Eiskaltes Feuer
verlassen, genau wie wir.“ Es schmerzte Dante, die Bitterkeit in den Zügen des jungen Mannes zu sehen. „Aber das glaubst du natürlich nicht. Es wäre ja auch zu passend …“
„Bitte, Paolo“, sagte Dante gequält. „Doch, ich glaube es. Alicia hat es mir selbst erzählt.“ Aber ich wollte ihr nicht glauben.
Paolo musterte ihn kurz, bevor er weiterging und vor einer Glasscheibe stehen blieb, hinter der eine Reihe von Brutkästen zu sehen waren. Er wies auf den einen von ihnen, und Dante sah ein winziges Baby mit olivfarbener Haut und einem dichten dunklen Haarschopf. Es zappelte, reckte sich und gähnte herzhaft, die kleinen Händchen zu Fäusten geballt. Dantes Blick fiel auf das Namensschild: Lucia D’Aquanni. Der Name ihrer Mutter.
Emotionen überrollten ihn wie eine gewaltige Welle. Er musste sich an der Scheibe abstützen, um nicht den Halt zu verlieren. Die einzige Möglichkeit, dieser Übermacht an Gefühlen Herr zu werden, war, sie so tief in sich zu verschließen, dass sie ihn nicht mehr berühren konnten.
Paolo sah ihm fest in die Augen. „Dante, du bist mein Bruder, und ich liebe dich, aber du brauchst mich nicht länger zu beschützen. Wenn du auf den Vaterschaftstest bestehst, werde ich ihn machen. Aber eins musst du wissen: Er ist nur für dich. Ich werde keinen Blick darauf werfen. Ich brauche keinen Beweis, dass Lucia meine Tochter ist. Ich weiß es. Ich liebe Melanie, und wir werden heiraten, komme, was wolle.“
Dante hatte das Gefühl, einen steilen, rutschigen Berghang zu erklimmen. Schwer legte er die Hand auf Paolos Schulter. „Ich verzichte auf den Test. Und es tut mir leid, dass ich ihn von dir verlangt habe.“
Seine Augen baten um Verzeihung. Und Paolo verzieh ihm. Er war dabei gewesen. Er verstand.
13. KAPITEL
Alicia spannte sich an, als sie die Brüder hereinkommen hörte, und blickte kurz auf. Dantes unbewegte Miene ließ sie frösteln. Betroffen senkte sie den Kopf und sah auf ihre Hände.
Dante trat ans Fußende des Bettes, atmete tief durch und sagte steif: „Melanie, ich gratuliere Ihnen zur Geburt Ihres Babys. Ich wünsche Ihnen und Paolo alles Gute und entschuldige mich für jeglichen Kummer, den ich Ihnen bereitet haben sollte.“
Alicia spürte seinen Blick auf sich. Doch sie sah nicht auf.
Ruhig und würdevoll erwiderte ihre Schwester, während Paolo ihre Hand hielt: „Danke, Mr. D’Aquanni. Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen. Ich weiß …“, sie unterbrach sich. „Es spielt keine Rolle, was ich weiß. Es geht uns allen gut, Paolo und ich sind zusammen und unser Baby ist gesund. Das ist alles, was zählt.“
Niemand rührte sich, bis Alicia den Blick hob und direkt in Dantes dunkle Augen sah. Sie schüttelte den Kopf, noch bevor ein Ton über ihre Lippen kam. „Dante, ich werde nicht …“
„Alicia, bitte komm.“
Alicia sah von einem fragenden Gesicht zum anderen. Ihre Schwester und Dantes Bruder brauchten nicht zu hören, worum es hier ging. Dies war eine Sache zwischen Dante und ihr. Sie dachte an seine abweisende Miene, nachdem er das Baby gesehen hatte. Es bestärkte sie in ihrem Entschluss.
Bevor sie die Klinik verließ, ging sie zu ihrer Nichte. Alicia stand lange vor dem Fenster und verfolgte gerührt jede Bewegung des winzigen Babys. Dante beobachtete sie aus einiger Entfernung. Er war nicht sicher, ob er den Anblick des winzigen Wesens noch einmal ertragen könnte.
Draußen vor der Klinik überkam Alicia plötzlich eine merkwürdige Ruhe. Nichts konnte darüber hinwegtäuschen, dass das Baby – seine kleine Nichte – keinerlei Bedeutung für Dante hatte. Sie musste den Tatsachen ins Auge sehen. Wenn sie so weitermachte, richtete sie sich selbst zu Grunde.
Sie sah ihn ungläubig an, als er ihr die Wagentür aufhalten wollte. Dachte er wirklich, sie würde fröhlich in sein Auto hüpfen, als hätten die letzten vierundzwanzig Stunden nicht stattgefunden?
„Was hast du?“, fragte er scharf, als sie keine Anstalten machte einzusteigen.
Etwas in ihrem Gesichtsausdruck bewirkte, dass sich sein Herz vor Angst zusammenkrampfte. Genau wie beim Anblick von Baby Lucia. Paolos und Melanies Glück war mehr, als er ertragen konnte. Es war ihm so unendlich fremd … Er brauchte sicheren Boden unter den Füßen. Weit weg von hier. Zusammen mit Alicia. Sie würden sich aussprechen, und alles wäre wieder so wie vorher.
„Ich komme nicht mit.“ „Wie bitte? Natürlich kommst du mit. Ich muss heute Abend in Rom sein. Komm, es ist
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