Eiswein (German Edition)
war bei solchen Antworten besser, nicht weiter nachzuhaken.
»Die Zeller will mich sprechen.« Braunagel erhob sich und ging zur Tür. »Sollte ich in einer Stunde nicht zurück sein, schick’ die Hundestaffel los.«
***
»Ich soll dir ausrichten, dass die Kollegen vorhin ein Auto gefunden haben, das vielleicht unserer Leiche gehörte«, berichtete Schwarz dem Kollegen, als jener fast eine Stunde später wieder ins Büro kam. »Über unser heute ausnahmsweise mal funktionierendes Computersystem hab ich die Halterdaten abgefragt und herausgefunden, dass der Wagen auf eine Julia Neubauer in Waldgriesbach zugelassen ist. Er scheint schon seit ein paar Tagen auf einem abgelegenen Waldparkplatz einen Kilometer Luftlinie vom Fundort der Leiche entfernt zu stehen. Das meldete jedenfalls der Forstverwalter, der auch die Tote gefunden hat.«
»Das ist ihm jetzt erst eingefallen?«, wollte Braunagel wissen.
»Kann ich gerade noch nachvollziehen«, brummte Schwarz, der sich hinter dem Bildschirm seines Computers verschanzt und begonnen hatte, an einem Bericht zu schreiben. »Immerhin findet man nicht jeden Tag eine Leiche, da denkt man schon mal an alles Mögliche, nur nicht an irgendwo abgestellte Fahrzeuge. Aber dass die Kollegen von der Spurensicherung das Auto heute Vormittag übersehen haben, finde ich äußerst bemerkenswert.«
Braunagel runzelte die Stirn. Er hatte das Auto auch nicht gesehen, obwohl er sicherlich mit anderen Augen in diesem Wald unterwegs gewesen war als der reichlich verschreckte Forstbeamte. Und die von der Spurensicherung – na ja. Darüber würde man noch einmal sprechen müssen.
»Wo genau stand denn das Auto?«
»Auf einem Parkplatz, den wohl ausschließlich die Forstarbeiter benützen, wenn sie ins Holz gehen. Wie ein Fremder den Platz finden kann, wissen die Götter. Er liegt völlig abseits der üblichen Spazierwege, und man kommt auch nicht automatisch dort hin. Der Typ vom Forstamt sagte, er habe den Wagen zwar am Freitagabend auf einem Rundgang mit seinem Hund da stehen sehen, aber gedacht, dass er einem Pärchen gehört, weil die Scheiben von innen beschlagen waren …« Er warf einen schnellen Blick über den Bildschirmrand zu Braunagel hinüber. »Erst, als er sich wegen des Leichenfunds wieder einigermaßen beruhigt hatte, ist ihm das Auto eingefallen. Er hat gleich die Polizei angerufen, und die Spurensicherung ist daraufhin noch einmal rausgefahren.«
Schwarz holte einen Lageplan auf den Bildschirm und fuhr mit dem Finger die eingezeichneten Wege entlang. Dann tippte er auf die Stelle, wo der Wagen gefunden worden war.
Braunagel trat neben seinen Kollegen und schaute ihm über die Schulter.
»Und weiter?«
»Die Spurensicherung nimmt den Bereich zwischen Parkplatz und Leichenfundort gerade unter die Lupe. Sie werden aber auch hier keine brauchbaren Spuren finden, denke ich mal. Der Regen dürfte so ziemlich alles verwischt haben, was eventuell wichtig gewesen wäre«, führte Schwarz weiter aus.
»Autoschlüssel?« Braunagel hakte seine geistige Checkliste ab.
»Bislang nichts. Auch im Umfeld des Leichenfundorts nicht. Könnte durchaus sein, dass die Besitzerin den Wagen abgestellt hat, und mit jemand anderem weggefahren ist. Oder er wurde gestohlen und auf diesem Parkplatz abgestellt. Warten wir’s ab.«
»Oder er gehörte tatsächlich unserer Leiche, und die ist Julia Neubauer.«
»Aha, und wo hätte sie den Autoschlüssel hingetan? In den Turnschuhen waren sie jedenfalls nicht.«
»Irgendwo versteckt, wo sie ihn auf dem Rückweg wieder findet?« Braunagel seufzte. Ihm war manchmal schleierhaft, was in Frauen vor sich ging, und er wünschte sich in Augenblicken wie diesen, ihrer Logik folgen zu können. »Ich schau jedenfalls nach dem Essen in der Vermisstendatei noch mal nach, ob es inzwischen einen Hinweis auf die Tote gibt«, sagte er dann und ging zu seinem Platz zurück. Während er nach seiner Jeansjacke griff, die über der Stuhllehne hing, fragte er über die Schulter: »Gehst du mit?«
»Zum Essen? Jetzt? Am helllichten Samstagnachmittag?« Schwarz klopfte nach einem Blick auf seine Armbanduhr vielsagend auf sein Bäuchlein, gegen das er immer wieder erfolglos ankämpfte. Seine letzte Diät hatte er so lange durchgehalten, bis er immerhin 17 Kilo weniger wog. Dummerweise machte er anschließend Urlaub und bei seiner Rückkehr war alles wieder drauf. Braunagel dagegen schien restlos alles zu verwerten, was er aß, denn an seiner Figur war nichts
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