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Eisiges Herz

Eisiges Herz

Titel: Eisiges Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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Dressman von Sears.« Um Cardinal eine Kostprobe zu geben, posierte McLeod im Dreiviertelprofil und setzte ein breites Grinsen auf.
    »Manche Leute finden das durchaus sehenswert«, sagte Cardinal. »Wenn auch nicht an Ihnen.«
    »Na ja, manche Leute können mich mal. Jedenfalls, ich habe seiner Durchlaucht gestern Abend gesagt, hören Sie, Ihre Frau ist nicht verschwunden. Sie ist erwachsen. Sie wurde in der Stadt gesehen. Wenn sie nicht nach Hause kommt, dann ist das ihre freie Entscheidung und ihr gutes Recht.«
    »Und was hat er dazu gesagt?«
    »›Wer hat sie gesehen? Wo? Wann?‹ Das Übliche. Ich hab ihm erklärt, ich wäre nicht befugt, ihm darüber Auskunft zu erteilen. Ich hab ihm gesagt, sie sei in der Nähe von Worth und Macintosh gesehen worden, und wir könnten im Moment keine Vermisstenanzeige aufnehmen. Jetzt gerade ist sie wieder mit Wilcox im Birches. Ich hab Feckworth gesagt, er soll herkommen, Sie würden sich liebend gern mit ihm unterhalten.«
    »Was zum Teufel haben Sie sich denn dabei gedacht?«
    »Von Ihnen nimmt er es leichter auf. Ich stehe nicht gerade auf gutem Fuß mit ihm.«
    »Sie stehen doch mit niemandem auf gutem Fuß.«
    »Also, das find ich jetzt wirklich kränkend.«
     
    Während Cardinal auf den Bürgermeister wartete, machte er die Spesenabrechnung für den vergangenen Monat und beschriftete das Deckblatt für eine Akte. Immer wieder musste er dabei an Catherine denken. Sie hatte sich gut gehalten seit ihrer Entlassung vor einem Jahr, und inzwischen unterrichtete sie sogar wieder am örtlichen College. Aber beim Abendessen hatte sie abwesend gewirkt, auf eine Weise ungehalten, die womöglich darauf schließen ließ, dass sie in Gedanken nicht nur mit ihrem Fotoprojekt beschäftigt gewesen war. Catherine war Ende vierzig und kam allmählich in die Wechseljahre, die starke Stimmungsschwankungen bei ihr auslösten, so dass ihr ständig neue Medikamente verschrieben werden mussten. Wenn sie ein wenig zerstreut wirkte, nun, dafür gab es reichlich Erklärungen. Andererseits, wie gut kennt man einen Menschen, den man liebt? Man brauchte sich ja nur anzusehen, wie es dem Bürgermeister erging.
    Als seine Durchlaucht der Bürgermeister Lance Feckworth eintraf, führte Cardinal ihn in eins der Vernehmungszimmer, damit sie sich ungestört unterhalten konnten.
    »Ich will das aufgeklärt haben«, sagte der Bürgermeister. »Ich verlange, dass offizielle Ermittlungen aufgenommen werden.« Feckworth, ein fülliger, kleiner Mann mit einer Vorliebe für Fliegen, hockte nervös auf der Kante des Plastikstuhls, auf dem gewöhnlich der Verdächtige saß. »Ich weiß, dass ich als Bürgermeister nicht mehr Rechte habe als jeder andere Wähler, aber auch nicht weniger. Was ist, wenn sie einen Unfall hatte?«
    Feckworth war als Bürgermeister keine große Leuchte. Seit er im Amt war, schien der Stadtrat jedes Problem endlos zu diskutieren, um schließlich zu dem Ergebnis zu gelangen,dass man nichts unternehmen konnte. Aber er war ein leutseliger Mensch, der immer einen Witz auf Lager hatte und anderen gern auf die Schulter klopfte. Es war erschütternd, sein sorgengequältes Gesicht zu sehen, als wäre ein Gebäude, an dessen Anblick man sich über die Jahre gewöhnt hatte, plötzlich mit einer abstoßenden Farbe angestrichen worden.
    So schonend wie möglich brachte Cardinal ihm bei, dass Mrs. Feckworth am vergangenen Abend in der Stadt gesehen worden war und dass es in der ganzen Woche keine Meldung über einen schweren Unfall gegeben hatte.
    »Verdammt noch mal, jeder Polizist erzählt mir, sie sei in der Stadt gesehen worden, aber keiner will mir sagen, wo und von wem. Was soll das? Wie würden Sie sich fühlen, wenn es um Ihre Frau ginge? Sie würden die Wahrheit wissen wollen, stimmt’s?«
    »Ja, stimmt.«
    »Dann schlage ich vor, dass Sie mich darüber aufklären, was los ist, Detective. Wenn nicht, werde ich mich direkt an Chief Kendall wenden, und ich werde weder an Ihnen noch an diesem Vollidioten McLeod ein gutes Haar lassen, darauf können Sie Gift nehmen.«
     
    Und so saß Cardinal eine Stunde später zusammen mit dem Bürgermeister von Algonquin Bay in seinem Auto auf dem Parkplatz des Birches. Auch wenn der Name etwas anderes vermuten ließ, stand nicht eine einzige Birke in der Nähe des Motels. Es lag mitten in der Innenstadt auf der MacIntosh Street, wo weit und breit überhaupt kein Baum zu sehen war. Und es hieß nicht einmal mehr Birches, seit die Sunset-Inns-Kette es vor

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