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Eistochter

Eistochter

Titel: Eistochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dawn Rae Miller
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den Teller ab, lässt ihn ins Seifenwasser fallen und gibt mir einen Klaps auf den Hintern. »Du musst dich besser darum kümmern, Beck bei der Stange zu halten. Ihr beiden kommt jeden Morgen zu spät.«
    Ich zuckte mit den Schultern und gehe schnell zur Treppe hinüber. »Er ist eben eigensinnig, B«, sage ich dabei über die Schulter und rede sie mit dem Spitznamen an, den Beck und ich ihr als Kinder gegeben haben. »Ich versuche es ja, aber ich kann ihn auch nicht besser unter Kontrolle halten als du.«
    Sie stößt hinter meinem Rücken eine Art Schnauben aus, sagt aber nichts mehr, während ich die Küche verlasse.
    Das Erdgeschoss ist leer. Kyra muss wieder in ihr Zimmer gegangen sein. Ich renne die Treppe hinauf und den Flur entlang, weil ich es nicht abwarten kann, den Grund für ihr seltsames Verhalten beim Frühstück zu erfahren. Was hat sie sich nur bei dem Kuss gedacht?
    Kyras Zimmer ist anders als das, in dem Beck und ich wohnen. Lila Blumen, Herzen und Rüschen in jeder Ecke, und jedes Mal, wenn ich hierherkomme, bin ich dankbar, dass ich mir mit einem Jungen und nicht mit drei anderen Mädchen das Zimmer teile. Becks Durcheinander ist mir immer noch weitaus lieber, als in einem lilafarbenen Albtraum zu hausen.
    Auf der anderen Seite des Zimmers, halb von einem Rüschenbett verborgen, stöbert Kyra in ihrem Schrank herum. Sie hat mir den Rücken zugewandt.
    »Was ist nun das große Geheimnis?«, frage ich.
    Ihr fällt etwas aus der Hand, als sie herumwirbelt, um mich anzusehen. »Oh! He, du hast mir vielleicht einen Schreck eingejagt!« Sie kichert nervös.
    »Tut mir leid.« Ich lasse mich auf das weiche Daunenbett fallen. »Sagst du es mir nun, oder muss ich dich erst foltern?«
    Sie runzelt die Stirn und kneift die Augen zusammen, aber ihr Tonfall ist scherzhaft: »Mich foltern? Das würde dir gefallen, nicht wahr?«
    »Ja, Kyra, ich lebe allein, um dich zu foltern. Das ist mein Lebenszweck.« Ich lache. »Also?«
    Sie grinst und hüpft wie eine Katze aufs Bett. Kyra war schon immer meine beste Freundin. Meine früheste Erinnerung hat nichts mit Beck zu tun, sondern ist die, wie Kyra und ich auf einer Schaukel in einem Baum gespielt und uns immer weiter in die Höhe geschwungen haben, bis sie irgendwann abgesprungen ist. Ich weiß noch, wie ich darüber gestaunt habe, sie durch die Luft segeln zu sehen.
    »Gut, versprichst du, dass du niemandem etwas erzählst?«
    »Natürlich.«
    Sie zupft an ihrem linken Ohr. Ich widerstehe gerade noch dem Drang, die Augen zu verdrehen – manchmal führt Kyra sich auf, als ob wir noch kleine Kinder wären.
    Und doch zupfe ich an meinem Ohr. Die Geste bedeutet, dass ich verstehe, dass das, was sie mir sagen wird, nur für meine Ohren bestimmt ist. Kyra streift ihr zartes blaues Armband ab und versteckt es unter einem Kissen.
    Mir wird übel. Es verheißt nichts Gutes, wenn sie ihr Armband abnimmt – das heißt, dass sie nicht will, dass unser Gespräch belauscht wird. Und das wiederum heißt, dass das, was sie getan hat, noch schlimmer ist, als ich dachte.
    Kyra hebt mein Handgelenk, um mir das Armband abzunehmen, aber es ist nicht da. Ich habe es auf meiner Kommode vergessen, als Beck mich vorhin abgelenkt hat.
    »Wenn ihr beiden noch vorhabt, zu uns zu stoßen, solltet ihr es tun, sonst kommen wir wirklich zu spät«, sagt Beck von der Tür her und sieht mich schelmisch an.
    Kyra seufzt theatralisch. In letzter Zeit geht ihr alles auf die Nerven, was Beck tut, und sie hat keine Hemmungen, sich das auch anmerken zu lassen.
    »Wir sind fertig, wenn wir fertig sind«, blafft sie.
    Ich habe genug von diesem Hickhack oder eigentlich eher von Kyras Feindseligkeit Beck gegenüber. Er ignoriert sie meistens einfach oder grinst, als ob alles, was sie sagt, urkomisch wäre.
    Ich schnappe mir Kyras Kopfkissen und schleudere es durchs Zimmer. Es trifft Beck in den Magen, und er krümmt sich und tut, als wäre er verletzt. »Dein Timing ist nicht gerade das beste.«
    Er kommt quer durchs Zimmer auf uns zu, und sein blondes Haar wippt bei jedem Schritt. »Du hast das hier vergessen.«
    Er zieht mein blaues Armband aus der Tasche.
    »Danke«, sage ich und strecke die Hand aus.
    Statt es mir zu reichen, schlingt Beck es mir ums Handgelenk. Seine Finger ruhen auf der Unterseite meines Arms und lassen elektrische Schauer durch meine Haut laufen. Er sieht mir tief in die Augen, bevor er sanft mein Handgelenk loslässt.
    Kyra räuspert sich. »Auf anständiges Benehmen legt hier

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