Eisige Naehe
wurde.« »Quanto costa?«, fragte Albertz mit einem leichten Schmunzeln, denn er witterte ein ganz besonderes Geschäft.
»Nicht ganz billig, das können Sie sich ja vorstellen, aber mein Kunde hat mir einen großen Verhandlungsspielraum eingeräumt, da er in finanziellen Schwierigkeiten ist. Natürlich gibt es eine Untergrenze, unter die ich auf gar keinen Fall gehen kann. Jetzt will ich Sie aber nicht länger aufhalten ...«
»Nein, nein, Sie halten mich nicht auf, Sie wissen doch, dass ich schon lange auf der Suche nach einem Swift bin. Haben Sie das Buch zufällig hier?«, fragte Albertz mit jenem gierigen Funkeln in den Augen, das Schmidt schon ein paarmal bei ihm gesehen hatte, doch nie so ausgeprägt wie jetzt, vor allem da er wusste, wer Albertz wirklich war.
»Ich muss es aus dem Banktresor holen. Es würde ungefähr eine halbe Stunde dauern.«
»Gut, dann kommen Sie doch in einer halben Stunde vorbei. Ich sage meiner Frau, dass sie uns Kaffee und Gebäck servieren soll, und dabei habe ich dann genug Gelegenheit, mir den Swift anzusehen.«
»Sie werden es nicht bereuen. In einer halben Stunde. Ich habe übrigens noch einen zweiten Swift von meinem Klienten, A Modest Proposal. Möglicherweise interessiert Sie das ja auch.«
»Selbstverständlich«, stieß Albertz hervor. »Auch ein Original?«
»Herr Albertz, ich verkaufe nur Originale, wie Sie doch auch in Ihren Galerien. Ich persönlich würde A Modest Proposal sogar noch als etwas wertvoller einstufen, aber Sie sollten sich selbst ein Bild davon machen, Sie sind ja ein Kenner.«
»Bringen Sie's mit. Ich bin sehr gespannt.« Schmidt ging nach Hause und steckte zwei gut verpackte Bücher in eine braune Lederaktentasche, die er vor zwanzig Jahren von Sarah Schumann zu seinem Geburtstag geschenkt bekommen hatte, ein sehr wertvolles Stück, das er wie seinen Augapfel hütete.
Er wartete noch ein paar Minuten, legte ein dezentes Eau de Toilette auf, das seine Unscheinbarkeit noch unterstrich, bürstete sich noch einmal durchs Haar, überprüfte seine Waffe, zog seine Jacke wieder an und machte sich auf den Weg zu Albertz. Es würde ihre letzte Begegnung sein, es würden überhaupt der letzte Tag, die letzten Stunden oder auch nur Minuten für Albertz sein.
DONNERSTAG, 13.55 UHR
Sören Henning und Lisa Santos hatten sich gut zwei Stunden in dem Restaurant aufgehalten, sie hatten nach dem Essen über Albertz und Sarah Schumann gesprochen, über den Anruf von Professor Jürgens und all die offenen Fragen, die mit ihrem Fall, der streng genommen gar nicht mehr ihr Fall war, zusammenhingen. Sie hatten vergeblich versucht, Verbindungen herzustellen. Lisa Santos ging es wieder besser, sie hatte gut gegessen, das kurzzeitige Tief war überwunden. Um halb zwei hatten sie das Restaurant verlassen und waren in die Bismarckallee gefahren und parkten an einer Stelle, von der aus sie sämtliche Häuser rings um den Kreisel gut im Blick hatten. Sie suchten sich eine Stelle, von der aus sie die Einfahrt und das Tor beobachten konnten, ohne selbst gesehen zu werden. Sie beschlossen jedoch schon nach wenigen Minuten, mit der Observierung noch nicht zu beginnen, er würde ohnehin noch nicht zu Hause sein, sondern erst noch einmal ins Präsidium zu fahren und mit Harms zu sprechen.
Harms war nicht in seinem Büro, und keiner konnte ihnen sagen, wo er sich aufhielt. Da sein Schreibtisch aufgeräumt und das Fenster geschlossen war, vermuteten Henning und Santos, dass er sich in der Klinik bei seiner todkranken Frau befand und heute auch nicht mehr an seinen Arbeitsplatz zurückkehren würde. Sie wollten ihn auch nicht anrufen, er hatte wahrlich andere Sorgen als seine Arbeit. »Wir schaffen es auch ohne ihn«, sagte Santos. »Da dachten wir, er hätte sich verändert, dabei muss er sich auf den Tod seiner Frau vorbereiten. Ich stelle mir das entsetzlich vor.«
»Ich möchte gar nicht darüber nachdenken, solche Sachen machen mir Angst.«
»Hast du Angst vor dem Tod? Darüber haben wir noch nie gesprochen.«
»Ich weiß es nicht. Nicht vor dem Tod, eher vor dem Sterben. Ich will nicht dahinsiechen, es soll schnell gehen. Ach Scheiße, lass uns über was anderes reden. Ich bin heute sowieso mit den Nerven am Ende.« »Vorhin war ich es, jetzt bist es du ...« »Ist schon wieder vorbei. Wir sind doch beide stark, oder?« »Sind wir. Was hältst du davon: Wir arbeiten noch bis zum Wochenende an dem Fall, wenn wir dann immer noch auf der Stelle treten, ziehen wir uns
Weitere Kostenlose Bücher