Eiskalt wie die Nacht: Thriller (Dicte Svendsen ermittelt) (German Edition)
Das Geräusch ließ den Wachposten aufschrecken. Peter warf einen zweiten Stein. Der Mann erhob sich und näherte sich der Stelle, wo die Steine den Baum getroffen hatten. Wie erstarrt stand er da, in der einen Hand die Pistole, in der anderen das Handy.
Da sprang Peter auf und stieß ihm mit dem Gewehrkolben ins Genick. Mit einem überraschten Grunzen stürzte er zu Boden. Peter überlegte kurz, ob er ihm einen weiteren Stoß versetzen sollte, aber der Mann schien bewusstlos zu sein.
Er nahm dessen Pistole an sich, steckte sie in seine Jackentasche und warf das Handy in weitem Bogen in den Wald. Er befand sich jetzt auf der Rückseite der Hütte. Sie war eine niedrige, mit Moos bewachsene Holzhütte, die vom Schnee fast ganz bedeckt war. Er schulterte das Gewehr, kletterte an der unebenen Außenwand empor und schwang sich leichtfüßig aufs Dach, dessen Schneedecke seine Schritte dämpfte. Er hatte schon mehr als einmal auf einem Dach gesessen, um einen Sparren zu reparieren oder Dachschindeln auszutauschen. Manfred war der unangefochtene Experte, aber auch er hatte einen ausgeprägten Gleichgewichtssinn.
Er setzte sich auf den Dachfirst und schickte eine SMS an Catos Nummer. Sekunden später kam Grimme mit dem Telefon in der Hand vor die Tür und ging zum Wagen. Peter legte das Gewehr an und schickte ein 30.06 Kaliber auf den Weg. Die Windschutzscheibe des Geländewagens zersplitterte. Der Wachposten riss jammernd die Hände vors Gesicht, als ein Glas- und Metallregen auf ihn niederprasselte. Grimme suchte seine Pistole, die ihm aus der Hand in den Schnee gefallen war. Peters zweiter Schuss aus der Pistole von dem niedergeschlagenen Wachposten traf Grimme im Arm. Der Anführer der Rocker brach schreiend zusammen.
»Ich habe noch fünf Patronen fürs Gewehr«, rief Peter vom Dach. »Und die hier noch.«
Er ließ die Pistole zwischen zwei Fingern hin und her pendeln. »Vielleicht sollten wir uns mal unterhalten.«
K APITEL 70
Mark trug den Winter mit in den Raum, wo gleich die Besprechung stattfinden würde. Er war direkt von Allingåbro gekommen, noch bekleidet mit schweren Stiefeln und Winterjacke. Seine Hosen waren bis über die Knie nass von seinem Sprint über das verschneite Feld.
Er setzte sich, holte seine Kaugummipackung heraus und nahm sich gleich zwei Stück, damit niemand den Alkohol riechen konnte. Aber die Crew war mit ihrer Aufmerksamkeit ganz woanders. Der Fußboden war voller Wasserpfützen von den nassen Schuhen, und im Raum roch es nach feuchten Jacken, Schals und nach Frustration.
Die Mannschaft um Anna Bagger war um zwei Männer erweitert worden: der Zuständige der Seeunfalluntersuchungsstelle von der Havariekommission sowie ein Kommissarvon der Polizei Ostjütland. Die beiden Gäste saßen bereits in der ersten Reihe. Anna Bagger wirkte nach außen wie immer beherrscht und perfekt gestylt, aber Mark spürte ihre Angespanntheit, als sie die Besprechung eröffnete und alle begrüßte. Sie war verärgert. Die Untersuchungen waren bisher nicht mustergültig verlaufen. Es war allerdings auch ein komplizierter Fall. Da war etwas faul. Faul, unberechenbar und die Spuren und Ermittlungsergebnisse wiesen in alle möglichen Richtungen.
»Es haben sich neue Umstände ergeben«, leitete sie ihren Bericht ein. »Felix Gomez, wohnhaft in Gjerrild Klint, wurde als vermisst gemeldet. Sie wurde gestern Mittag gegen ein Uhr zuletzt in Brabrand im Marinehauptquartier gesehen. Dort war sie bei der Seeunfalluntersuchungsstelle der Havariekommission. Wir haben einige Informationen über sie zusammengetragen.«
Sie schlug einen grünen Ordner auf und entnahm ein Blatt Papier.
»Vergangenen Juli verlor Felix Gomez Mann und Kind bei einem Hubschrauberabsturz im Kattegat. Sie war im Unfallfahrzeug, überlebte den Absturz aber schwer verletzt. Nach ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus zog sie sich in das Haus an der Klippe von Gjerrild zurück.
Seit dem Unglück litt sie unter einer Amnesie. Die Polizei und die Havariekommission haben versucht, den Hergang des Unfalls und die Umstände zu rekonstruieren. Einige Indizien weisen darauf hin, dass dieser Unfall etwas mit unserem Fall, oder soll ich lieber sagen mit unseren Fällen zu tun hat.«
Anna räusperte sich und nahm einen Schluck Wasser.
Mark musste einen Wutausbruch unterdrücken. Verdammt. Sie hätten von Anfang an auch Felix Gomez überprüfen sollen. Sie hatten sich alle so auf Boutrup eingeschossen,nur wegen seiner kriminellen Vergangenheit, und
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