Eiskalte Rache: Thriller (German Edition)
Holtz biss von seiner Brotscheibe ab.
»Das erzähle ich dir bei Gelegenheit. Aber lass hören. Was hat er gesagt?«
»Gabriel Marklund?«
»Nein. Der liebe Gott. Ja, natürlich Marklund.«
Holtz lieferte ihr eine Zusammenfassung, während Levin weiter frühstückte.
Thord Seger war einen ganzen Tag lang mit Gabriel Marklund zusammen gewesen, und als er das Dorf verlassen hatte, wusste Gabriel über alles Bescheid, was sich fast zwanzig Jahre zuvor ereignet hatte.
Die erste Zeit nach dem Besuch seines Großvaters war chaotisch gewesen. Er hatte versucht, die Antworten auf seine Fragen in den Büchern zu finden. Nach fast einem halben Jahr hatte er sich dann aber zu einem Entschluss durchgerungen. Er hatte alles über seinen Vater Johan Seger in Erfahrung gebracht und beschlossen, ihn aufzusuchen.
»Und das hat er dann auch getan, nicht wahr?«
»Ja. Die DNA -Spuren beweisen es.«
»Und das Geld?«
»Den Kollegen von den Wirtschaftsstrafsachen ist es nicht gelungen, Geld aufzuspüren, weder richtiges noch elektronisches. Spuren gibt es zwar eine Menge, aber die enden alle in einem Wirrwarr von Überweisungen an Offshore-Banken. Wahrscheinlich ist das Geld einfach weg. Marklund bestreitet, etwas von diesem Geld zu wissen. Er behauptet, den Computer als Andenken an seinen Vater mitgenommen zu haben.«
»Wie reagiert er auf die Anklage?«
»Erstaunlich gelassen. Er verweist darauf, dass die Wahrheit immer ans Licht komme. So sei es immer gewesen. Gott sei gütig und so weiter.«
»Gehört er irgendeiner Sekte an?«
»Nein, Sekte ist das falsche Wort. Aber er weist oft auf eine obskure freikirchliche Bewegung hin. Ich habe allerdings vergessen, wie sie heißt … hat irgendwas mit der Sonne zu tun.«
»Wie hat er seine Anwesenheit im Adlerhorst erklärt?«
»Er behauptet, er habe seinen Vater aufgesucht, um ihm zu verzeihen.«
»Klingt das deiner Meinung nach glaubhaft? Dass man demjenigen verzeiht, der einen beinahe zu Tode misshandelt und dann auch noch im Stich gelassen hat?«
»Nichts ist schwarz-weiß, das solltest du doch wissen. Und ja, eigentlich finde ich, dass das gar nicht so abwegig klingt.«
U lf Holtz roch an der Papiertüte und nahm dann einige Gewürznelken heraus. Methodisch drückte er sie, eine nach der anderen, in die dicke Schale der Apfelsine. Er versuchte, ein Muster zustande zu bringen, was ihm aber nicht sonderlich gut gelang. Es roch nach Orange, wenn kleine, fast unsichtbare Tropfen aus dem Inneren drangen, während er die spitzen Stiele der Nelken in die Schale drückte. In wenigen Tagen war Heiligabend, und sein Haus für Weihnachten herzurichten erfüllte ihn mit einer angenehmen Zufriedenheit. Er konnte sich nicht erinnern, sich je zuvor mit Weihnachtsdekoration beschäftigt zu haben, aber dieses Jahr strengte er sich wirklich an. Beide Töchter hatten versprochen, mit ihm Weihnachten zu feiern, und die Leere, die Nahid hinterlassen hatte, hatte ihm den Sinn eines traditionellen Weihnachtsfestes vor Augen geführt.
Ein Weihnachtsfest mit allem Drum und Dran.
Ihm war klar, dass das irgendwie symptomatisch war, vielleicht wurde er ja langsam alt, vielleicht auch nur sentimental, oder er hatte seine nostalgische Ader entdeckt. Diesen Gedanken verdrängte er jedoch tunlichst und redete sich ein, dass er alles nur für Eva und Linda tat.
Es klingelte an der Tür.
Er legte die Apfelsine beiseite, um zu öffnen. Aber Eva war bereits eingetreten und hängte in der Diele ihren Mantel auf.
»Hallo, Papa. Hier duftet es nach Weihnachten«, sagte sie, ließ ihre schneeverkrusteten Stiefel mitten in der Diele stehen und umarmte ihn.
»Musst du die Stiefel unbedingt da stehen lassen? Jemand könnte darüber stolpern«, meinte er.
Sie lachte.
»Hör schon auf«, erwiderte sie und ging ins Wohnzimmer.
Holtz bückte sich und stellte die Stiefel auf eine Zeitung.
Eva half ihrem Vater, die riesigen, grünen Plastikgirlanden, die Tannenzweige darstellen sollten, um die Gardinenstangen zu winden. Der Ziegenbock aus Stroh wurde hin- und hergeschoben, bis er seinen endgültigen Platz gefunden hatte. Nachdem sie das Christkind vor Maria in die Krippe gelegt hatten, setzten sie sich mit einer Tasse Glögg an den Küchentisch. Der Adventsstern im Küchenfenster verbreitete ein warmes, trauliches rotes Licht.
»Wollte Linda nicht auch kommen?«
»Eigentlich schon, aber du weißt, wie sie ist«, sagte Holtz. In diesem Augenblick klingelte es.
Linda machte es wie ihre Schwester, sie trat
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