Eisprinzessin
sein sollte? Stimmt mit dem Kaufvertrag was nicht?«
»Nein, nein, alles in Ordnung. Und Ihr Kaufvertrag geht mich sowieso nichts an. Also dann!«
Was die Leute so alles über Polizeibeamte wussten. Was sie verdienten, dass sie zu brav zum Schuldenmachen waren und mit ihren Polizeicomputern alles, einfach alles, herausfinden konnten.
»Und wenn Sie Ihre Hütte in der Au verkaufen wollen«, rief ihm die Maklerin noch hinterher, »dann denken Sie an mich, gell? Oder wegen einer Finca auf Ibiza. Da findet sich bestimmt was, was Ihnen gefällt.«
Auf dem Weg ins Präsidium zu den allwissenden Computern klingelte Meißners Handy. Eine lange, unbekannte Nummer. Ländervorwahl 0034.
Spanien! Exkollege Elmar Fischer meldete sich von seiner Liebesinsel. Er jammerte, kokettierte damit, dass es auf Ibiza derzeit saumäßig kalt sei. Fünfzehn Grad, er müsse direkt einen leichten Pulli tragen. Was denn so los sei in Old Ingolstadt, wollte er wissen.
»Null Grad«, antwortete Meißner. »Bedeckt. Dazu ein Großeinsatz ausgerechnet in einem Kühlhaus. Was macht die große Liebe?«
»Ist noch größer geworden«, schwärmte Fischer. »Vermisst ihr mich eigentlich schon ein kleines bisschen?«
Das konnte man wohl so sagen. Meißner hätte liebend gern Fischers Nachfolger wieder umgetauscht. Eigentlich war er immer noch sauer auf Fischer, weil der so einfach abgehauen war und ihn im Stich gelassen hatte. Wegen eines Friseurs! Das musste man sich mal vorstellen.
»Und wie läuft’s mit der attraktivsten Schanzer Polizeibeamtin, der schönen Marieluise Rosner?«
»Nichts Berühmtes im Moment«, sagte Meißner.
»Zweifelst du grad wieder, ob sie zu jung für dich ist oder du zu alt für sie?«
»Stell dir vor, das ist diesmal gar nicht das Problem.«
»Was dann?«
»Es gibt Konkurrenz. Dein fränkischer Nachfolger ist ein richtiger Herzensbrecher und ein Rambo-Macho noch dazu.«
»Ein Held also. Na, dann leg dich gefälligst ins Zeug, damit dir Marlu nicht von einem frängischen Werschtla weggeschnappt wird. Spring über deinen Schatten und dann: Auf in den Kampf, Torero.«
» Olé! Aber wenn du schon mal anrufst, kann ich dich auch gleich was fragen: Warum sagt ein Mann, dass seine Frau vor siebzehn Jahren gestorben ist, wenn sie in keinem Sterberegister auftaucht?«
»Entweder hat sie ihn verlassen und er ist immer noch zu Tode gekränkt, oder er hat sie umgebracht«, sagte Fischer. »Oder beides, dann aber eins nach dem andern. Oder, warte, drittens, sie ist psychisch krank oder depressiv und lebt in einer Anstalt.«
»Danke. Und jetzt bitte auch auf die zweite Frage eine spontane Antwort: Wenn du von allem hier die Schnauze voll hättest, wenn du woanders ein neues Leben anfangen wolltest, wohin würdest du gehen?«
»Ist doch klar! Nach Ibiza oder auf eine andere Insel im Mittelmeer. Auf die Kanaren zum Beispiel. Auf jeden Fall irgendwohin, wo’s warm ist. Oder natürlich dahin, wo mein Liebster auf mich wartet, wenn es denn einen gibt.«
Meißner fuhr ins Präsidium zurück und befasste sich noch einmal mit dem Melderegister. Vielleicht hatte Eva Maria Helmer ja ihren Mädchennamen wieder angenommen? Aber er fand nur sehr wenige Personen mit dem Nachnamen Cranach und darunter keine einzige Eva Maria. Sie konnte sich doch nicht in Luft aufgelöst haben. Oder war sie nach Amerika, Brasilien oder Australien ausgewandert?
* * *
Sie schufteten bereits den ganzen Tag in der saukalten Halle. Zum Glück war es drinnen weder laut noch dreckig. Nur das Surren der Gabelstapler war zu hören, ihr leises Dahingleiten vorwärts, rückwärts, die schnellen Bewegungen in einem engen Wendekreis wie eine Spinne, die in ihrem Netz patrouilliert. Dann das hydraulische, stufenlose Hochfahren der Gabel bis auf fünf, sechs Meter. Die Fahrer hoch konzentriert, Gaspedal, Bremspedal, lenken, die Hebel für die Hydraulik sicher mit der Hand bedienend. Das leise, schmeichelnde Dahinsurren der Maschinen, die wie Roboter agierten. Alles in der Kühlhalle war saubere Technik unter Einhaltung aller gültigen Industrienormen und Umweltstandards. Kein Dreck weit und breit, keine Abgase, kein Schmieröl. Die Stretchfolie, in die die Paletten eingewickelt wurden, war praktisch geruchlos. Die bedruckten Kartonverpackungen waren sauber, in Größe, Form und Farbe normiert wie ein Päckchen Tiefkühlerbsen. Alle gleich grün, gleich groß, alle in der gleichen Packung mit der gleichen Aufschrift, dem gleichen Strichcode, eine unüberschaubare
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