Eisige Naehe
den Kopf an seine Schulter.
»Ich weiß es nicht, vielleicht. Ich will Maria nicht weh tun, aber mein Leben wird sowieso nie gerade verlaufen... Ich liebe sie über alles, aber ich liebe auch dich.« »Ehrlich?«, fragte sie etwas ungläubig, und doch war da ein Funkeln in ihren Augen.
»Ehrlich. Du weißt, ich mag kein Pathos, aber ich kenne dich zu lange, als dass ich jetzt einen radikalen Schnitt machen könnte. Versuch jedoch nie, mich für dich allein zu gewinnen, dann bin ich weg.«
»Das würde ich nie tun. Danke, dass du mir das gesagt hast, es gibt mir Hoffnung. Wie lange wirst du noch in Kiel bleiben?«
»Sonntag, vielleicht Montag.«
»Ich würde mich freuen, wenn wir die Zeit gemeinsam verbringen könnten. Danach werde ich für eine längere Zeit unterwegs sein, Atlanta und Auckland. Was hält mich hier? Anschließend komme ich nach Lissabon, einen guten alten Freund besuchen. Ich will schließlich seine Angebetete kennenlernen.«
»Ich bete sie nicht an, ich liebe sie. Und ich werde sie heiraten.«
»Ich weiß. Und doch wirst du immer ein Teil von mir sein. Bleibst du heute Nacht?«
»Wenn du nichts dagegen hast«, antwortete Schmidt schmunzelnd.
»Schön. Ich bin so froh, dass alles vorbei ist.« »Ich auch. Ich habe mir geschworen, nie wieder eine Waffe anzurühren. Ich werde sie alle wegschließen und nur noch für meine Restaurants da sein und Expertisen erstellen. Ich mag und kann so nicht mehr weiterleben.« »Das klingt wunderbar. Du hast noch so viele Jahre vor dir ... Weißt du was, ich koche uns einen Tee, und wir reden einfach. Einfach nur so über dies und das. Einverstanden ?« »Einverstanden.«
FREITAG
FREITAG, 8.15 UHR
Die Meldung vom KDD traf um Viertel nach acht ein. Ein gewisser Karl Albertz war am Abend zuvor um kurz vor halb zehn von seiner Frau tot in der Bibliothek gefunden worden. Zwei Einschüsse in Kopf und Brust. Er war laut Arzt sofort tot gewesen. »Sollen wir uns darum kümmern?«, fragte Henning. »Aber nur kurz. Wir vernehmen die Frau und damit basta. Wir wissen ja, was abgelaufen ist. Vorher will ich bei Klose und bei Noll vorbeischauen.« »Was willst du von denen?«
»Erinnerst du dich nicht an die Worte unseres Unbekannten von gestern Abend?«, fragte Santos und lächelte vielsagend.
»Ich frage mich, wie wir das anstellen sollen.« »Das werden andere für uns erledigen. Rüter darf nicht ungestraft davonkommen. Wenn der Kopf abgeschlagen ist, kehrt zumindest für eine Weile Ruhe ein. Denk daran, es geht um Kinder und Frauen. Nur werden wir bei den Aktionen nicht in Erscheinung treten. Unsere Namen werden nicht einmal erwähnt werden. Rüter wird mit seinen eigenen Waffen geschlagen, das Letzte, womit er rechnet. Ein Bauerntrick.«
»Wenn du meinst, dass das funktioniert«, sagte Henning zweifelnd.
»Es wird funktionieren. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Noll und Klose uns ihre Hilfe verweigern. Lass es uns wenigstens versuchen.«
Sie verbrachten den Vormittag erst bei Noll, dann bei Klose, die beide ihre Kooperation zusicherten. Letzterer verlangte, dass Henning und Santos sich aus allem heraushalten sollten. Sie versprachen es, denn sie wollten nichts, als Rüter die Macht zu nehmen. Er sollte sehen, wie es ist, wenn man alles verliert. Sie hofften, dass alles so laufen würde, wie es von den anderen geplant wurde. Denn wie sagte Henning vor nicht allzu langer Zeit: Die Hoffnung stirbt zuletzt.
Epilog
Am Abend desselben Tages standen sechs Beamte vor Rüters Tür. Sie hielten ihm den richterlichen Beschluss vor die Nase und begannen mit der Durchsuchung seines Privathauses. Der Oberstaatsanwalt gab sich anfangs ruhig, dann wurde er hektisch und lief wie ein hungriger Tiger durchs Haus, schließlich brüllte er die Beamten an, die ungerührt ihre Arbeit verrichteten. Klose versteckte in einem unbemerkten Augenblick mehrere Tütchen Kokain und bat anschließend darum, den Drogenspürhund aus dem Einsatzwagen zu holen.
Die Aktion war ein voller Erfolg: Sowohl in Rüters Haus als auch in seinem Büro wurden zwölf Tütchen Kokain gefunden, auf seinem Bürocomputer zudem mehrere hundert Fotos mit kinderpornografischem Inhalt. Er hatte keine Erklärung dafür und beschimpfte die Beamten aufs Übelste. Er wurde umgehend vom Dienst suspendiert und in Untersuchungshaft genommen, wo er drei Wochen verbrachte.
Im August fand der Prozess statt, ihm wurde das Recht auf jegliche juristische Tätigkeit auf Lebenszeit aberkannt, zudem wurde er
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