Eiskalte Berührung - Cole, K: Eiskalte Berührung
hatte.
»All das habe ich ihr nie gesagt.« Murdoch kam Nïx noch ein wenig näher. »Walküre, ich werde nicht ruhen, ehe ich die Chance bekommen habe, das zu tun.«
Sie warf ihm einen abwägenden Blick zu, wobei sie die Augen zusammenkniff, als ob er ein Buch wäre, das sie im Dämmerlicht zu lesen versuchte.
Er fuhr sich mit der Handfläche über das Gesicht. »Sieh mal, ich weiß doch, dass du dem Lykae Bowen ein paarmal geholfen hast. Du hast sogar Nikolai beigestanden. Und mir willst du nicht helfen? Wieso denn nicht, verdammt noch mal?«
Sie sah blinzelnd zu ihm empor. »Weil ich sie lieber habe?«
Er zog eine finstere Miene. »Sag mir irgendetwas. Ganz egal, was.«
»Irgendetwas? Okay: Eine ganze Menge Leute haben viel Geld darauf gesetzt, dass du ein Schuft bist.«
»Nicht mehr«, stieß er hervor. »Kannst du denn nicht die Zukunft sehen und wissen, dass ich gut zu ihr sein werde?«
Sie verengte die Augen. Nach einer ganzen Weile sagte sie dann: »Mh. Du wirst ihr bis in alle Ewigkeit treu bleiben. Das habe ich nicht kommen sehen.«
Zorn loderte in ihm auf. Als ob er sie brauchte, um ihm das zu sagen.
Sie zuckte die Achseln. »Ich werde dir trotzdem nicht helfen, sie zu finden. Selbst wenn ich gewillt wäre, dein Deus ex Machina zu sein, weigere ich mich, für jeden Hinz und Kunz und Murdoch die Zukunft zu deuten. Das würde dem Ganzen einen billigen Beigeschmack verleihen, und am Ende hängt mir dann der Ruf einer Seherinnen-Hure an.« Sie hauchte auf ihre Klauen und polierte sie an ihrem T-Shirt. »Außerdem weißt du ja bereits, wie du Daniela finden kannst.«
»Wie? Sag’s mir!« Aus den Erinnerungen?
Der Moment fühlte sich allmählich vollkommen irreal an, so als ob sein ganzes Leben nur auf diesen einen Punkt hingeführt hätte. Die Welt schien sich zu drehen. Er stellte sich Daniela vor, wie sie unermüdlich schnitzte, und er strengte sich an, um sich möglichst präzise daran zu erinnern, was genau sie gemacht hatte …
»Na fein, eins will ich dir enthüllen … «, sagte Nïx. »Danii wird Jádian zu ihrem König machen. Wenn sie es nicht bereits getan hat.«
Oh Gott, nein!
Nach dieser Vorhersage spazierte Nïx zurück, an den Spektren vorbei – Reichte sie ihnen da etwa eine Haarsträhne? – , und ließ ihn mit einem Klumpen der Angst in der Brust zurück. Was, wenn Daniela Jádian schon geheiratet hatte?
Murdochs Fänge schärften sich. Dann wird sie zur Witwe gemacht.
Er translozierte sich nach Sibirien zurück, um in seinem Haus die nötige Ausrüstung zusammenzupacken. Zunächst zerrte er einen Rucksack aus einem der Schränke. Als er sich umdrehte, erschienen Nikolai und Myst im Zimmer.
»Hier hast du dich also die ganze Zeit über versteckt«, sagte Nikolai. Dann runzelte er die Stirn. »Das ist echt der letzte Ort, an dem ich nach dir gesucht hätte. Und das kannst du wörtlich nehmen. Dies ist das letzte deiner Besitztümer, das wir im Laufe der letzten Monate abgesucht haben. Sibirien, Murdoch? Es kann nur einen Grund geben, wieso du ausgerechnet hier lebst.«
Murdoch stopfte Kleidungsstücke und kältefeste Ausrüstung in den Rucksack. »Ich hab jetzt keine Zeit für so was.«
»Reg dich ab«, sagte Myst. »Wir wissen, dass du mit Danii zusammen bist.«
»Ich bin nicht mit ihr zusammen. Das ist ja das gottverdammte Problem.«
Was auch immer Myst in seiner Miene sah, erweichte sie offensichtlich. »Was hast du vor?«, fragte sie schon etwas freundlicher. »Willst du nach Eissengard gehen?«
»Ja.«
»Um sie zurückzuholen?«
Statt zu antworten, packte er verbissen weiter.
Ihre Augen weiteten sich. »Um dort zu leben? Das kannst du nicht. Im Vergleich mit dem Land der Eisfeyden herrscht in Sibirien ein geradezu mildes Klima.«
»Jetzt ist es dunkel«, fügte Nikolai hinzu. »Aber was wirst du im Sommer machen? Auf diesem Breitengrad wird es vierundzwanzig Stunden am Tag hell sein.«
»Dann bleib ich drinnen. In einem Sarg, wenn’s sein muss.«
»Und Kristoff?«, fragte Nikolai. »Du hast ihm die Treue geschworen. Und jetzt, wo wir endlich an einer Allianz mit den Walküren arbeiten, willst du desertieren? Er wird gezwungen sein, dich deswegen umzubringen, vor allem so kurz nach unserem letzten Vergehen.«
»Das weiß ich doch! Bei Gott, ich weiß es.«
»Du wirst deine Familie nicht mehr sehen können.« Nikolai baute sich genau vor ihm auf. »Und wo wir gerade schon davon sprechen, ich weiß ja, dass du zu beschäftigt bist, um zu fragen, aber Conrad
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