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Eisnattern: Ein Hamburg-Krimi (German Edition)

Eisnattern: Ein Hamburg-Krimi (German Edition)

Titel: Eisnattern: Ein Hamburg-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Buchholz
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Bierflasche gegen mein Glas. »Mir geht das einfach echt auf die Nüsse, dass mir alle in einer Tour mein Singleleben aufs Brot schmieren.«
    »Tut mir leid«, sage ich, »wollte ich nicht.« Wollte ich wirklich nicht. Ich hab kein Problem mit dem Singleleben. Weder mit seinem noch mit meinem. Da fällt mir Klatsche ein. Es ist nicht nett von mir, mein Leben als Singleleben zu bezeichnen. Ich nehme einen Schluck von meinem Drink. Schon hab ich’s vergessen.
    »Ist ja auch egal«, sagt er und trinkt sehr schnell sehr viel Bier, dann macht er »Ahhh!« und stellt die Flasche zur Seite. »So. Bier is’ alle. Und wegen Ihrer Obdachlosen, Chef, das sollen wirklich gerne die Kollegen von der Wache machen, die schaffen das bestimmt locker. Die Jungs und ich, wir sind das LKA. Wir sind die Großen. Wir haben zu tun.«
    Der Calabretta und sein Team wollen in den nächsten Tagen mal wieder einen Versuch machen, den Albaner einzubuchten. Der Albaner ist uns seit über fünfzehn Jahren ein böser Stachel im Fleisch, schon der Faller hat ihn immer von der Straße haben wollen, hat es aber nie geschafft. Stattdessen hat der Albaner es geschafft, den Faller jahrelang von Sankt Pauli fernzuhalten, nachdem er ihn damals hat in die Falle tappen lassen.
    Und jetzt ist der Calabretta wieder mal ganz dicht dran an ihm. Er hat einen V-Mann eingesetzt, es gibt wohl neue Informationen, neue Beweise. Ich habe mich aus der Sache von Anfang an rausgehalten, ich stecke in der alten Geschichte mit dem Faller zu tief drin, da ist es besser, ein bisschen in Deckung zu gehen. Aber ich wünsche dem Calabretta von Herzen, dass es ihm gelingt, dem Albaner an den Karren zu fahren.
    »Der Albaner, hm?«
    »Richtig«, sagt der Calabretta, »der hundsverfluchte, hinterfotzige Albaner.« Er steht auf. »Noch’n Drink?«
    »Danke«, sage ich, »später.«
    Die Musik wird noch mal einen Tick lauter, Siebziger-Disco jetzt, einen Stock höher fangen ein paar Frauen an zu johlen. Vermutlich die Ladys von der Sitte.
    »Ich denke«, sagt der Calabretta, »ich werde da oben dringend gebraucht.«
    »Das denke ich auch«, sage ich und gebe ihm einen kleinen Schubs mit meiner Stiefelspitze.
    Mein italienischer Lieblingskommissar stürmt die Treppen hoch, in Erwartung ausgelassenen Weibervolks. Ich schäle mich aus den Polstern und gehe zum Fenster. Setze mich auf eine schmale, von Millionen Nächten zerkratzte Holzbank und schaue runter in die Große Freiheit. Was für ein herrlicher Name für eine trostlose Straße. Frei ist hier keiner. Die Leute sind entweder zum Geldverdienen oder zum zwanghaften Feiern hier. Alles, was eine große Freiheit ausmacht, Gelassenheit, Weite, Freiwilligkeit, das gibt’s hier nicht. Die Große Freiheit ist nur schön, wenn sie zuhat. An einem Spätsommernachmittag, dann ist keiner da außer der goldenen Sonne, die vom Hafen kommt.
    Oder man betrachtet die Freiheit vom Beatles-Platz aus, an einem frühen Samstagabend, dann schichten sich die Leuchtreklamen und die Menschen ineinander, und es wird sich noch nicht geprügelt, und dann entsteht eine Art lebendiges Kaleidoskop aus Vergnügen. Das hat auch was. Aber dann bloß nicht durchgehen. Nur kucken.
    Ich bin kein Fan der Großen Freiheit. Von hier oben geht’s allerdings. Nur ein paar bunte Lichter und kaputter Asphalt. Und dann ist da ja noch der Schnee, der gerade wieder langsam fällt und der alles irgendwie zarter macht.
    Ich verlasse meinen Fensterplatz und klettere die halsbrecherischenTreppen hinauf bis zur Dachterrasse, mache es mir in einer windstillen Ecke gemütlich, schaue durch das zappelige Fangnetz in den Himmel, horche ins ungewöhnlich stille Sankt Pauli und lasse mir ein paar Schneeflocken auf die Nase fallen.
    »Da bist du ja.«
    Der Inceman lehnt im Türrahmen. Er trägt ein Olympique-Lyon-Trikot. Hätte ich jetzt gar nicht gedacht. Vielleicht doch ganz interessant, so eine Fußballvereinparty.
    »Olympique Lyon?«, frage ich.
    Er hebt die Hände.
    »Seinen Club sucht man sich nicht aus.«
    Seine Kollegen leider auch nicht, und so passiert es manchmal, dass da plötzlich Männer um einen herum auftauchen, die einen komplett wahnsinnig machen, denke ich. Mein Hals wird trocken, weil ich zu lange auf seine Unterarme starre.
    Wenn ich hier wegwill, muss ich an ihm vorbei.
    »Was möchtest du trinken?«, fragt er.
    »Einen doppelten Wodka auf Eis und Zitrone«, sage ich.
    Er sieht mich lange an, dreht sich um und geht Getränke holen. Ich warte, bis ich ihn nicht

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