Eiskalte Berührung - Cole, K: Eiskalte Berührung
einmal in Gefahr begibst.«
Sie klimperte mit den Lidern und sagte mit honigsüßer Stimme: »Weil ich so verflixt kostbar für dich bin?«
»Ja«, erwiderte er einfach. Sie verdrehte die Augen. Er stieg aus. Sie wollte ihm gerade folgen, als er sich schon blitzschnell auf ihre Seite des Wagens transloziert hatte, um ihr die Tür zu öffnen. Er sah sie an, als ob sie verrückt wäre, dass sie nicht auf ihn gewartet hatte, damit er ihr helfe.
Perfekt. Ein Gentleman-Krieger. Für die sie möglicherweise eine Schwäche hatte, wie sie langsam feststellen musste.
»Nimm meine Hand«, befahl er, als sie den Weg zum Haus entlanggingen.
»Hat der große, starke Vampir etwa Angst, dass die kleine Walküre wegläuft?«
Er wandte ihr mit zusammengezogenen Brauen das Gesicht zu. »Ich möchte einfach nur deine Hand halten.«
Wieso begann es auf einmal in ihrer Bauchgegend zu kribbeln? Und warum machte es ihr überhaupt nichts aus, dass ihre Hand in seine große, raue Hand schlüpfte, die sie fest und sicher umschloss? So näherten sie sich dem höhlenartigen Dreißig-Zimmer-Haus.
Er wirkte angespannt, bereit, sie innerhalb von Sekundenbruchteilen wegzutranslozieren. Beinahe hätte er ihr leidgetan, als ihr klar wurde, dass er so etwas wie ihr Zuhause noch nie zuvor zu Gesicht bekommen hatte. Er war Teil der Mythenwelt und doch in vielerlei Hinsicht noch genauso menschlich, wie er es einst gewesen war.
Nachdem er ihr befohlen hatte, ihm das Fenster zu ihrem Zimmer – und damit ein konkretes Ziel – zu zeigen, war er imstande, sie beide dort hineinzutranslozieren. Drinnen angekommen, musterte er jedes Detail des mit Spitze und Seide erfüllten Zimmers mit diesen Augen, denen nichts zu entgehen schien. Ihre Rolle innerhalb des Kovens war die des süßen kleinen Mädchens. Ihr Zimmer mit den Kerzen und Seidenlaken und ihr Lebensstil kamen dem der Menschen noch am nächsten.
Ihr Zimmer lag gleich neben Caras Zimmer, das allerdings lediglich eine spartanische Schlafmatte, ihre antiken geflügeltenHelme und eine lange Kette aus Vampirzähnen enthielt, die sie als Trophäen mitgenommen hatte. Auf der anderen Seite der Galerie lag das Zimmer der zierlichen, scheuen Emmaline. Wenn sie auch zum Teil Walküre war, war sie doch durch und durch Vampir und hatte sich ihr kleines Nest auf dem Boden unter dem unbenutzten Bett eingerichtet.
Man könnte sagen, dass Emma der lebende Beweis dafür war, dass nicht alle Vampire böse waren und der Koven durchaus mit einem von ihnen koexistieren konnte. Allerdings war Emma die Tochter einer geliebten Walküre, und sie gingen davon aus, dass diese Hälfte die andere zügelte. Für sie hatte man eine Ausnahme gemacht, aber Myst fragte sich häufig, ob sie die Einzige war, der auffiel, dass Emma jedes Mal, wenn sich der ganze Koven mal wieder lautstark und voller Vorfreude über das Abschlachten von Blutsaugern ausließ, zusammenzuckte und zitterte und Furcht in ihren großen blauen Augen aufleuchtete. »Anwesende ausgeschlossen« war eine ziemlich erbärmliche Behauptung, wenn man mal darüber nachdachte.
»Und was soll ich jetzt einpacken?«, fragte Myst.
Er hob eine Augenbraue. »Das sollte eigentlich nichts Neues für dich sein. Nimm einfach mit, was du mitnehmen würdest, wenn du mit einem deiner Liebhaber fortgehen würdest.«
Ihre Hände ballten sich zu Fäusten, als sie zur Kommode hinüberging, die ihre gesammelten Werke von Agent Provocateur, Strumpet & Pink und Jillian Sherry enthielt, und das waren bloß die Einkäufe der letzten Woche. »Das kommt auf den Liebhaber an.« Sie zog einen roten Push-up- BH aus Leder und ein durchsichtiges Negligé im Babydoll-Stil heraus und hielt beides hoch, damit er es sehen konnte.
»Beides!«, stieß er mit heiserer Stimme und gequälter Miene hervor. Sie sah, dass er schon wieder hart wurde. Er merkte, dass sie es bemerkt hatte, und sein Blick verdüsterte sich.
Betont forsch marschierte sie zu ihrem Schrank und holte eine Reisetasche heraus, aber er fasste sie um die Taille und schob sie zur Seite, um einen geräumigen Umzugskarton aus dem Schrank zu ziehen, den er zu ihren Füßen fallen ließ. »Mach ihn voll, denn du wirst nie wieder hierher zurückkehren.«
Sie nickte nur dazu, und es gelang ihr irgendwie, ein bloßes Nicken sarkastisch erscheinen zu lassen. Er wusste, dass sie insgeheim davon überzeugt war, dass er vollkommen falsch lag. Er seufzte erschöpft. Wenn er wirklich bis zum Ende ihrer beider Leben gegen sie ankämpfen
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