANNE: Vater hatte die sichersten Tips... er kannte die Stammbäume aller Pferdefamilien... der berühmtesten wenigstens... wie oft hat er mich angepumpt... Oh, Henry... wie zärtlich er sein konnte, wie vergnügt, wenn er sich bei uns Geld pumpte.
      HENRY: Unter uns: er hat auch mich angepumpt, Anne. Wir waren noch nicht einmal verheiratet.
      ANNE:

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