Eisige Naehe
ist, vielleicht, aber ganz bestimmt nicht jetzt. Die vom VS wollen schnellstmöglich Ergebnisse haben. Ich habe keine Lust, mich mit denen anzulegen, das könnt ihr bestimmt verstehen. So, jetzt lasst mich bitte allein.«
»Nur noch eins: Du hast vorhin am Telefon gesagt, dass du die DNA gefunden hast.«
»Ja, und das macht es für mich definitiv zu einem Mord. Bruhns, Steinbauer, Klein und jetzt Freier, alles dieselbe Handschrift. Euer Täter hat sich nicht auf eine Tötungsart spezialisiert, ich würde fast behaupten, er beherrscht alle Formen des kunstvollen Tötens.« »Kunstvoll?«, stieß Santos entsetzt hervor. »Ja, kunstvoll«, entgegnete Jürgens ungerührt. »Gut, nehmen wir Klein mal raus, dann bleiben immer noch Bruhns, Steinbauer und Freier. Er ist auf seinem Gebiet ein Künstler, der sein Handwerk aus dem Effeff beherrscht. Wenn ihr mich jetzt bitte entschuldigen würdet.« »Klar. Danke, dass du überhaupt mit uns gesprochen hast.«
»Gern geschehen.«
Auf dem Weg zu ihrem Wagen sagte Santos mit nachdenklicher Miene: »Warum lichtet jemand die Reihen des VS oder bringt Leute um, die für den VS tätig waren? Was ist sein Motiv?«
»Lisa, darüber zerbrechen wir uns doch schon die ganze Zeit den Kopf. WIR WISSEN ES NICHT! Vielleicht erfahren wir ja von Albertz mehr, wenn wir ihn mal so richtig durch die Mangel drehen.«
»Dann auf zu ihm. Aber wir lassen die Standheizung laufen, ich habe keine Lust, mir den Hintern abzufrieren. Scheißwetter! Können wir nicht noch wenigstens eine Stunde warten? Wir haben gerade mal kurz vor halb drei.« »Klar doch.«
DONNERSTAG, 14.35 UHR
Hans Schmidt hatte sich vier Minuten länger Zeit genommen, er wollte nicht auf die Sekunde genau bei Albertz erscheinen. Die Straße lag wie ausgestorben, als er den Zeigefinger auf den Klingelknopf legte. Das Tor ging auf, ohne dass sich jemand gemeldet hätte. Kurz bevor er die Haustür erreichte, wurde diese geöffnet, und Albertz stand mit einem jovialen und erwartungsfrohen Lächeln in der Tür.
»Treten Sie ein und präsentieren Sie mir Ihre Schätze, oder, besser gesagt, öffnen Sie Ihre Schatztruhe!« Er deutete auf die Aktentasche.
»Es tut mir leid, dass ich mich verspätet habe, aber ich musste an einigen Ampeln doch etwas länger warten.« »Herr Schmidt, ich bitte Sie, ich habe das überhaupt nicht gemerkt. An manchen Tagen ist das tatsächlich wie verhext, man kommt einfach nicht durch«, erwiderte Albertz und dachte: Was für ein Trottel, der hätte wirklich Buchhalter werden sollen. Möchte nicht wissen, wie das bei ihm zu Hause aussieht, wahrscheinlich bügelt der auch seine Unterhosen und Socken oder lässt sie bügeln. »Nun kommen Sie schon, Sie kennen sich doch hier drinnen aus. Gehen wir dorthin, wo sich ein kostbares Buch am wohlsten fühlt, in die Bibliothek.«
Schmidt sah Albertz' Frau Roberta in der Küche hantieren, ein Rasseweib, keine Frage, auch wenn sie nicht seinem Geschmack entsprach. Sie hatte nicht die elegante, feine Ausstrahlung Marias oder Sarahs, sie war ihm etwas zu laut, vielleicht ein wenig ordinär, was jedoch täuschen konnte, denn er hatte schon einige Brasilianerinnen kennengelernt, die in ihrem Herzen anders waren, als sie sich nach außen hin gaben: liebevoll, sanft, voller Gefühl und Wärme. Wahrscheinlich ist Roberta auch so, dachte er.
»Nehmen Sie Platz.« Albertz deutete auf die kleine Sitzgruppe mit dem runden Holztisch aus dem neunzehnten Jahrhundert. »Meine Frau wird uns gleich den Kaffee servieren.«
»Danke, für mich keinen Kaffee, davon werde ich immer sehr unruhig. Ein Glas Wasser oder ein Pfefferminztee wären mir lieber, falls es Ihnen keine Mühe macht.« »Kein Problem, wir haben sowohl das eine als auch das andere. Einen Moment, bitte.«
Albertz verließ den Raum und kehrte wenig später zurück.
»Meine Frau wird gleich kommen, wenn der Pfefferminztee fertig ist. Kann ich sonst noch etwas für Sie tun, bevor wir zum interessanten Teil des Nachmittags kommen?«
»Nein danke, ich möchte Ihre Zeit nicht über Gebühr in Anspruch nehmen«, antwortete Schmidt zurückhaltend und klammerte sich an seine Aktentasche, als wäre darin der Heilige Gral versteckt.
Es klopfte, und Roberta Albertz trat mit einem Silbertablett ein, auf dem ein Kännchen Kaffee, ein Kännchen Tee sowie zwei Tassen und eine Schale mit Gebäck waren. Sie begrüßte Schmidt freundlich mit gedämpfter Stimme, stellte die Sachen ab und wollte mit dem Tablett wieder nach
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