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Eiskalte Hand

Eiskalte Hand

Titel: Eiskalte Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Muther
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Ranja, das ist ja eine nette Entdeckung, die du da gemacht hast, aber ich befürchte, dass sie deine persönlichen Fähigkeiten doch bei weitem überschreitet. Warum gibst du mir nicht deine Aufzeichnungen und ich werde meine fähigsten Leute daran setzen, um etwas Brauchbares daraus zu machen.“ Ein unverbindliches Lächeln machte deutlich, dass für ihn damit die Sache erledigt war. Für Ranja hingegen war sie es nicht. ‚Nett? Etwas Brauchbares? Ja, spinnt denn der total?‘ Der junge Beschwörer tobte innerlich. ‚So ein Ignorant. Das ist eine bahnbrechende Entdeckung. Und es ist meine Entdeckung. Meine allein!‘ Mit größter Mühe rang er um Fassung. Seine Fäuste ballten sich. Eine dicke Ader auf seiner Stirn pulsierte rot vor Wut.
     
    „Mit Verlaub“, brachte er zitternd hervor, „ich habe schon sehr viel Zeit und auch Geld in diese Entdeckung investiert. Und sie funktioniert. Das habe ich am eigenen Leibe erlebt. Ihr müsst mich daran weiter arbeiten lassen. Keiner ist besser dafür geeignet als ich. Ich flehe euch an.“ Ranja sprang auf, sein Leib bebte regelrecht. Pu Errh blickte ihn streng an. „Kein Wort!“, herrschte er seinen Schüler an. „Zum Wohle unseres Landes, zum Wohle des Kaisers ordne ich es so an. Ihr übergebt unverzüglich alle eure Unterlagen an meinen Sekretär.“ Bei diesen Worten trat ein dürrer Mann durch eine Tür in den Salon. Seine Haut wirkte gräulich, und aus dem Gesicht ragte ihm eine viel zu groß geratene Nase. „Ihr habt gerufen.“, sagte er näselnd und verbeugte sich steif in Richtung Pu Errh. Das reichte Ranja. Nicht dieser aufgeblasene Fatzke, dieser elende Arschkriecher. Die Adern auf seiner Stirn schwollen zunehmend an. Wut stieg ungebremst in ihm auf. Seine Fingernägel krallten sich in seine Handballen. Gleich würde es knallen.
     
    Und es knallte. In einer wahren Schimpfkanonade entlud sich die Anspannung, die wie eine dunkle Wolke im Raum hing. Der Sekretär bekam einen Teil des Ärgers ab, aber auch Meister Pu Errh wurde nicht geschont. Beide liefen rot an und sahen sich von der Verbalattacke völlig überrumpelt. Dann war Ranja fertig. Völlig erschöpft und zutiefst über sich selbst erschreckt stand er da und glotzte seinen Meister an. Kalte und heiße Schauer liefen abwechselnd über seinen Rücken. Er war zweifelsohne zu weit gegangen. Völlig perplex schwiegen die Attackierten einen kurzen Moment. Pu Errh holte tief Luft und schluckte den eigenen Ärger hinunter. So gefasst, wie es ihm möglich war, hob er an und fixierte dabei Ranja mit strengem Blick. „Nun denn, du weißt also offensichtlich nicht, was Gehorsam und Disziplin bedeuten. Dann werden wir dir dies dringend beibringen müssen. Ab sofort wirst du Dienst in der Garnison von Wan La tun. Da kannst du dich mit Grünhäuten und anderen Unwesen herumschlagen. Die scheinen dich ja sehr zu faszinieren. Und vielleicht lernst du dort auch die notwendige Demut.“ Er blickte kurz in Richtung seines Sekretärs. Der gab ein Zeichen durch die geöffnete Tür. Zwei gerüstete Soldaten traten herein und stellten sich zu beiden Seiten Ranjas auf. „Diese beiden freundlichen Herren werden dich begleiten. Du darfst dir noch ein paar Dinge einpacken, die du benötigst. Alle deine Unterlagen zu dem Forschungsprojekt wirst du meinem Sekretär Velar übergeben. Wenn nicht, dann nimmt er sie sich einfach.“ Mit diesen Worten drehte Pu Errh sich in einem Anflug von überzogener Dramaturgie um, ließ seinen Mantel geräuschvoll durch die Luft wehen und verließ den Raum durch eine weitere Tür. Ranja stand wie ein Häufchen Elend da. Nun war alles aus. Er hatte erneut versagt. Sein Wissen nutzte ihm nichts, wenn er es nicht anwenden durfte. Kein Aufstieg, sondern Verbannung an einen ihm unbekannten Ort. Ein Soldat packte Ranja am Arm und zwang ihn so, sich in Bewegung zu setzen. Der Beschwörer folgte ihm. ‚Das war doch alles nur ein böser Traum. Oder etwa nicht?.‘
     
     

Kapitel 9
     
     
    Das Stadtviertel hatte definitiv schon bessere Zeiten gesehen. Die Häuser wirkten heruntergekommen und baufällig. Fensterläden hingen zerbrochen in ihren Angeln. Farbe blätterte von den Wänden. Die einstmals kostbaren Verzierungen waren abgebrochen und lagen als Steintrümmer in den verwilderten Vorgärten. In den Straßen türmten sich Müll und Unrat. Mia meinte sogar, hier und da eine Ratte herumhuschen zu sehen. Von den allgegenwärtigen Hunden ganz zu schweigen. Solche verwahrlosten Stadtviertel

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