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Eiskalte Hand

Eiskalte Hand

Titel: Eiskalte Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Muther
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an, ihr Verschwörer; Mia ist unterwegs.“
     

Kapitel 8
     
     
    Der Salon, in dem Meister Pu Errh seinen Schüler Ranja empfangen hatte, zeugte von einer exquisiten Eleganz. Edelste Stoffe, feinster Marmor, erlesene Kunstwerke. Alles passte perfekt zusammen. Räuchergefäße sorgten für einen betörenden Duft. Pu Errh saß in einem dunkelroten weichen Sofa, dessen Lehne kunstvoll geschwungen war, und nippte an einer Tasse Tee, den kleinen Finger vornehm abgespreizt. Der alte Mann hatte eine dunkelblaue Robe übergeworfen, die mit goldenem Brokat und zahlreichen kleinen Edelsteinen besetzt war. In seinen langen grauen Bart hatte er mehrere kleine Zöpfe eingeflochten. Der neueste Schrei in der Friseurkunst. Um seinen Hals hing eine schwere Goldkette, von der ein ebenfalls goldenes Amulett in Form eines leuchtend blauen Phönix auf seine Brust herab baumelte. Nur echte Meister durften dieses Zeichen ihrer Macht tragen. Ranja blickte voller Bewunderung auf den Mann vor ihm und träumte davon, eines Tages auf der gleichen Stufe zu stehen wie er. Vielleicht sogar noch darüber.
     
    Der Meister-Beschwörer wirkte geistesabwesend. Offenbar hatte er anderes im Sinn als seinen Besucher, der ihm gegenüber auf einem schlichten Holzstuhl saß. Vorsorglich kam niemand auf die Idee, Ranja ebenfalls einen Tee anzubieten. Der junge Beschwörer versuchte sich einzureden, dass es sich dabei um ein Versehen handeln musste. Aber das machte auch nichts. Wenn er erst mal von seiner sensationellen Entdeckung erzählt haben würde, dann würde es seinen Meister vor Begeisterung nicht mehr auf dem Sofa halten. Lob und Anerkennung würde es für ihn regnen. Sein großes Talent würde endlich in das Licht der Öffentlichkeit treten. Mit leuchtenden Augen, einem breiten Grinsen auf dem Gesicht und einem gewaltigen Herzpochen begann er, seine Geschichte zu erzählen.
     
    In einem dramatischen Bogen holte er weit aus; berichtete von seiner ursprünglichen Idee und wie er nicht mehr davon ablassen konnte, sie zu verfolgen. Selbst Rückschläge konnten ihn nicht aufhalten. Pu Errh wirkte nicht sehr interessiert. Gelangweilt rührte er in seinem Tee herum. Ranja sprach nun über seine ersten Erfolge: von Steinkolossen, die er kontrollieren konnte, ohne direkten Sichtkontakt zu ihnen zu haben; davon, dass er durch die „Augen“ der Kolosse sehen konnte und auf diese Weise eins mit dem steinernen Monstrum wurde. Ein erhabenes und zugleich beängstigendes Gefühl. Immer weiter konnte er in der Folge die Distanz ausdehnen. Sein Meister hatte inzwischen seinen Tee abgestellt. Er schaute Ranja jetzt direkt an und folgte seinen Worten. Der junge Beschwörer meinte ein leichtes Glänzen in seinen Augen ausmachen zu können. ‚Wer sagt’s denn! Es läuft.‘ Beflügelt von diesem Erfolg setzte er seine Geschichte fort. Nun kam der emotionale Teil. Nur kurz ging er auf den Tod seiner Schwester ein. Dann erzählte er, wie er durch Zufall davon erfahren hatte, dass jener Hobgoblin bei den ekelhaften Grünhäuten zu so etwas wie einem Räuberhauptmann aufgestiegen sei. ‚Elender Bastard!‘ Plötzlich wusste er, an wem er seine Entdeckung testen konnte: an diesem Mörder Yan Tu. Und fast wäre sein Anschlag auch gelungen. Aber eben nur fast. Pu Errh starrte den jungen Beschwörer mittlerweile mit offenem Mund an. Als er von dem Attentat auf den Hobgoblin hörte, zuckte er merklich zusammen. Doch Begeisterung entdeckte man bei ihm nicht. Im Gegenteil, irgendwie schien seine Stimmung gerade zu kippen. Nur Ranja bekam davon nicht viel mit.
     
    „Und das beweist, dass es möglich ist, die Kolosse aus sicherer Entfernung heraus in den Kampf zu schicken. Diese Entdeckung wird unsere Kriegsführung revolutionieren. Unsere Feinde werden noch mehr vor uns erzittern. Was meint ihr?“ Mit dieser Frage beendete Ranja seine Ausführungen und schaute seinem Meister offen und direkt ins Gesicht. Aber aus irgendeinem Grund, den er nicht näher benennen konnte, stand da keine helle Begeisterung in Pu Errhs Gesicht geschrieben. Es war vielmehr eine Mischung aus Ungläubigkeit und Sorge. Vielleicht auch ein wenig Entsetzen. So gut konnte Ranja menschliche Regungen nicht Deuten. Er hatte sich einfach zu viel mit Steinen beschäftigt, und die kamen ohne Mimik aus. Eins stand allerdings fest: Dieser Gesichtsausdruck gefiel ihm ganz und gar nicht. Und sein Eindruck wurde noch verstärkt, als Pu Errh in einem ruhigen, aber bestimmten Ton sagte: „Nun, mein lieber

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