Eiskalt wie die Nacht: Thriller (Dicte Svendsen ermittelt) (German Edition)
flach. Felix sammelte die letzten Reserven, um ihren Peiniger so lange wie möglich zu bestrafen. Er kämpfte um sein Leben und schlug um sich, spritzte und würgte. Schließlich gelang es ihm, sie abzuwerfen, und er sprang keuchend auf die Beine. Mit weit aufgerissenen Augen starrte er sie an, Panik und Angst standen in seinem Gesicht. Jetzt würde er sie töten, warum kam ihr Anja nicht zu Hilfe?
Da hörte sie ein Geräusch. Waren das Schritte vor dem Schuppen? Der Motor eines Autos?
Er hatte es auch gehört. Er wandte zuerst den Kopf in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war, dann sah er wieder zu ihr. War sein Gesicht vorher starr und ausdruckslos gewesen, so sah sie jetzt in abgrundtiefen Hass. Als wäre sie eine Geliebte, die ihn betrogen und verlassen hatte.
Kurz bevor sie das Bewusstsein verlor, registrierte sie, wie er stolpernd nach draußen rannte und dabei die leeren Flaschen umstieß. Ihre Beine gaben unter ihr nach und sie stürzteauf die Matratze. Sie tastete nach der Decke und spürte, wie sie in das warme Meereswasser eintauchte. In der Ferne hörte sie Maria ein Lied singen.
K APITEL 83
Peter lief um das Haus herum und vermied es, den Hof zu überqueren. Er näherte sich dem Schuppen von dessen Rückseite. Dort befand sich ein hohes Fenster. Er stellte sich auf die Zehenspitzen und spähte hinein. Das Fenster war verschmutzt und das Innere des Raumes nicht beleuchtet. Dennoch sah er einen Schatten, der sich bewegte, und hörte etwas klirren. Ohne an die Konsequenzen zu denken, klopfte er gegen die Scheibe.
»Felix!«
Er hörte ein Poltern, dann Schritte. Jemand rannte weg. Fast zeitgleich hörte er, wie ein Auto in die Einfahrt hochfuhr und mitten auf dem Hof anhielt. Türen wurden geöffnet und zugeschlagen. Mark Bille und Kir, dachte Peter voller Hoffnung und wollte sie gerade zu sich rufen, als er Lily Kleins Stimme hörte:
»Er ist da lang übers Feld gerannt.«
Danach hörte er, wie mehrere die Verfolgung aufnahmen.
Er hatte nicht viel Zeit. Aus dem Inneren des Schuppens hörte er ein Wimmern. Mit dem Ellbogen schlug er gegen die Scheibe, die bei der ersten Berührung nachgab, mitsamt Rahmen zu Boden fiel und mit einem lauten Knall zersplitterte. Er kletterte durch das Fenster, rutschte aus und stürzte kopfüber zu Boden. Er rollte ab und landete auf seiner verletzten Schulter. Sein Körper protestierte gegen den stechenden Schmerz.
»Felix!«
Es stank entsetzlich. Nach Urin, Kot und etwas anderem. Es roch nach Verwesung. Wieder vernahm er das Wimmern. Er brauchte Licht, er konnte nichts erkennen. Mit dem Handy leuchtete er in den Raum und tastete sich voran. Da berührten seine Hände etwas Weiches. Eine Decke, einen menschlichen Körper. Aber er hörte keine Atmung. Nichts. Unter Mühen und Schmerzen gelang es ihm, das Häuflein Mensch hochzuheben. Er stolperte aus dem Schuppen hinüber zum Wohnhaus und wieder durch den Hintereingang ins Wohnzimmer. Dort legte er sie auf ein Sofa und schaltete das Licht ein. Das Mädchen stöhnte. Fassungslos starrte er sie an.
»Anja!«
Ihre Augen öffneten sich einen Spalt.
»Felix? Wo ist sie?«, sagte er und rüttelte sie an den Schultern.
Anja wollte antworten, konnte aber nicht. Er humpelte zurück in den Schuppen.
»Felix! Felix, kannst du mich hören?«
Wieder versuchte er sein Handy als Lichtquelle zu nutzen, schob alte Kisten und Säcke beiseite und kroch auf allen vieren. Da griff seine Hand in etwas Klebriges. Ein kleine Pfütze, er roch an seiner Hand. Es war Blut. Er warf alles beiseite, was in seinem Weg lag, und stieß schließlich auf die Kante einer Matratze.
»Felix?«
Er fühlte ihren Puls. Der war fast nicht spürbar und ihr Körper war eiskalt. Sie lag zwar unter einer Decke, aber darunter war sie nackt.
»Ich habe dich. Ich bin hier.«
Da erst bemerkte er die Fußfessel. Sie saß wie ein Tier in der Falle. Er legte sie zurück auf die Matratze, zog sich die Jacke aus und deckte sie damit zu. Dann schraubte er mit seinem Messer die Befestigung der Fessel in der Mauer ab.
Mit dem leblosen Bündel im Arm humpelte er aus dem Schuppen. Der Schmerz fuhr dröhnend und beißend durch alle Körperteile. Lilys Auto stand auf dem Hof, aber weder sie noch ihre Helfer waren zu sehen. Er brachte Felix ins Haus, kehrte zu dem silbernen Geländewagen zurück und zog sein Messer aus der Jackentasche.
K APITEL 84
Es war bereits dunkel, als sie beim Schneckenhaus ankamen.
Kir dachte an ihre Vergangenheit. An die Zeit,
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