Eiskalte Hand
zu tragen? Auf diese Fragen gab es für Mia nur eine Antwort. Und die lautete ‚Xi-Yang‘. Tränen der Wut standen ihr in den Augen. „Es ist meine Schuld, was hier passiert ist. Wenn ich es nur wieder gut machen könnte…“ Keiner sagte etwas darauf. Mia atmete tief durch. „Morgen früh werde ich das Kloster verlassen. Ich werde die Angelegenheit regeln und ein für alle Mal beenden. Das verspreche ich euch.“ Und in Gedanken fügte sie hinzu: ‚Bisher war das alles nur ein Spiel. Jetzt wird es ernst. Nimm dich in Acht, Xi-Yang. Mir reicht’s…‘
Kapitel 30
„Es tut mir leid, mehr Männer kann ich beim besten Willen nicht entbehren.“ Der Gesichtsausdruck von Statthalter Keipo spiegelte seine innere Zerrissenheit wider. Gerne hätte er viel mehr Soldaten nach Mirana entsandt, aber die aktuelle Lage ließ es einfach nicht zu. Ranja und Huan waren ihrerseits froh, dass der Statthalter ihren Worten überhaupt Glauben schenkte. Mit einem mulmigen Gefühl hatten sie den Palast in Pirlia betreten. Insbesondere der Beschwörer sah sich schon wieder in einer Gefängniszelle sitzen. Und diesmal gab es keine Mia, die die beiden hätte herausholen können. Doch Keipo hatte den Ernst der Lage sofort begriffen. Die Grünhäute stellten eine große Bedrohung da. Und sie mussten ihre Kräfte vereinen, um sie abzuwehren. Natürlich spielte es für ihn auch eine Rolle, dass mit dieser Aktion das Haus Xi-Yang empfindlich bloßgestellt werden konnte. Seit etlichen Jahren lag sein Haus im Streit mit den Emporkömmlingen von Xi-Yang. Insbesondere hinter den Kulissen wurde mit harten Bandagen gekämpft. Da bot sich hier eine hervorragende Gelegenheit, um den unliebsamen Gegner empfindlich zu schwächen. Dennoch konnte er nicht die militärische Stärke demonstrieren, die in solch einem Fall angebracht wäre. Denn die Piratenangriffe der letzten Wochen stellten ebenfalls eine nicht zu unterschätzende Gefahr dar. Auf dem Wasser kümmerte sich die kaiserliche Flotte darum. Zwischendurch landeten aber immer wieder wilde Horden an der Küste und drangen ins Landesinnere ein. Da brauchte er ausreichend Soldaten, um solche Überfälle rechtzeitig zu erkennen und, wo möglich, zu verhindern.
Huan als altgedientem Soldaten leuchtete diese Logik ein. Hundert Mann waren zwar nicht viele, aber in der bevorstehenden Auseinandersetzung mit den Grünhäuten brauchten sie jeden Mann, den sie bekommen konnten. Außerdem hatte Keipo zugesagt, Boten auszusenden, damit aus anderen Teilen des Reiches weitere Truppen nach Mirana entsandt würden. Auch den Kaiser wollte er informieren lassen. Der Leutnant hoffte inständig, dass diese Truppen auch rechtzeitig eintreffen würden; denn ansonsten drohte die entscheidende Schlacht im Kernland Quandalas stattzufinden, was die Anzahl der möglichen Opfer deutlich erhöhte und wohl für ein gewaltiges Chaos im ganzen Reich sorgen würde. Er mochte sich gar nicht ausmalen, was dann alles geschehen könnte. Der Stratege in Huan kam allmählich wieder zum Vorschein. Die verlorene Schlacht bei Wan La hatte arge Zweifel in ihm aufbrechen lassen. Nicht nur er, die ganze Truppe hatte sich angestellt wie blutige Anfänger. Von taktischer Überlegenheit oder gar Elite war da nichts zu spüren. Huan gab sich die Mitschuld an dem Desaster. Doch nun bot sich die Gelegenheit, zu zeigen, was er konnte. Und die wollte er um alles in der Welt beim Schopfe packen. So bewegte er Schlachtpläne und Strategien in seinem Kopf. Voller Freude hatte er auch registriert, dass der Statthalter die Hundertschaft unter seinen Befehl stellen wollte. Die Soldaten sollten sich zunächst als Zivilisten tarnen, um keine vorzeitigen Konflikte mit den Truppen in Mirana zu riskieren. So konnten sie die Lage erst einmal erkunden, um dann zu entscheiden, was das Beste wäre.
Ranja verstand von dem allen nicht viel. Doch auch ihm blieb nicht verborgen, dass sein Freund so richtig aufblühte. Und es freute ihn. Denn es gefiel ihm nicht, getrieben zu werden und immer nur reagieren zu müssen. Er wollte sein Schicksal selbst in die Hand nehmen, handeln, planen, gestalten. Er verstand sich als Wissenschaftler, wollte Dinge entdecken, erfinden und weiterentwickeln. Aber um das tun zu können, musste diese verfahrene Situation ein für alle Mal geklärt werden. Und da konnte es gewiss nicht schaden, wenn sie auf der Seite der Sieger stünden.
„Eure Entscheidung ist vollkommen richtig.“, bestätigte Huan den
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