Eis und Dampf: Eine Steampunk-Anthologie (German Edition)
Titel:
Eis und Dampf: Eine Steampunk-Anthologie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Mike Krzywik-Groß
,
Torsten Exter
,
Stefan Holzhauer
,
Henning Mützlitz
,
Christian Lange
,
Stefan Schweikert
,
Judith C. Vogt
,
André Wiesler
,
Ann-Kathrin Karschnick
,
Eevie Demirtel
,
Marcus Rauchfuß
,
Christian Vogt
der Doktor Roderer, unser Bordarzt, hat denen dann die ganzen Mittelchen gegeben, die er auch unseren Leuten die Woche zuvor gegeben hatte. Dem einen von den Tepanek ging es dann auch schon wieder besser, und der älteste Kapitän hat dann auch die anderen Kranken zu uns geschickt, aber der eine von denen ist in der Nacht im Fieberwahn ins Wasser gelaufen und ertrunken. Am nächsten Morgen brach die Hölle los. Zuerst haben alle Kapitäne versucht, die Mannschaften zu beschwichtigen, aber einer von uns hat dann mit einem von denen das Raufen angefangen, da war es vorbei mit der Beschwichtigung.
Im Kampf mit den Tepanek sind die meisten Mitglieder der Besatzung gefallen. Wir hatten keine Chance. Die Krieger haben sich mit ihren Beilen und Keulen auf uns gestürzt. Der Kapitän hat zweimal geschossen, ehe er niedergestreckt wurde, und die Tepanek haben seine Pistolen und sein Pulverhorn mitgenommen. Nur Gorten, Halber, Struwe und ich sind übrig, wir konnten uns ins Gehölz retten. Drei Tage haben wir uns versteckt, bis Struwe sah, dass die Schiffe der Tepanek nach Westen abdampften. Wir haben die vorher jede Nacht husten gehört, da sind noch einige ziemlich krank geworden.
Wir werden versuchen, die Vinlandsucher heim nach Spanien zu steuern, sollten wir dazu zu wenige sein, bauen wir ein Floß. Möglicherweise sind wir zurück, ehe diese Flaschenpost gelesen wird, möglicherweise sind wir am Grund des Ozeans oder wir sitzen noch immer hier auf dieser Insel.
Wer immer diese Nachricht findet, bitte sorge dafür, dass sie zur Familie Lœrssen nach Bremen gelangt.
Der alte Archivar glättete das wellige Papier und steckte es vorsichtig in einen festen, gestempelten Umschlag. Kaiserliches Marinearchiv, 14. September 904 A. N.
Der Umschlag verschwand hinter einer quietschenden Schranktür. Als der Archivar das Licht in dem kleinen, muffigen Raum löschte, fragte er sich, was wohl aus den Schiffbrüchigen geworden war.
Freiheit für Rumelien!
von Christian Vogt
F reiheit für Rumelien! Im Namen des einzig wahren Gottes!
Das ist ihr einziges, eigentliches und gerechtes Streben. Ihr Lebenssinn. Gottes Willeist augenfällig, sein Beistand für ihre Sache ist gewiss, und daher ist jedes Mittel recht.
Ælfred Nobels Erfindung ist eines dieser Mittel – vielleicht das wirkungsvollste.
Die Bombe hatte Soldaten auf dem Weg in den Heimaturlaub getötet. Aber natürlich waren auch Zivilisten unter den Opfern gewesen. Dutzende Frauen und Kinder waren unter den Verletzten und Getöteten. Sie gehörten zum selben Volk wie die Terroristen und waren unbewaffnet gewesen. Das hieß aber nicht, dass sie unschuldig waren.
Es war keine Minderheit der Rumelier, die sich mit den Besatzern arrangiert hatte. Sie ließen die Fremden in ihre Läden, ihre Betten und ihre Köpfe. Manche nahmen gar die falsche Religion der Ungläubigen an. Das war schlimmer als unwissende Gottesleugnung – das war Verrat und Ketzerei, und daher wurde der Tod der Landsleute in Kauf genommen.
Die Besatzer hatten sich das hübsch ausgemalt. Sie brachten die exotischen Waren und Errungenschaften ihres Volkes und tauschten sie gegen Gehorsam. Rumelien galt als Schmelztiegel von Orient und Okzident. Eine moderne Alhambra.
Aber die Gotteskrieger würden sich nicht kaufen lassen! Sie standen treu zur heiligen Schrift und ihren Überlieferungen. Dennoch lachte die Welt über sie, ihre Treue zu Gott und ihre fehlendes Vertrauen in Aufklärung und Wissenschaft. Relikte aus einer alten Zeit.
Aber waren diese Spötter nicht ebenso Götzenanbeter, die ihr Haupt vor den Dämonen der Technik neigten, wie die Heiden der Antike vor SEINEM Kommen die Geister in Bäumen und Idole in Tempeln angebetet hatten?
Die Gotteskrieger führten diesen Kampf schon lange. Nach dem Untergang der Hauptstadt zweihundert Jahre zuvor war das Ende des stolzen Reichs ihrer Vorfahren besiegelt gewesen. Der Feind hatte die Wälle und Befestigungen nach monatelanger Belagerung überrannt. Das Entsatzheer hatte die Stadt zu spät erreicht und unverrichteter Dinge wieder abziehen müssen, und so streckten die siegreichen Besatzer ihre Finger nach und nach über das ganze Land aus, und ihr Griff sitzt heute fest.
Der Widerstand wurde erstickt, aber nicht alle waren bereit, den wahren Glauben aufzugeben, das Heimatland abzuschreiben.
Die unwegsamen Berge boten den Standhaften Schutz. In jedem Tal, in jeder Schlucht lauerte der Tod auf die Patrouillen der Feinde. Ein ewiges Ringen, seit
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