Eiskalt wie die Nacht: Thriller (Dicte Svendsen ermittelt) (German Edition)
verständigen.
Nach dem Mord war Fischer-Brian mit Hannibals Bootnach Fjellerup Strand und von dort – vielleicht mit einem Bus – zurück nach Grenå gefahren.
Alle hatten angenommen, dass der versoffene Hannibal aufs Meer gefahren war und einfach Pech gehabt hatte. So hatte es ja kommen müssen. Er war in die Jahre gekommen und vertrug den billigen Wodka nicht mehr. Außerdem war er nicht mehr ganz dicht in der Birne von den vielen Tauchgängen, bei denen er zu tief getaucht und zu schnell aufgestiegen war.
Der alte Minentaucher hatte das Ende gefunden, das man von ihm erwartet hatte. Nur Kir hatte nicht daran geglaubt. Sie hatte gewusst, dass Hannibal nie so viel getrunken hatte, dass er sein Boot nicht mehr steuern konnte.
Aber an Bord war kein Heroin. Fischer-Brian hatte sein Boot ohne den Schatz versenkt. Er hatte sie alle reingelegt. Wenn es überhaupt einen Schatz gab, dann befand er sich an einem anderen Ort.
Kir hatte die Bootsleiter erreicht und spürte das Gewicht ihres Körpers und ihrer Ausrüstung. Blackie stand an Bord und hatte die Pistole im Anschlag. Jetzt oder nie, dachte sie. Jetzt würde sie von ihrem Training profitieren können. Sie war eine Elitesoldatin. Sie beherrschte Techniken, um Feinde zu überwältigen, die größer, stärker und schwerer waren als sie. Allerdings hatte sie es nie für möglich gehalten, dass dieser Feind eines Tages ihr eigener Bruder sein würde.
»Leg die Pistole weg«, rief sie ihm zu und hob das Paket aus dem Wasser. »Und geh weg von der Reling. Sonst lass ich es fallen.«
Sie wusste genau, dass er nicht tauchen und dem gesunkenen Paket hinterherspringen würde. Blackie war nie ein guter Schwimmer gewesen und hatte sich nie mehr als ein paar Meter unter Wasser gewagt, und auch das nur, wenn sie ihn zu Wettkämpfen herausgefordert hatte – bei denen sie immerals Siegerin hervorgegangen war. Er kämpfte mit sich, aber dann hob er seine leeren Hände in die Luft und trat ein paar Schritte zurück. Sie zweifelte keine Sekunde daran, dass er die Pistole griffbereit hatte und sie bei der erstbesten Gelegenheit ziehen würde. Aber das verschaffte ihr ein bisschen Zeit. Vielleicht genügte das.
Sie hievte sich an Bord. Blackie bewegte sich.
»Bleib da stehen, wo du bist.«
Gierig starrte er auf das Paket in ihrer Hand. Er wusste, dass sie es jederzeit über Bord werfen konnte. Das wollte er offenbar nicht riskieren, darum hob er die Hände in die Luft und trat noch einen Schritt zurück. Sie streifte Tauchermaske, Sauerstoffflasche und Flossen ab und spürte, wie die eiskalte Luft in ihre Haut schnitt. Dann legte sie das Paket vor sich aufs Deck. Während sie sich nach vorne beugte, spürte sie seine Bewegung auf sie zu und wusste, dass er die Pistole gezogen hatte. Sie zog das Messer aus dem Holster und richtete sich auf. Sie sprang hoch, warf ihren Arm um seinen Hals und brachte ihn aus dem Gleichgewicht. In dieser Sekunde löste sich ein Schuss. Sie drückte das Messer an seinen Kehlkopf und zischte ihm ins Ohr:
»Lass die Pistole fallen, sonst schneide ich dir den Kopf ab.«
Er fuchtelte mit der Hand in der Luft, sie sah seinen Finger am Abzug.
»Wenn du schießt, bist du tot. Glaub mir, es wäre nicht mein erstes Mal.«
Er ließ die Pistole fallen und sie rutschte übers Deck.
»Du dumme bitch.«
Sie schlug so hart sie konnte. Mit dem Messerschaft traf sie seinen Hinterkopf und spürte, wie er taumelte und in die Knie sank. Sie legte ihn auf den Bauch und fischte zwei Mullbinden aus dem Verbandskasten, setzte sich auf seine Schulternund fesselte seine Hände auf den Rücken und die Fußgelenke zusammen. Langsam kam er wieder zu sich und wand sich vor Schmerz, weil sie die Knie in seinen Rücken bohrte und die Pistole in seinen Nacken drückte.
In einer Kiste fand sie ein stabileres Seil und verstärkte damit die anderen Fesseln.
In diesem Augenblick hörte sie die Sirene der Wasserschutzpolizei, die auf schwarzen Wellen auf sie zukam. Sie hatte sich keinen Millimeter bewegt und zielte mit der Pistole auf Blackie, als Mark in Begleitung von zwei Polizisten an Bord kam. Sie spürte nichts. Keine Traurigkeit. Keine Freude.
»Ich war gerade dabei, den Boden zu wischen«, sagte sie, als wäre sie gerade aus einem Traum erwacht. Sie hörte, wie verwirrt und verärgert sie klang.
»Was für ein Glück für uns«, sagte Mark. »Ich habe den zweiten Handschuh in der Garage gefunden. Die da in Kongsøre bilden euch wirklich gut aus.«
Sie versuchte zu
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