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Eistod

Eistod

Titel: Eistod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Theurillat
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Durchmesser. Unmittelbar davor warteten acht Betonsockel darauf, mit kleineren Parabolantennen bestückt zu werden. Einmal fertiggestellt, würde es ein Prunkstück abgeben, dachte Schwinn. Etwas weiter links standen ältere Metall- und Drahtkonstrukte zum Abfangen von Hochfrequenz-Kommunikation. Schwinn griff zum Kompass. Abwechselnd fixierte er die Antenne und den Spiegel der Bussole. Nach einer Weile notierte er sich einen Zahlenwert.
    Eine Stunde später war es bereits dunkel und Punkt sechs saß Schwinn mit fünf seiner Kameraden beim Abendessen.
    »Kannst du dieses Ding nicht mal weglegen«, knurrte Tobias Meiendörfer mit halb vollem Mund und deutete mit dem Kinn auf den Laptop. Sie kannten sich von der ETH. Meiendörfer studierte dort Biochemie, als Schwinn bereits Assistent war.
    Auf dem Bildschirm war eine rote Linie zu sehen, die sich in westöstlicher Richtung über den europäischen Kontinent legte.
    »Nicht schlecht«, murmelte Schwinn und stellte den Teller mit Riz Casimir ab, den er die ganze Zeit in der Hand gehalten hatte. Die Linie zeigte die Ausrichtung der Antenne und zirkelte über die Städte München, Prag, Warschau, Minsk bis nach Moskau.
    »Immer noch Kalter Krieg.« Schwinn schmunzelte und rief auf dem Computer einen Bericht ab, den der Nachrichtendienst in den Siebzigerjahren erstellt hatte. »Hier haben wir’s. Seit 1968 laufen die Dinger, das Schweizer Ohr hinter dem Eisernen Vorhang.«
    »Soll ich den Flan …« Ein Küchengehilfe wollte das Dessert servieren. Irritiert sah er auf den halb vollen Teller neben dem Laptop. Als weiter nichts geschah, blickte er auf den Bildschirm, räusperte sich und fragte: »Und was bringt das jetzt, wenn man fragen darf?«
    »Tauschgeschäfte«, sagte Schwinn trocken. Er sah den Mann aus der Küche an und überlegte, ob er sich die Mühe machen sollte, es ihm zu erklären. »Haben Sie als Kind auch Panini-Bildchen gesammelt, ich meine die Fußballstars, die man in ein Album kleben konnte?«
    »Ja, sicher. Ich hab die Alben alle, auch die neuen.«
    »Eben.« Schwinn grinste. Er hatte den Mann richtig eingeschätzt. »Und ein paar haben immer gefehlt, nicht wahr?«
    »Genau! Maldini zum Beispiel … und Crespo auch. Dafür hatte ich fünf Mal Oliver Kahn. Also Maldini fehlt eigentlich immer noch. Vielleicht könnten wir ja …«
    Schwinn unterbrach ihn, bevor der Soldat sein Anliegen ausformuliert hatte. »Haben Sie sich nie gefragt, ob Maldini nicht absichtlich in kleinerer Auflage gedruckt worden ist?«
    Verständnislos sah ihn der Mann an.
    »Man hat ein paar abgelauschte Gesprächsfetzen aus dem Ostblock und die tauscht man dann mit anderen Geheimdiensten. Bekommt eine Gegenleistung. Geben und Nehmen, das alte Prinzip.«
    Die Küchenhilfe schien in Gedanken noch immer bei seinen Bildchen zu sein.
    »Und am Schluss fehlt Maldini«, sagte Meiendörfer, der das Gespräch mitverfolgt hatte. Er drückte dem Mann mit der Schürze seinen leeren Teller in die Hand.
    »Das war früher, während des Kalten Krieges, das große Spiel der Geheimdienste. Und heute …« Schwinn nahm den Teller mit dem Flan Caramel, trennte mit dem Löffel ein Stück ab und kostete. »Tja, Leute … heute ist es noch genauso. Nur der Vorhang, der ist weg – die ganze Welt wächst zusammen. Die Bösen sind nicht mehr so böse und die Guten weniger gut.« Schwinn zog den Laptop auf die Knie. »Und siehe da … sogar wir haben das gemerkt.« Er startete eine Computeranimation. Der Bildschirm zeigte eine Parabolantenne, die sich langsam um ihre eigene Achse drehte. »Die zielt auf einen Satelliten, der irgendwo über Ostafrika oder dem Indischen Ozean seine Bahnen zieht.« Schwinn aß das letzte Stückchen Flan. Auf dem dunkelblauen Hintergrund des Bildschirms formte sich aus kleinen Wolkenfetzen langsam der Name Onyx .
    Jeder der Männer, außer dem Küchenpersonal, wusste, dass die eidgenössischen Räte für den Versuchsbetrieb von Onyx in den letzten fünf Jahren hundert Millionen Franken bewilligt hatten. In kleinen Tranchen oder versteckt in wenig durchsichtigen Finanzgeschäften.
    Die Ausbeute der Lauschangriffe, ein gigantischer Wust an Daten, fand via Richtfunk- und Kabelverbindungen den Weg nach Zimmerwald. Dort befand sich das Herzstück des Systems: ein moderner Sicherheitsbau des Nachrichtendienstes, der äußerlich den Eindruck eines lottrigen Bauerngehöfts erweckte und etwas abseits am Waldrand stand. Von Heimenschwand aus konnte der Ort südöstlich von Bern mit

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