Eiskalte Rache: Thriller (German Edition)
ein, ohne abzuwarten, und kam freudestrahlend in die Küche.
»Hallo! Sitzt ihr hier einfach nur faul herum?«
»Hör mal«, erwiderte Holtz.
»Pass auf!«, sagte Eva.
»Gibt es für mich auch eine Tasse Glögg?«, fragte Linda lachend und setzte sich.
Die drei unterhielten sich lange. Die Stimmung im Haus war schon lange nicht mehr so gut gewesen, fand Ulf Holtz und nahm sich vor, sie häufiger einzuladen, darauf zu bestehen, dass sie häufiger kamen. Vielleicht könnte er ja ein sonntägliches Abendessen mit Braten, Kartoffeln und Gemüse einführen. Für Linda natürlich irgendwas Vegetarisches. Dann würden sie sich jede Woche sehen und …
»Wie geht es eigentlich Pia? Ich habe sie schon lange nicht mehr getroffen«, sagte Eva, die sich schon immer mehr für die Arbeit ihres Vaters interessiert hatte als Linda.
»Sie rackert sich ab wie wir alle.«
»Und wie geht es ihr?«
»Gut … Sie sagt nicht so viel, aber ich vermute, es geht ihr gut.« Holtz fiel auf, dass er seine Kollegin schon lange nicht mehr nach ihrem Befinden gefragt hatte. »Sie hat es nicht leicht, glaube ich, wenn ich näher darüber nachdenke.«
»Inwiefern?«
»Man hat ihr in letzter Zeit einige Aufgaben übertragen, für die sie sich nicht recht begeistern kann.«
»Und zwar?«
Holtz zögerte eine Sekunde, bevor er antwortete. Er hatte das Gefühl, Levins Geheimnisse auszuplaudern.
»Sie hat in letzter Zeit ein paar Vernehmungen durchführen müssen, und das fällt ihr nicht leicht«, sagte er.
»Ich dachte, ihr Kriminaltechniker würdet euch gar nicht mit solchen Dingen befassen?«
»Das sind die neuen Zeiten. Alle müssen überall mithelfen. Aber das war eigentlich nicht der Grund, weswegen ich mich damit einverstanden erklärt habe«, fuhr er fort, als er merkte, dass Eva aufrichtig interessiert war.
Er lehnte sich zurück und drehte, ohne es selbst zu merken, die Tasse in den Händen. Sie wärmte ihn.
»Ein Kriminaltechniker muss hin und wieder auch Menschen treffen. Um ein guter Erkennungsdienstler zu werden, ist es wichtig, dass man die Menschen versteht. Die Technik ist natürlich auch von Bedeutung, aber sie muss in einem sinnstiftenden Zusammenhang angewendet werden.«
»Ich verstehe nicht …«
»Menschen zu begegnen, die Opfer von Verbrechen geworden sind, gewährt einzigartige Einblicke in die Psyche. Dieses Wissen lässt sich nicht am Schreibtisch erwerben«, sagte er.
»Für Pia ist das also eine Art Test?«, fragte Linda, die bislang vollauf damit beschäftigt gewesen war, ohne Unterlass Mandeln zu knacken und aufzuessen.
»Ich weiß nicht, ob man das als Test bezeichnen kann. Eher als Fortbildung. Aber dessen ist sie sich nicht bewusst.«
»Nicht?«
»Nein. Ich glaube, es funktioniert besser so.«
»Hm … interessant. Wie geht es denn deinem neuen Freund, diesem Bogenschützenenthusiasten, von dem du erzählt hast?«, fragte sie.
Holtz überraschte der abrupte Themenwechsel.
»Wie bitte? Ach so, Marcus. Ich habe ihn schon eine Weile nicht mehr erreicht.« Er erzählte von der seltsamen Begegnung mit Massoud im Café.
»Welche Art hat er denn?«, fragte Eva, trank den letzten Schluck Glögg und verzog das Gesicht.
»Art?«
»Du hast doch erzählt, Marcus habe MS, welche Art ist es denn?«
»Wieso, gibt es mehrere?«
»Ja, entweder verläuft die Krankheit in Schüben oder progredient.«
»Ach so. Das weiß ich nicht. Spielt das denn eine Rolle? Was macht das schon für einen Unterschied?«
»Die progrediente Variante bringt eine fortschreitende Verschlechterung, immer größere Probleme zurechtzukommen, mit sich …«
»Und die andere, die verläuft in …«
»Schüben. Da gibt es Phasen, die sind schlecht, und Phasen, die sind ganz gut«, sagte sie.
»Mein Gott, was für Miesepeter ihr doch seid. Können wir uns nicht über etwas anderes unterhalten als tödliche Krankheiten?«, fragte Linda und begann, das Geschirr abzuräumen.
»MS ist keine tödliche Krankheit«, sagte Eva.
»Nicht?«, Linda stellte die Tassen in die Spülmaschine.
»Nein. Man stirbt nicht an der eigentlichen Krankheit, auch wenn viele das glauben. Im Übrigen gibt es heutzutage Medikamente, die den Krankheitsverlauf hemmen.«
»Woher weißt du so viel über MS ?«, fragte Linda.
»Eine Kollegin von mir ist daran erkrankt. Erst hat sich ihre Sehkraft verschlechtert, dann ihr Allgemeinzustand, und schließlich ist sie im Rollstuhl gelandet.«
»Oje, wie tragisch.«
»Ja. Jetzt geht es ihr aber wieder richtig gut.
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